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Donnerstag, 1. Oktober 2015

Kochbuch-Rezension zu "Vom Glück, gemeinsam zu essen" von Leo und Karl Wrenkh



abwechslungsreich, exotisch, farbenfroh

In "Vom Glück, gemeinsam zu essen - Aufgetischt für jeden Ernährungsstil" präsentieren die Brüder Leo und Karl Wrenkh ein ungewöhnliches Konzept zum Kochen für Gäste. Die Wiener Gastronomensöhne und Köche präsentieren auf 176 Seiten rund 70 Rezepte, die nicht in klassische Kategorie sondern in 14 "Tische" unterteilt sind. Jeweils drei bis fünf herzhafte und in der Regel eine süße Komponente ergeben einen solchen Tisch, bei dem alle Gerichte zeitgleich serviert und dem Gastgeber so die Möglichkeit geben sollen, die Zeit mit seinen Gästen zu verbringen, statt zwischenzeitlich in der Küche verschwinden und für Nachschub sorgen zu müssen.

Die Umsetzung dieser Grundidee überzeugte auf den ersten schnellen Blick - nicht nur schienen die 14 Tische abwechslungsreich zu sein, auch die Auslegung der Rezepte für jeweils eine Person und eine vorab angegebene Umrechentabelle zur Vervielfältigung der Menge entsprechend der erwarteten Gästezahl passten ebenso zum Konzept wie eine vor jedem "Tisch" durchnummerierte Checkliste zur entspannten parallelen Vorbereitung des Essen. Allerdings ließen sich nicht alle Rezepte mit dem Wunsch, alle Speisen gleichzeitig zu servieren, vereinbaren. Macht es beispielsweise Sinn, das "warme Schokoladentörtchen" oder das "Dattel-Joghurt-Eis" auf den Tisch zu bringen, wenn vorab noch der Verzehr der herzhaften Speisen ansteht, während die Raumtemperatur ihnen die gewünschten Eigenschaften raubt? Zumindest bei einigen Rezepten wird die Grundidee daher nicht konsequent verfolgt und eine kurze Abwesenheit des Gastgebers zugunsten des kulinarischen Genusses scheint unabdingbar.

Daneben versprach das Kochbuch außerdem, Gäste mit unterschiedlichen Essgewohnheiten durch die vorgestellten Rezepte mit entsprechender Kennzeichnung und alternativen Varianten problemlos zum gemeinsamen Essen an einen Tisch zu bekommen - egal ob vegan, vegetarisch, laktose- oder glutenfrei, für jeden sollte etwas dabei sein.


Allerdings machte sich hierbei schnell die erste Ernüchterung breit. Zwar ist die piktografische Markierung durch farbige Symbole gelungen, doch die Anmerkungen zu beispielsweise veganen Varianten waren selten und in der Regel nicht besonders überraschend - sie gehen über Vorschläge "veganen Joghurt" oder "Zucker statt Honig" zu verwenden kaum hinaus. So bleibt trotz der ambitionierten Ankündigung, "Vegetarier, Fleischesser und Veganer an einen Tisch" zu bekommen, das altbekannte Problem auch bei den vorgeschlagenen Menüs dieses Kochbuchs erhalten: Die veganen oder vegetarischen Gäste müssen sich mit weniger Komponenten begnügen als die übrigen - oder der Gastgeber ergänzt durch eigene Rezepte. Da wären ein, zwei rein vegane/glutenfreie Tische zusätzlich wohl zielführender gewesen.


Stattdessen gliedern sich die Tische thematisch nach Jahreszeiten, Anlässen ("Sonntag", "Picknick"), Spezialitäten wie die französische Pizzavariante "Pissaladière" oder die japanische Nudel "Soba" und internationalen Länderküchen ("Kuba", "Israel", "Sri Lanka"). Alles in Allem zeigt sich hier eine Vorliebe zur Exotik, die das Kochbuch auf der einen Seite sehr abwechslungsreich aufgrund seiner zahlreichen kulinarischen Einflüsse macht, auf der anderen Seite aber bereits beim Durchblättern gelegentlich den Wunsch nach regional-mitteleuropäischen/-österreichischen Komponenten weckte. Trotz ihrer internationalen Vielfalt bleiben die Gerichte allerdings recht bodenständig, Vertreter einer eher filigranen, feinen Küche sind nicht zu finden.


Optisch kommt "Vom Glück, gemeinsam zu essen" in moderner, matter Gestaltung mit gleich zwei praktischen Lesebändchen als hochwertiges Hardcover daher. Hübsch arrangierte und farbenfrohe Fotos zu jedem Tisch und jedem Rezept, ergänzt durch Landschafts- und Personenaufnahmen, zeigen eine ausgeprägte Liebe zum Detail. Vor jedem "Tisch" erklärt ein einleitender Text die jeweilige Zusammenstellung, wobei mehr informative Worte und weniger persönliche Anekdoten wünschenswert gewesen wären. 

Fazit: "Vom Glück, gemeinsam zu essen" verfolgt mit der Zusammenstellung von "Tischen" anstelle einer klassischen Menüabfolge ein interessantes Konzept, das weitestgehend als gelungen bezeichnet werden kann, auch wenn zwischen Werbetext und Wirklichkeit leichte Abstriche gemacht werden müssen. Experimentierfreudige Hobbyköche, die exotischen Gerichten gegenüber aufgeschlossen sind und es eher bodenständig als fein mögen, werden an diesem modern gestalteten Kochbuch vermutlich ihre Freude haben. Denn (und damit das wichtigste zum Schluss) alle bisher nachgekochten Rezepte konnten geschmacklich überzeugen. 4 Sterne




 Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden
Erschienen: 31 August 2015
Seiten: 208
Rezepte: ca. 70
ISBN: 978-3-85033-940-7
Preis: € [D] 29.90

Weitere Informationen und ein Blick ins Buch auf der Verlagshomepage. 


Mittwoch, 23. September 2015

Rezension zu "Am Ende der Welt traf ich Noah" von Irmgard Kramer



Ungewöhnlich, seltsam und sehr spannend

"Am Ende der Welt fand ich Noah" ist ein Jugendroman der österreichischen Autorin Irmgard Kramer, der seine Leser mit einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte in ihren Bann zieht...

Als sich der Ich-Erzählerin Marlene eine Möglichkeit bietet, aus ihrem Leben zu entfliehen und ein Abenteuer zu beginnen, ergreift sie diese. Ein roter Koffer, der herrenlos herumsteht, erregt ihre Aufmerksamkeit und als ein Fahrer auftaucht, der die Besitzerin abholen will, gibt sie sich ohne lange Nachzudenken als Irina Pawlowa aus und lässt sich zu einer einsam gelegenen alten Villa fahren. In dieser Abgeschiedenheit lebt Noah, ein Junge, der diesen Ort aufgrund einer unerklärlichen Krankheit nicht verlassen kann und seine Zeit daher einzig mit drei Menschen verbringt: Der Nonne Schwester Fidelis, dem Koch Anselm und dem Gärtner Viktor. Während sich Marlene in Noah verliebt, kommt ihr einiges, was sich auf dem weitläufigen Gelände abspielt, immer rätselhafter vor...

Die Geschichte beginnt mit Marlenes Griff nach dem roten Koffer und ihrer schnellen Entscheidung, sich als Irina auszugeben, bereits reichlich ungewöhnlich - was denkt sich das junge Mädchen nur bei dieser waghalsigen Aktion, ohne das Wissen irgendeines anderen Menschen in ein Auto zu steigen und sich an einen unbekannten Ort fahren zu lassen? Sie schlägt Warnungen so leichtfertig in den Wind und hält ihre Tarnung entgegen aller Logik auch dann noch aufrecht, als bei mir als Leser bereits alle Alarmglocken schrillten. Doch schnell war auch ich von der geheimnisvollen Personenkonstellation und vor allem vom verschlossenen Noah in deren Zentrum so in den Bann gezogen, dass ich wie Marlene bereit war, so manche seltsame und kaum nachvollziehbare Entwicklung hinzunehmen, um nach und nach dem Geheimnissen in der alten Villa auf die Spur zu kommen.

Als sich dann noch die zarte Liebesgeschichte zwischen Noah und Marlene entfaltete, war ich längst Feuer und Flamme für den Roman und konnte ihn vor lauter Spannung kaum aus der Hand legen. Neben dieser Beziehung lebt der Roman vor allem von der Atmosphäre der abgeschiedenen Villa umgeben von Wald, Bergen und Seen - eine einsame Gegend, die, so weit entfernt von jeder Zivilisation, trotz aller Schönheit der Natur schon bald auch bedrohliche Seiten erahnen ließ.
Der Mythos dieses altertümlichen Hauses zwischen Verfallserscheinungen und Leerstand mit nur einer Handvoll Leuten auf einem zu großen Gelände spielt für die Stimmung der Geschichte eine große Rolle und zeigt, wie liebevoll detailliert die Autorin hier die intensiven emotionalen Gesichtspunkte der Handlung mit dem stimmungsvollen Ambiente der Umgebung verbindet. Zusammen mit dem sehr gelungenen Schreibstil beweist Irmgard Kramer ein außerordentlichen Gespür dafür, den Leser durch die von ihr geschaffene Welt zu verzaubern und ihn so tief in die Geschichte hineinzuziehen, dass er die reale Welt für einen Moment vergisst und sich voll und ganz auf die ungewöhnlichen Charaktere einlässt. Das hat mich sehr begeistert.

Mein einziger Kritikpunkt richtet sich an das Ende der Geschichte und das, obwohl gerade dieses auch ein riesiges Lob verdient. Hier überrascht die Autorin mit einem immer wirrer anmutendem Roadtrip, der in einer plötzlichen Wendung gipfelt, welche den gesamten Inhalt des Romans bis zu diesem Punkt um hundertachtzig Grad dreht, alles in Frage stellt und mich als Leserin mit ungeahnten Rätseln konfrontierte. Zwar war es zunächst spannend und gleichzeitig herausfordernd, die abrupt auftauchenden neuen Aspekte aus dem Leben der Ich-Erzählerin mit der vorangegangenen Handlung und den Charakteren gedanklich in Einklang zu bringen, und rückblickend ließ es mich in einigen zunächst verrückt wirkenden Details eine starke Symbolik erkennen, doch spätestens die letzten Seiten des Romans präsentierten mir eine neue "Wirklichkeit", die mich noch lange nach dem Schließen der Buchdeckel zwang, mich mit der Frage nach Illusion und Wahrheit zu beschäftigen.

Kann ich das Ende mit der Entwicklung der Geschichte und meiner eigenen Vorstellungskraft, meiner eigenen Idee von dem, was möglich ist, in Einklang bringen? Führt mich die Autorin hier erneut aufs Glatteis? Was ist echt, was nicht? Ich kann nur sicher sagen, dass ich auch mehrere Wochen nach dem Lesen zu keinem endgültigen Ergebnis gekommen bin. Insofern kann ich ohne Zweifel feststellen, dass dieser Roman sehr speziell ist und eine Tiefe besitzt, die Jugendliche wie Erwachsene gedanklich lange beschäftigen kann, doch obwohl ich die Wendungen dieser Geschichte nahezu genial finde, bleibt in ähnlich starker Ausprägung das Gefühl zurück, dass mir das Ende ein wenig zu plötzlich vor die Füße gefallen ist, als dass ich es in vollem Umfang akzeptieren könnte - weder "einfach so" noch nach langem Grübeln.

Fazit: "Am Ende der Welt traf ich Noah" ist ein Roman, der Jugendliche wie Erwachsene in seinen Bann ziehen kann und noch lange Stoff zum Nachdenken zurücklässt. So begeistert ich allerdings zunächst von der Atmosphäre und den Charakteren dieses Buches war, ganz am Ende habe ich ein wenig den Zugang zur Geschichte verloren. Daher vergebe ich trotz außergewöhnlich intensiver Gefühle, die ich mit Irmgard Kramers Werk verbinde, "nur" sehr gute 4 Sterne statt der vollen Punktzahl. Lesenswert ist es allemal.




Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden, mit Schutzumschlag
Erschienen: 27. Juli 2015
Altersempfehlung: ab 14 Jahren
Seiten: 352 Seiten
Verlag: Loewe
ISBN: 978-3785581278
Preis: € [D] 17.95


Leserpobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch



Dienstag, 4. November 2014

Rezension zu "Indigo - Das Erwachen" von Jordan Dane



Gelungener Auftakt einer Urban-Fantasy-Reihe

„Indigo – Das Erwachen“ von Jordan Dane ist der Auftakt einer Jugendbuch-Fantasy-Reihe, der durch sein zum Titel passendes strahlend blaues Cover direkt ins Auge springt. 

Inhaltlich geht es um Folgendes: Rayne Darbys jüngerer Bruder Lucas flieht aus der psychiatrischen Einrichtung, in die ihre ältere Schwester Mia ihn nach dem Tod der Eltern einwiesen ließ. Rayne beschließt ihn zu suchen, doch das ist alles andere als ungefährlich, denn eine zweifelhafte Sekte, die Church of Spiritual Freedom, sucht ebenfalls nach Lucas und schreckt vor nichts zurück. Als Rayne in Gefahr gerät, ist es ein Junge namens Gabe, der sie rettet – indem er in blaue Flammen aufgeht. Es scheint eine Verbindung zu ihrem Bruder zu geben…

Die Grundidee der Romans empfand ich von vornherein als überzeugend. Die Autorin verbindet in „Indigo“ Fantasy mit der Idee einer evolutionären Weiterentwicklung der Menschheit, die sich in paranormalen Fähigkeiten von Gedankenmanipulation bis hin zum Kontakt ins Totenreich äußert. Die Verbindung gelingt Jordan Dane recht gut, die Umsetzung der ungewöhnlichen Idee funktioniert durch sehr bildhafte, gut vorstellbare Beschreibungen und einem Aufbau, der zwar noch einige Details im Ungewissen lässt, die Entwicklung der einzelnen Gruppierungen sowie die Herkunft der sogenannten Indigo-Kinder aber Stück für Stück logisch und glaubhaft erklären kann und dem Roman damit ein solides Grundgerüst verschafft.

Mittwoch, 22. Oktober 2014

Rezension zu "Er ist wieder da" von Timur Vermes (Hörbuch)



Genialer Sprecher in gelungener Satire
 
Der Debütroman des Journalisten Timur Vermes wurde in Deutschland zum Bestseller. Die originelle Idee, Adolf Hitler in heutiger Zeit wie nach einer Zeitreise erwachen zu lassen, hat auch mich neugierig gemacht und ließ mich zum von Christoph Maria Herbst gelesenen Hörbuch greifen.

Zum Inhalt: Im Sommer 2011 erwacht Adolf Hitler, gerade noch seinem Ende im Führerbunker entgegenblickend, in Berlin. Der Krieg ist offensichtlich zu Ende und auch sonst scheint sich in Deutschland einiges verändert zu haben. Hitler beschließt in dieser Welt, die ihn unverständlicher Weise für einen Doppelgänger seiner selbst hält und ausgesprochen komisch findet, erneut die Macht zu ergreifen. Und so landet Hitler beim Fernsehen – als neuer Star einer Comedy-Show…

Die Handlung beginnt ohne große Umschweife. Hitler erwacht in Berlin, er ist wieder da, 2011. Warum weiß der Leser nicht und auch der Ich-Erzähler Adolf Hitler persönlich hat keine Ahnung, was ihn plötzlich 66 Jahre in die Zukunft befördert hat. Das ist allerdings auch nicht wichtig. Er ist da und nach den ersten Hürden der Eingewöhnung wieder voller Tatendrang – die Rückkehr an die Spitze wird vorbereitet, was Hitler in diverse urkomische Situationen und das ein oder andere Mal an die Grenze seiner Geduld bringt.

Freitag, 30. Mai 2014

Rezension zu "Die Analphabetin, die rechnen konnte" von Jonas Jonasson



Dem Stil treu geblieben

„Die Analphabetin, die rechnen konnte“ ist nach dem Bestsellererfolg „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ der zweite Roman des schwedischen Autors Jonas Jonasson.

Zum Inhalt: Nombeko, ein Mädchen im südafrikanischen Slum, kann nicht lesen, ist aber im Kopfrechnen jedem überlegen. So schafft sie es raus aus dem trostlosen Armutsviertel, ist am Bau von Atomwaffen beteiligt und gelang über Umwege nach Schweden, wo Zwillinge leben, von denen nur einer existiert – der andere nicht…

Die eindeutig beabsichtigte Ähnlichkeit der Titel, die sich auch in der Covergestaltung wiederfindet, deutet es schon an: In neue Gefilde wagt sich Jonasson nicht vor. Er bleibt seinem Schema aus einer weltumspannenden Handlung über längere Handlungszeiträume treu. Auch an Absurdität steht das zweite Werk dem erfolgreichen Debüt in nichts nach.

Wer den Hundertjährigen mochte, wird in der Analphabetin, verkörpert durch die Südafrikanerin Nombeko, eine Nachfolgerin finden, deren Geschichte stilistisch weder eine Weiterentwicklung noch einen Rückschritt darstellt. Die distanzierte Sprache mit überwiegend indirekter Rede, der auf Missverständnissen und unerwartete Direktheit in skurrilen Situationen beruhende Humor, die Kreativität, die sich in den einzelnen liebevoll erdachten und wie zufällig eingestreuten Figuren verbirgt – die Gemeinsamkeiten beider Romane überwiegen deutlich.

Mittwoch, 14. Mai 2014

Rezension zu "Roter Mond" von Benjamin Percy

 
Werwölfe als Gesellschaftskritik

„Roter Mond“ von Benjamin Percy ist ein stark gesellschaftskritisch geprägter zeitgenössischer Fantasy-Roman, der die aktuelle, vom Terrorismus beeinflusste Geschichte der USA in eine alternative Wirklichkeit überträgt, in der Werwölfe und Menschen gemeinsam auf der Erde leben.

Zunächst noch einige Worte zum Inhalt: Als sein Vater zum Kriegsdienst einberufen wird, besteigt Patrick ein Flugzeug, das ihn nach Portland zu seiner Mutter bringen soll. Damit beginnen die schlimmsten Stunden seines Lebens, als sich während des Fluges ein Passagier, ein Lykaner, verwandelt und ein Blutbad anrichtet. Der terroristische Anschlag bleibt nicht der einzige…
Claire, eine junge Lykanerin, muss fliehen, als bewaffnete Männer in ihr Elternhaus eindringen. Ist das eine der ersten Gegenmaßnahmen der Regierung?
Chase Williams nutzt unterdessen die wachsende Angst in der Bevölkerung für seinen Wahlkampf. Der radikale Politiker hat große Ziele…
Das ganze Ausmaß der Anschläge ist dagegen noch lange nicht erreicht. Im Untergrund sammeln sich die Terroristen, um das Land endgültig ins Chaos zu stürzen.


Der Roman beginnt stark. Benjamin Percys Idee, die Erdbevölkerung als Mischung aus Menschen und Werwölfen darzustellen, gelingt und ergibt ein glaubwürdiges Gesamtbild. Lykaner existieren in diesem Szenario schon lang. Aufgrund einer Infektion und Mutation haben sie die Fähigkeit sich in ein wolfartiges Wesen zu verwandeln entweder durch Geburt oder durch Übertragung durch einen anderen Werwolf erhalten. Zwar leben sie zwischen den Menschen in der Regel ein normales, menschliches Leben, doch sie sind gezwungen, ihre Instinkte durch Medikamente zu kontrollieren, was von der Regierung überwacht wird.

Montag, 14. April 2014

Rezension zu "Heimflug" von Brittani Sonnenberg



Das Schicksal einer Familie ohne Heimat

‟Heimflug“ von Brittani Sonnenberg ist ein Roman, der sich mit dem Schicksal einer Familie befasst.

Chris und Elise sind Amerikaner, doch Chris macht Karriere in einem internationalen Unternehmen und muss daher häufig umziehen. Elise, seine Ehefrau, folgt ihm – erst allein, später mit den beiden Töchtern Leah und Sophie – von London über Deutschland nach Shanghai und Singapur, mit einigen Jahren und Sommern in den USA dazwischen. Die Familie schwangt zwischen Heim- und Fernweh und muss neben ihrer Heimatlosigkeit einen schweren Schicksalsschlag verarbeiten...

Ähnlich abwechslungsreich wie die Wohnorte der Familie ist von Anfang an die Perspektivwahl im Buch. Nicht nur die vier Mitglieder der Familie, sondern zusätzlich auch mal Angehörige erzählen – mehrheitlich chronologisch, aber mit einigen Sprüngen - vom Leben der Kriegsteins über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten. Auch ein Haus, Elises Elternhaus, darf einmal zu Wort kommen und ein anderes. Mal wechselt der Erzählstil plötzlich in einen reinen Dialog. Die unterschiedlichen Sichtweisen machen diesen Roman zu einem sehr vielseitigen Leseerlebnis und sorgen außerdem dafür, dass man jede der Figuren immer wieder neu wahrnimmt, ihre Eigenschaften durch sie selbst, aber auch durch äußere Beurteilung kennenlernt.

Dienstag, 8. April 2014

Rezension zu "Phantasmen" von Kai Meyer



Geister, deren Lächeln tötet...

„Phantasmen“ ist ein alleinstehender Roman vom deutschen Fantasy-Autor Kai Meyer, der sich inhaltlich am ehesten in den Bereich der Paranormal Fantasy einordnen lässt und mich als großen Fan der Arkadien-Trilogie sowie anderer Bücher des Autors, wie etwa „Hex“, natürlich brennend interessierte.

Vorab kurz einige Worte zum Inhalt: Tag Null, der Tag an dem die ersten Geister auftauchten, ist rund eineinhalb Jahre her. Seitdem wird jeder Verstorbene eine transparente Erscheinung aus Licht, die still am Ort ihres Todes verharrt und der Sonne hinterher schaut. Außerdem erscheinen jeden Tag nach einem festen Muster auch die Verstorbene vergangener Zeiten. Genau das machen sich die neuzehnjährige Rain und ihre jüngere Schwester Emma zunutze, um ihre Eltern, die vor drei Jahren bei einem Flugzeugabsturz in der Wüste Spaniens ums Leben kamen, noch einmal zu sehen und Abschied zu nehmen. Doch in dieser Nacht verändern sich die Geister – sie lächeln. Und ihr Lächeln ist tödlich.
Der junge Norweger Tyler, dessen Freundin Flavie ebenfalls im Flugzeug war, rettet die beiden aus der Wüste, zieht sie dabei aber gleichzeitig hinein in eine gefährliche Jagd, die sie dem Ursprung der Geister näher bringt…


Die Grundidee, unsere „normale“ Welt um diese harmlos herumstehenden, leuchtenden Geister zu erweitern, hatte mir direkt gefallen. Die Menschen gewöhnen sich an sie, auch wenn ihr hell scheinendes Totenlicht gerade in den Großstädten und in den Häusern zur Belastung wird – und stetig werden es mehr Geister, auf der ganzen Welt. Der Autor setzt diese Idee tatsächlich auch wunderbar um. Die Geister sind der Mittelpunkt der Geschichte, ihre Präsenz ist allgegenwärtig und es fällt dem Leser durch die ausdrucksstarken Beschreibungen im flüssigen Stil von Kai Meyer nicht schwer, sich diese Welt voller Lichter durchgehend bildlich vorzustellen und darin einzutauchen.

Montag, 17. März 2014

Rezension zu „Der Ruf des Kuckucks“ von Robert Galbraith



J.K. Rowling als Robert Galbraith: Gelungener Detektivroman

„Der Ruf des Kuckucks“ von Robert Galbraith ist ein Detektivroman und stellt gleichzeitig den Auftakt einer Reihe um den Ermittler Cormoran Strike seine Assistentin Robin Ellacott dar. Dass sich hinter dem Briten Robert Galbraith nicht etwa ein aufstrebender Debütautor verbirgt, sondern hier niemand geringeres als Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling unter einem Pseudonym schreibt, wurde noch vor der Veröffentlichung in Deutschland aufgedeckt und ging durch die Medien. Rowling hatte schon mit dem sozialkritischen Roman „Ein plötzlicher Todesfall“ versucht nach ihren Riesenerfolgen mit den altersübergreifenden Fantasy-Romanen rund um den jungen Zauberer in einem völlig anderen Genre Fuß zu fassen. Im zweiten Anlauf, unter neuem Namen und mit deutlich weniger Medien-Hype, ist ihr das meiner Meinung nach noch einmal deutlich besser gelungen. Aber zuerst zum Inhalt:
http://www.randomhouse.de/Buch/Der-Ruf-des-Kuckucks-Roman/Robert-Galbraith/e454939.rhd
Cormoran Strike kämpft nicht nur mit einer Kriegsverletzung, auch finanziell und privat läuft es alles andere als gut. Dem Detektiv mangelt es an Aufträgen, seine Lebensgefährtin hat ihn rausgeworfen.
Daher kommt es Strike gerade recht, als der Bruder eines verstorbenen Topmodels auftaucht und ihm ein lukratives Angebot dafür macht, den angeblichen Selbstmord seiner erfolgreichen Schwester Lula noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Zusammen mit der überraschend engagierten neuen Sekretärin Robin macht sich Strike an die Arbeit. Doch die Ermittlungen in der Welt der Schönen und Reichen wird nicht so einfach, wie anfangs gedacht…


Obwohl sich in „Der Ruf des Kuckucks“ zweifellos alles um die Aufdeckung eines Kriminalfalls dreht, würde ich diesen Roman nicht uneingeschränkt als Kriminalroman beschreiben wollen, denn dies könnte einen falschen Eindruck des Spannungsniveaus vermitteln. Es handelt sich nicht um einen elektrisierend spannenden Ermittlerkrimi, schon gar nicht um einen regelrechten Nervenkitzel auslösenden Thriller. Der Roman lebt mehr von den konfliktreichen Figuren und den Dialogen, wird zwar zwischenzeitlich durchaus spannend, bleibt aber ansonsten eher auf einer bodenständigen Ebene interessanter Detektivarbeit, die sich sukzessive dem Ziel nährt und dabei das Leben allerhand verschiedener, hervorragend ausgearbeiteter Charaktere streift. Galbraith (alias Rowling) zeigt hier viel Liebe zum Detail und beschreibt selbst Nebenfiguren mit ausführlich ausgeschmückten und stimmigen Hintergrundgeschichte, was den Figuren dieses Romans eine bemerkenswerte Tiefe gibt. Rowling hat einfach ein sehr gutes Gespür für die Beschreibung unterschiedlichster Menschen und das offenbart sich auch in diesem Roman.

Donnerstag, 6. März 2014

Rezension zu "Mockingjay" von Suzanne Collins



Spannend, aber unausgewogen

„Mockingjay“ ist der dritte und damit letzte Band der erfolgreichen „Hunger Games“-Trilogie, der in Deutschland unter dem Titel „Die Tribute von Panem – Flammender Zorn“ erschienen ist. Natürlich war ich sehr gespannt, was sich die amerikanische Autorin Suzanne Collins für das große Finale ihres dystopischen Bestseller-Dreiteilers ausgedacht hat. 

Zum Inhalt: Katniss ist in Distrikt 13 angekommen, der entgegen der offiziellen Version der Regierung von Panem niemals ausgelöscht wurde, sondern in einem unterirdischen Bunker weiter existierte. Peeta jedoch wurde vom Kapitol gefangen genommen. Wird Katniss ihn wieder sehen? Doch vorerst plant Distrikt 13 die Rebellion anzuführen, mit Katniss gut sichtbar an ihrer Spitze, als Antrieb für die anderen Distrikte. Ein Krieg gegen das Kapitol steht unausweichlich bevor…

So viel sei gleich vorweg gesagt: Ja, es wird spannend im letzten Band der dystopischen Trilogie. Spannend und blutig, kompromisslos, überraschend, dramatisch – die Autorin steckt in diesen letzten Teil noch einmal alles, was sich der Leser an atemberaubenden und schockierenden Momenten nur erhoffen kann. Der dritte Band hätte also ein gleichwertiger, würdiger Abschluss werden können - in gewisser Hinsicht war er das auch – und dennoch ist es der schwächste Teil der Reihe.

Dienstag, 25. Februar 2014

Kochbuch-Rezension: "Grüße aus meiner Küche" von Lisa Nieschlag und Lars Wentrup



Ideen für Mitbringsel aus der eigenen Küche
 

„Grüße aus meiner Küche“ von Lisa Nieschlag und Lars Wentrup ist ein Kochbuch, das zusätzlich Verpackungsideen und Kopiervorlagen für Etiketten und Bastelmaterialien liefert, um die zubereiteten Kleinigkeiten aus der eigenen Küche als nette Geschenke und Mitbringsel herzurichten.

Donnerstag, 20. Februar 2014

Rezension zu „Stolperherz“ von Britta Sabbag


Nette Geschichte für zwischendurch

„Stolperherz“ von Britta Sabbag ist ein Jugendbuch aus dem Bereich Coming-of-Age von vergleichsweise sparsamen 200 Seiten, das nicht nur junge Leser ab 12 Jahre ansprechen kann.

Zum Inhalt: Sanny leidet nicht nur unter einem angeborenen Herzfehler, der ihr so manche Kreislaufprobleme beschert, sondern auch unter einer überfürsorglichen Mutter und ihrer eigenen Schüchternheit, die sie in der Schule zur Außenseiterin macht. Als dann ausgerechnet der gutaussehende Schulband-Bassist Greg, ihr heimlicher Schwarm, sie einlädt, in den Sommerferien mit der Band auf Tour zu gehen, ist Sanny zwar skeptisch, aber vor allem auch glücklich. Für die 15jährige beginnen abenteuerliche Wochen…

Was mir an dem Buch besonders gefallen hat, ist neben der Grundidee vor allem der Schreibstil. Dass das Buch ab 12 Jahren empfohlen ist, merkt man hier kaum. Er ist nicht nur flüssig, sondern auch abwechslungsreich und gespickt mit kleinen amüsanten Spitzen seitens der Ich-Erzählerin Sanny, die – wenn sie will – durchaus sarkastisch bis zynisch sein kann. Daher bin ich davon überzeugt, dass neben jungen jugendlichen Lesern auch ältere Freunde der All-Age- und Jugendliteratur in diesem schlanken Büchlein eine gelungene Unterhaltung finden können. Vorausgesetzt – und das gilt für alle Altersgruppen – man kann sich für Geschichten dieser Art begeistern.

Mittwoch, 19. Februar 2014

Rezension zu "Zeitsplitter - Die Jägerin" von Cristin Terrill


Zeitreise - eine gefährliche Erfindung

„Zeitsplitter – Die Jägerin“ von Cristin Terrill ist ein All-Age-geeigneter Jugendroman, der dem Genre Science-Fiction mit dem Schwerpunkt Zeitreise zuzuordnen ist. Obwohl für das amerikanische Original „All our yesterdays“ bereits eine Fortsetzung angekündigt wurde, lässt sich „Die Jägerin“ als Einzelband lesen und muss durch die in sich abgeschlossene Geschichte nicht zwangsläufig als Auftakt zu einer mehrteiligen Reihe betrachtet werden.

Zunächst einige Worte zum Inhalt: Marina ist ein reiches, verwöhntes Mädchen aus Washington D.C. und heimlich verliebt in ihren Nachbarn und langjährigen besten Freund, den hochintelligenten James.
Vier Jahre in der Zukunft hat sich alles verändert. Em ist in einer dunklen Zelle eingesperrt. In der Zelle neben ihr sitzt ihr Freund Finn. Die Situation scheint aussichtslos, bis sie eines Tages unter dem Abflussdeckel einen Zettel findet, eine Nachricht, die sie sich selbst aus der Vergangenheit geschickt hat. Bereits vierzehnmal sind andere Versionen von ihr und Finn aus den Zellen entkommen und haben versucht, durch eine Zeitreise in die Vergangenheit die Zukunft zu verändern. Em und Finn planen es ein weiteres Mal zu versuchen, doch es scheint nur noch einen Weg zu geben, um die Zukunft zu verhindern. Jemand muss sterben…


Es ist wohl schon an den Namen der beiden Protagonistinnen, die sich in diesem Roman als Ich-Erzählerinnen abwechseln werden, zu erahnen und wird auch in der Geschichte schon nach wenigen Seiten (und darüber hinaus bereits im Klappentext) offengelegt, sodass ich jetzt nicht zu viel verrate, wenn ich schreibe, dass Em und Marina ein und dieselbe Person sind. Vier Jahre trennen sie. Vier Jahre, in denen sich ihr Leben in den USA grundlegend verändert hat. Ursächlich dafür war eine Erfindung, die es für Em nun in der Vergangenheit zu verhindern gilt: Die Zeitreise.
Dass sie dies ausgerechnet dadurch zu erreichen versucht, dass sie eben diese Erfindung nutzt, um in die Vergangenheit zu reisen und dort entsprechende Veränderungen vorzunehmen, scheint zunächst paradox – der Autorin gelingt es aber weitestgehend für ihre Zeitreise logische und in sich stimmige Erklärungen zu finden.

Sonntag, 26. Januar 2014

Rezension zu "Frostblüte" von Zoë Marriott



Schuld, Krieg und Liebe

„Frostblüte“ von Zoë Marriott ist ein Fantasy-Roman – High-Fantasy, um genau zu sein – der mit einer Altersempfehlung ab 14 Jahren als Jugendroman einzuordnen ist, sich jedoch nicht darauf beschränken muss. All-Age-geeignet erzählt die britische Autorin eine Geschichte von persönlichen Schicksalen, Krieg, Schuld und Liebe…

Inhalt: Frost zieht trotz ihrer jungen Jahre allein durch ein fremdes Land. Sie trägt einen Wolfsdämon in sich, der sie zur Gefahr für jeden in ihrer Umgebung macht. Als sie auf ihrer Reise jedoch den jungen Hauptmann Luca trifft, kann sie sich seiner einnehmenden Art kaum entziehen. Er bietet ihr an, als Soldatin bei seinen Leuten zu bleiben, die in den Bergen nach einer grausamen Bande Abtrünniger suchen. Doch kann Frost ihren Wolf beherrschen, vor allem, wenn Gefühle ins Spiel kommen?

„Frostblüte“ hat mich wirklich überrascht – in einem ausnahmslos positiven Sinne. Die Geschichte erwies sich als deutlich weniger fokussiert auf die Fantasy-Elemente, als ich angenommen hatte. Sicherlich sind sie vorhanden. Im insgesamt für die High-Fantasy typisch-mittelalterlichen Setting, das sich stark auf das Leben einer kleinen Gruppe von Kriegern in den Bergen konzentriert, sind sie aber weit weniger vordergründig als erwartet. Vielmehr waren sie Ausdruck von Frosts Innerem und verliehen dem ansonsten auch sehr actionreichen, kämpferischen Roman eine tiefgründig-nachdenkliche Seite, die überzeugen konnte.

Donnerstag, 2. Januar 2014

Rezension zu "In guten wie in toten Tagen" von Gina Mayer



Psychothriller für Jugendliche

„In guten wie in toten Tagen“ von Gina Mayer ist ein deutscher Psychothriller für eine junge Zielgruppe.

Darum geht’s: Caras ältere Schwester Helena heiratet – ihren ehemaligen Lehrer Tom. Cara organisiert den Junggesellinnenabschied für Helena und ihre Freundinnen. Eine Woche vor der Hochzeit steigt die ausgelassene Feier mit viel Alkohol und sogar einigen Pillen. Am nächsten Morgen folgt für Cara die böse Überraschung. Die Polizei steht vor der Tür: Tom wurde ermordet und Helena ist die Hauptverdächtige. Die Erinnerungen an die letzte Nacht sind verschwommen, doch an Helenas Schuld glaubt Cara keine Sekunde. Auf eigene Faust versucht sie die Wahrheit herauszufinden…

Ein Blackout nach einer durchfeierten Nacht, ein Mord, eine Verdächtige ohne Erinnerungen – „In guten wie in toten Tagen“ bietet insgesamt ein durchaus passendes Szenario für einen spannenden Psychothriller. Die Protagonisten sind einerseits nicht mehr – wie bei Jugendbüchern ansonsten üblich – unter 18 Jahren, andererseits aber nur unwesentlich älter und auch der gesamte Aufbau und die Thematik erinnern eher an einen Thriller für Jugendliche. Der Thriller ist zwar durchaus spannend und verfügt über zumindest eine überraschende Wendung, so dass sicher auch erwachsene Leser (wie ich selbst) oder ganz im Allgemeinen Leser, die nicht zu sehr auf das Erwachsenen-Thriller-Segment festgelegt sind, gut unterhalten werden können, wenn sie denn eben berücksichtigen, dass sie es hier mit einem Buch an der Grenze zum Jugendbuch zu tun haben, aber insgesamt sind die Thriller-Elemente weniger stark ausgeprägt, als sie es sein könnten, und, obwohl auch ich meine Erwartungen eigentlich angepasst hatte, dominierte zwischenzeitlich eher der Eindruck von Coming-of-Age für Frauen.

Das lag vor allem daran, dass vorhandene Merkmale eines Psychothrillers vergleichsweise selten und eher im Hintergrund eingebaut wurden. Verschwommene Erinnerungen, darauf wartet man doch bei einer Blackout-Idee in einem Thriller. Eigentlich waren sie auch vorhanden, es waren aber Einschübe, die in ihrer Bedeutung sogar erst am Ende wirklich ersichtlich wurden, während des Lesens dagegen oft untergingen, weil sie zu schnell erzählt, zu undeutlich in die Handlung eingebunden waren und zu kurz in den Köpfen der Figuren verblieben. Das führte dazu, dass der „Thriller“ oft nicht zu finden war – dieser Genre-typische Nervenkitzel blieb zu Gunsten eines klassischen Ermittlungskrimis häufig aus, auch das Liebesleben der Hauptfigur schien oft vordergründiger. Wirklich vor lauter Spannung an das Buch gefesselt zu bleiben war daher schwierig. Die Handlung plätscherte gelegentlich eher dahin und eine eher brachial als subtil vorgehende Cara als Ermittlerin für die Unschuld ihrer älteren Schwester agierte häufig zu offensichtlich, um einen echten Spannungsbogen erzeugen zu können.

Das war eigentlich sehr schade, denn an sich hatten sowohl die Figurenkonstellation als auch die Grundidee einiges zu bieten. Cara, die zurückhaltende kleine Schwester; Helena, die angehimmelte, „perfekte“ ältere. Tom, ihr zukünftiger, der als gut aussehender Lehrer nicht nur Helena bereits zu Schulzeiten den Kopf verdreht hat. Vitali, Caras Arbeitskollege, der gerne mehr hätte als eine freundschaftliche Beziehung, und Helenas Freundinnen, die alle sehr unterschiedlich und jede auf ihre Art schwierig ist.
Auch Cara ist kein einfacher Charakter – um ehrlich zu sein, besonders gemocht habe ich sie oft nicht. Sie lebt im Schatten ihrer glorifizierten Schwester und will keinen Kratzer an deren Heiligenschein zulassen. Sie ist trotzig, oft noch sehr kindlich.

Im Laufe des Thrillers findet eine Entwicklung statt, bei der Hauptfigur und anderen, die mit einem überraschenden Ende für vorher entgangene Spannung entschädigen kann. Auch eine gute Sprache und viele interessante Nebenfiguren tragen dazu bei. Insgesamt hätte der Spannungsbogen für einen Psychothriller höher sein können oder sogar müssen – die Szenen waren da, verloren sich aber zu sehr hinter Caras dominanter Ermittlungsarbeit. Nur kurze Kapiteleinleitungen, wie kleine Verse, gaben Hinweise und hatten einen etwas deutlicheren Psychothriller-Charakter.

Fazit: Für einen Thriller aus der Grenze zum Jugendbuchbereich ist „In guten wie in toten Tagen“ von Gina Mayer gut gelungen, wenn auch nicht immer überzeugend. Das Spannungsniveau ist vergleichsweise niedrig, die Figuren sind dafür umso interessanter. Für wirkliche Fans von Psychothrillern, die den echten Nervenkitzel suchen, vielleicht ein wenig blass, ansonsten aber gute Unterhaltung. Ich vergebe knappe 4 Sterne. 




Allgemeine Informationen

Ausgabe: Klappenbroschur
Erschienen: September 2013
Seiten: 360
Verlag: script5
ISBN: 978-3-8390-0164-6
Preis: € [D] 14.95

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch

Samstag, 28. Dezember 2013

Rezension zu "Boy Nobody" von Allen Zadoff



Eine Einleitung für den Killer

„Boy Nobody“ mit dem Beititel „Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder.“ ist ein Geheimagenten-Thriller für Jugendliche, mit dem der amerikanische Autor Allen Zadoff den Grundstein zu einer viel versprechenden Reihe legt.

Inhaltlich geht es um einen namenlosen Jungen, der im Alter von 12 Jahren von einer geheimen Organisation als Attentäter rekrutiert wurde. Mittlerweile ist er 16 und erschleicht sich unter falschen Identitäten das Vertrauen seiner Zielpersonen, bevor er zuschlägt. Ein eiskalter Mörder, so scheint es. Doch sein neuer Auftrag stellt seine Loyalität auf eine harte Probe. Es sind Gefühle im Spiel, die er bisher nicht kannte…

Die Idee an sich macht diesen Roman als Thriller schon sehr spannend. Gerade im Bereich der Jugendbücher sind die Rollen des Helden und des Bösen doch oft recht eindimensional, offensichtlich und scharf getrennt dargestellt – eine solche klare Definition gibt es hier nicht. Der Junge, vorerst ohne Namen, der Ich-Erzähler dieses Auftakts, ist kein guter Mensch. Ohne Frage ist er ein Mörder. Für wen er allerdings arbeitet, wer seine Auftraggeber sind, wie er zu dem wurde, der er heute ist – das alles wird erst im Laufe der Geschichte in zahlreichen Rückblicken immer weiter aufgedeckt, vieles aber doch nicht vollständig aufgeklärt. So bleibt es spannend, die Figur des Hauptprotagonisten und sein Umfeld bleiben facettenreich. Der Leser kann spekulieren, zwischen vielen Möglichkeiten auf der gesamten Bandbreite zwischen dem „Bösen“ und dem „Guten“ wählen.

Unser Nobody ist nicht unsympathisch, doch ein Charakter zum bedingungslosen Gern-Haben ist er auch nicht unbedingt. Sympathie allein ist hier aber auch nicht das Entscheidende, denn insgesamt wirkt der Charakter durch seine zwiespältige Grundstruktur einfach authentisch. Der Rolle als Attentäter wird seine kühle und berechnende Art gerecht, die zunehmende Emotionalität spiegelt den Anfang seiner Zweifel wider, die den Kern der Entwicklung des Protagonisten ausmacht. Das Abweichen von seinem „normalen“ Weg ist das Interessante an diesem Thriller, gleichzeitig allerdings auch eine der kleineren Schwächen.

Denn den Zweifel ausgerechnet durch die übliche 3-Sekunden-Blitz-Liebe unsterblichen Ausmaßes einzuleiten wirkt nicht besonders durchdacht. Ganz im Gegenteil: Es wirkt ein wenig platt. Leider läuft es aber genau auf dieses Klischee hinaus. Die große Liebe auf den ersten Blick – da hätte der Autor auch ein bisschen weniger dick auftragen können. Nichtsdestotrotz schafft er es, sich und seine Hauptfigur durch geschickte Wendungen selbst aus der Kitschfalle zu retten und dem Buch ein rundes, stimmiges Ende zu verpassen, bei dem die Spannung bis zur letzten Seite aufrecht erhalten wird.

Sprachlich ist „Boy Nobody“ eine perfekt an die Hauptfigur angepasste stilistische Umsetzung aus kurzen Sätzen, schnellen Beobachtungen und einem hohen Lesetempo. Das Buch kommt ohne große Ausschmückungen aus, vermittelt dadurch die Atmosphäre eines Agententhrillers mit kalkulierendem Attentäter umso besser.

Kleine Schwächen bleiben aber. So scheint das Alter des Protagonisten und sein Wissen wie auch seine geistige Verfassung in Anbetracht seiner Ausbildungszeit von maximal zwei Jahren (mit anschließenden zwei Jahren im Einsatz) oft ein wenig überzogen – hier wäre „mehr“ definitiv mehr gewesen. Ein paar Jahre zusätzlich hätten der Glaubwürdigkeit sehr geholfen.
Außerdem ist „Boy Nobody“ von Anfang an klar erkennbar auf Fortsetzungsbasis geschrieben. Man spürt es als Leser recht schnell: Dieser eine Band wird kaum zu großer Erkenntnis führen. Eine abgeschlossene und nicht wenig spannende Teilhandlung mildern diesen Eindruck zwar ab, aber dennoch fühlt sich der erste Band eine Spur zu sehr nach Einleitung an.

Fazit: „Boy Nobody“ von Allen Zadoff ist ein sprachlich überzeugend umgesetzter Jugendthriller, der mit einem – fast – authentischen Charakter und spannenden Wendungen aufwartet. Einen leichten Anflug von Kitsch kann der Autor gekonnt umgehen, den Eindruck einer Einleitung statt eines ersten Bandes nicht ganz. Man muss sich darauf verlassen, dass die Fortsetzungen die Aufklärungsarbeit übernehmen. 4 Sterne. 




Die Boy-Nobody-Reihe
  1. "Boy Nobody" (Sept. 2013, englischer Originaltitel: "Boy Nobody")
  2. noch nicht bekannt (englischer Originaltitel: "The Lost Mission" - vorauss. Juni 2014)

Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden, mit Schutzumschlag
Erschienen: September 2013
Seiten: 336
Verlag: Bloomoon
ISBN: 978-3845800059
Preis: € [D] 16.99

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch





Montag, 4. November 2013

Rezension zu "Die Ordnung der Sterne über Como" von Monika Zeiner



Eine Spur zu aufgesetzt

„Die Ordnung der Sterne über Como“ von Monika Zeiner ist ein mit knapp über 600 Seiten recht umfangreicher Debütroman über Liebe und Freundschaft, der 2013 den Sprung auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises geschafft hat.

Inhaltlich geht es um Tom, Musiker aus Berlin, der kurz vor einer Konzerttournee durch Italien von seiner Frau verlassen wird. Doch bevor Tom völlig in seiner Depression versinken kann, spricht ihm unerwartet eine alte Freundin auf den Anrufbeantworter. In Italien könnten sie sich wiedersehen. Betty erinnert Tom an eine bessere Zeit vor vielen Jahren, als sie zu dritt, Betty, Tom und sein bester Freund Marc, glücklich waren. Während seiner Reise nach und durch Italien kehrt Tom zu diesen Erinnerungen zurück…

Sprachlich zeigt sich „Die Ordnung der Sterne über Como“ sehr bildgewaltig, reich an Metaphern und Vergleichen, und nur selten locker-leicht erzählend. Es ist anspruchsvoll geschrieben, teilweise einzigartig und schön, teilweise aber auch recht aufgesetzt. Die Hauptfiguren, verbandelt mit der Musik und moderne Menschen, mehr als 10 Jahre nach ihrer gemeinsamen Zeit, bekamen durch den Stil der Autorin häufig etwas Träges, Schwermütiges, oft schon drückend Depressives und Angestaubtes. Insgesamt herrschte ein alt wirkender Grundton vor, der nicht so recht zu den Protagonisten passen wollte.

Zeiner produziert eine anspruchsvolle Sprache mit langen, stark verzweigten Sätzen und einem Hang zum poetisch-philosophisch Nachdenklichen – durchaus lesenswert und dennoch: Durchgehend blieb das Gefühl, dass die Authentizität von Handlung und Figuren ein wenig dem gewollten literarischen Anspruch geopfert wurde. Man könnte meinen, die Figuren würden in längst vergangenen Zeiten leben, Jahrhunderte zurück, und nicht in der Gegenwart, so sehr fehlt dem Roman manchmal das Moderne.

Sicher hat die Geschichte an sich schon eine nachdenkliche Grundstimmung, gerade Tom zeigt auch klar erkennbare Depressionen, und trotzdem hätten die durchaus vorhandenen Lebensfreude widerspiegelnden Passagen zahlreicher sein können. Die Schwere, gerade im Miteinander der Protagonisten, empfand ich häufig als zu dominant.
Zudem wurden die 600 Seiten mit einer oft so langsamen, beobachtungslastigen und handlungsarmen Geschichte gefüllt, dass sie nicht frei von einigen Längen war. Nicht selten stopfte zu viel Alltagserzählung die Lücken, gerade bei der neben Tom zweiten Hauptfigur, Betty.

Insgesamt sind die Idee und auch die Umsetzung der Geschichte aber gut gelungen. Es ist eine Analyse von Liebe und Freundschaft, eine persönliche Weiterentwicklung durch die Aufarbeitung der Vergangenheit. Die Handlung steuert auf eine unerwartete Dramatik zu, was die Längen zum Teil aufwiegen konnte. Auch die Einflüsse der Musik und der Wechsel zwischen Berlin und Italien waren interessante Elemente des Romans.

Fazit: „Die Ordnung der Sterne über Como“ ist ein guter Debütroman mit einer interessanten Geschichte, die sich mit alter Liebe und Freundschaft befasst. Die 600 Seiten sind nicht frei von Längen und es zeigt sich auch, dass weniger manchmal mehr sein kann, auch bei einem bildgewaltigen Schreibstil. Gelegentlich wirkt es aufgesetzt. 4 Sterne. 




Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden
Erschienen: März 2013
Seiten: 607
Verlag: Blumenbar
ISBN: 978-3351050009
Preis: € [D] 19.99


Sonntag, 8. September 2013

Rezension zu "Die Unvollendete" von Kate Atkinson



 Das perfekte Leben?

"Die Unvollendete" von Kate Atkinson ist ein Roman mit einer interessanten Idee: Was wäre, wenn man sein Leben immer wieder leben könnte? Wenn man jede Entscheidung im nächsten Versuch zurücknehmen könnte, wenn man jedes Mal eine Kleinigkeit verändern könnte? Wäre das Leben irgendwann perfekt?

11. Februar 1910. Ursula Todd wird als drittes Kind einer wohlhabenden englischen Familie geboren. Vor ihr liegen jedoch nicht nur eine behütete Kindheit und unendlich viele Möglichkeiten, sondern auch zwei Weltkriege. Welchen Weg soll sie einschlagen? Studieren oder nicht? Heiraten oder nicht? Für Ursula ist keine Entscheidung endgültig, denn sie wird ihr Leben immer wieder von vorn beginnen und die Fehler korrigieren. Doch wie viel kann sie überhaupt beeinflussen? Kann sie glücklich werden und ihre Familie vor jedem Leid bewahren?


"Die Unvollendete" heißt im englischen Original "Life after Life". Beide Titel beschreiben auf verschiedene Weise wunderbar, worum es hier geht: Ursula Todd lebt ein Leben nach dem anderen. Doch es ist nicht der klassische Gedanke der Wiedergeburt, der hier greift, denn Ursula kehrt nicht in neuer Gestalt in einer zukünftigen Zeit zurück, sondern wiederholt ihr eigenes Leben wieder und wieder. Immer geboren in einer verschneiten Februarnacht 1910 in England, als Tochter von Sylvie und ihrem Mann Hugh, mit zwei älteren Geschwistern. Mit jeder Rückkehr bekommt sie eine neue Chance andere Entscheidungen zu treffen und Fehler zu beheben, zunächst eher intuitiv, doch mit jedem Leben wächst die Wahrnehmung für ihre Gabe. Sie verändert ihr Leben mit jeder Wiedergeburt, ist sozusagen "unvollendet", ständig versucht, ihr Leben zu perfektionieren. Manchmal brauchen schon kleine Veränderungen mehrere Versuche - manchmal erfordern sie rabiate Maßnahmen - und manchmal verändert eine einzige Entscheidung das gesamte Leben. Wie weit Ursula diese Perfektionierung treiben kann, ist eine der großen Fragen, welche die Autorin dem Leser durch ihre Geschichte stellt. Ist ein perfektes Leben für Ursula möglich?

"Es wurde dunkel" ist wahrscheinlich der häufigste Satz im ganzen Roman. In der Regel leitet er einen Sprung in die Vergangenheit ein - ein weiteres Leben für Ursula. Was wird sie dieses Mal anders machen, was hat sie schon anders gemacht? Nicht immer begleitet der Leser Ursula von Geburt an, manchmal muss er große Veränderungen nach großen Zeitsprüngen hinnehmen. "Die Unvollendete" ist dadurch kein Buch für ein kurzes, oberflächliches Lesevergnügen. Der Leser braucht seine gesamte Aufmerksamkeit, um Ursulas Entwicklung nicht aus den Augen zu verlieren. Gerade im späteren Mittelteil wird das schwierig. Ursulas Erwachsenenleben wird durch Kleinigkeiten von einem Leben zum Nächsten oft völlig auf den Kopf gestellt. Mal wünscht man ihr das Glück in einem Leben, dann ist man schockiert von den Tragödien und wünscht sich das nächste herbei. Ursulas Leben begleiten die Weltkriege. Den ersten erlebt sie noch recht behütet im Kindesalter, der zweite involviert sie bis zum Äußersten und prägt ihre Leben durch viel Leid, Tod und Traurigkeit.

Nicht immer ist es einfach, sich auf jedes neue Leben einzulassen, die großen Veränderungen lassen die Zahl der Nebenfiguren auch mit der Zeit ein wenig unübersichtlich werden und durch eine gewisse Detailverliebtheit der Autorin bleibt der Roman leider auch nicht ohne Längen. Allerdings lohnt es sich, konzentriert bei der Sache zu bleiben, denn der Facettenreichtum eines einzelnen Lebens, wie ihn sich die Autorin für Ursula erdacht hat, ist spannend und beeindruckend. Und ebenso beeindruckend ist es, wie sich am Ende die Erfahrungen verschiedener Leben verbinden und einen runden Abschluss bilden, der tief berührt. Die große Stärke des Romans ist es tatsächlich um eine einzelne Figur schier unendliche Möglichkeiten zu entwickeln und immer wieder aufs Neue die Frage zu beantworten, wo es Ursula hingeführt hätte, wenn sie einmal eine andere Abzweigung genommen hätte. Was sind ihre Konstanten, was kann sie beeinflussen, wohin führt ihr Charakter sie immer wieder zurück?

Sprachlich ist "Die Unvollendete" durchaus anspruchsvoll, aber wunderbar zu lesen. Es vermittelt einen authentischen Eindruck der Handlungszeit und lebt nicht zuletzt auch von der starken Protagonistin, deren Persönlichkeit sich immer neu entfaltet und daran wächst. Die Autorin hat ein Händchen für die Details, aber auch für den mal subtilen, mal etwas schwarzen Humor. Dennoch war es das ein oder andere Mal ermüdend, Wiederholungen in Ursulas Leben zu lesen oder ihr neuestes Leid mit zu verfolgen. Dennoch ist vor allem das Ende unglaublich stark und entschädigt für jedes Durchhaltevermögen.

Fazit: Der Roman „Die Unvollendete“ setzt die Frage nach dem „Was wäre, wenn?“ großartig um, indem er seine Protagonistin ihr Leben immer wiederholen und korrigieren lässt. Die Autorin präsentiert eine unerwartete Vielfalt an Möglichkeiten für das Leben von Ursula Todd. Einige Längen im Mittelteil wurden nicht vermieden, doch ein ausdrucksstarkes Ende entschädigt. Sehr gute 4 Sterne für diesen Roman mit Tiefgang.




Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden, Sept. 2013
Seiten: 592
Verlag: Droemer
Originaltitel: Life after Life
ISBN: 978-3426199817
Preis: € [D] 19.99

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage



Samstag, 7. September 2013

Rezension zu "Ashes - Ruhelose Seelen" von Ilsa J. Bick



Authentische Endzeit - Nichts für schwache Nerven

„Ashes – Ruhelose Seelen“ ist der dritte Band der im deutschen vierteiligen, postapokalyptischen Reihe von Ilsa J. Bick. Da die Reihe im Original eine Trilogie ist und der letzte Band nur aufgrund seines Umfangs nach der Übersetzung auf zwei Bücher aufgeteilt wurde, findet sich häufig auch die Angabe 3.1 für diesen Band. Der Abschluss der Reihe, der vierte Band oder auch 3.2, wird „Pechschwarzer Mond“ heißen und uns ein letztes Mal in die blutige Welt der zombie-ähnlichen Menschenfresser entführen. Wer die Reihe noch nicht kennt, findet in „Brennendes Herz“ den ersten und in „Tödliche Schatten“ den zweiten Band, die beide unbedingt vor „Ruhelose Seelen“ gelesen werden sollten. Die Reihe ist zu komplex und baut zu sehr auf einander auf, um mit einem anderen Band als dem ersten einzusteigen.

Zum inhaltlichen lässt sich dabei dieses Mal kaum etwas verraten. Die Reise für Tom, Alex, Peter und die anderen Überlebenden des elektromagnetischen Impulses, dessen Herkunft noch immer ungeklärt ist, geht weiter, ebenso wie ihr Kampf gegen die Veränderten, die Jugendlichen, die zu zombieähnlichen Menschenfressern wurden. Noch immer herrscht tiefster Winter, während Tom versucht Alex zu finden, Alex versucht sie selbst zu bleiben und Rule ums Überleben kämpft…

Was ziemlich überflüssig sein dürfte, ist, beim dritten Band noch vor den Grausamkeiten dieser Roman-Reihe warnen zu müssen. Ich mache es aber dennoch, denn die Autorin legt noch einmal nach. „Ruhelose Seelen“ ist ekliger, grausamer und mit mehr Gewalt und Blut gespickt als seine beiden Vorgänger. Die Nerven des Lesers werden hier nicht geschont, jedes Detail wird beschrieben. Die Grenzen des sogenannten „guten Geschmacks“ hat diese Buchreihe dabei wahrscheinlich schon lange hinter sich gelassen, doch wer sich an schauderhaften Beschreibungen nicht stört und ekelhafte Horrorszenarien ertragen kann, der bekommt eine hoch-authentische Endzeit-Geschichte, die wirklich mitreißt, schockiert und ihre Leser dazu bringt, von der ersten bis zur letzten Seite mit zu fiebern.

Was wären auch Menschenfresser, die ihrem Namen nicht gerecht werden? Interessant finde ich hierbei, dass die Autorin ihren Veränderten wirklich eine Entwicklung zugutekommen lässt. Wirkten sie im ersten Band noch wie klassische Zombies, unkontrolliert und wild mordend, werden sie immer menschlicher, auch berechnender und intelligenter. Abgesehen davon, dass sie nicht sprechen und – nun ja – andere Menschen fressen, verhalten sie sich kaum anders, als die anderen verzweifelten Überlebenden, die versuchen, den Winter zu überstehen. Die Autorin erschafft diese menschliche Seite der „Chuckies“ so überzeugend, dass der Leser oft doch hin- und hergerissen ist. Ihre Absichten sind nicht sofort verständlich, aber, wenn sie dann ans Licht kommen, nachvollziehbar – doch ist es wirklich vertretbar, für diese Ekel und Angst verbreitenden Wesen Verständnis aufbringen zu können? Kommt manchmal gar etwas wie Sympathie auf?

Abgesehen von den Veränderten spielen natürlich unsere wenigen Überlebenden eine große Rolle. Während in Rule Hunger und Chaos herrscht, sucht Tom wieder nach Alex. Welcher Leser der Reihe wartet nicht darauf, dass sie wieder zusammen treffen? Immerhin sind sie seit der ersten Hälfte des ersten Bandes getrennt und am Ende des zweiten waren sie so nah dran, hatten ihr Ziel fast erreicht – und was ist jetzt? Ja, das bleibt spannend. 

Die Autorin schafft wirklich einige Wendungen, mit denen man nicht rechnen kann, viele Handlungsstränge wurden gesponnen und warten darauf zusammengeführt zu werden. „Ashes“ war schon nach den ersten zwei Bänden eine sehr komplexe Geschichte, mit vielen Teilaspekten und Protagonisten, und das bleibt auch nach dem dritten Band so. Wenn ich daran denke, dass der Autorin jetzt gerade einmal noch die 450 Seiten von „Pechschwarzer Mond“ bleiben werden, um alles zusammenzuführen, all die Handlungsstränge zu Ende zu bringen, die Protagonisten mit einander zu verbinden und für die postapokalyptische Welt eine Zukunft zu präsentieren, bin ich einerseits sehr gespannt, andererseits aber auch ein wenig skeptisch, denn ich hatte erwartet, dass in „Ruhelose Seelen“ schon weiter vorangeschritten wird.

Auf der einen Seite ist „Ruhelose Seelen“ nämlich wirklich nicht handlungsarm, ganz im Gegenteil. Es passiert einiges, vor allem die Kampf- und Actiondichte ist hoch und das hält auch die Spannung hoch. Allerdings teilen sich auch bis zu fünf verschiedene Schauplätze mit verschiedenen Gruppen von Protagonisten die Kapitel dieses Buches untereinander auf – wenn man bedenkt, dass es einmal, im ersten Band der Reihe, nur einen Fokus gab, nämlich Alex, leuchtet sicher ein, dass der Handlungsfortschritt in jedem einzelnen Strang bei Weitem nicht mehr so groß ist. Hinzu kommt noch, dass gerade am Anfang einige kurze Kämpfe über mehrere Kapitel in die Länge gezogen wurden und das, leider, auch noch zum Großteil durch sich wiederholende Gedanken des kämpfenden Protagonisten, was mit der Zeit ein wenig meine Nerven strapazierte.
Positiv erwähnen möchte ich aber, dass die Autorin es sehr gut schafft, ein Gleichgewicht zwischen allen Handlungssträngen herzustellen, sodass keiner über eine zu lange Zeit in Vergessenheit gerät oder das Gefühl aufkam, eine dieser Teilhandlungen wäre an sich überflüssig.

Was den Schreibstil und die beschreibenden Fähigkeiten der Autorin angeht, so kann ich absolut keinen Kritikpunkt anbringen. Es ist abwechslungsreich und spannend, die detaillierten Beschreibungen gehen unter die Haut und die Atmosphäre geht schon nach den ersten Seiten auf den Leser über. Der kalte Winter und der Schrecken der Veränderten sind beinahe greifbar, so hervorragend vermittelt die Autorin die Stimmung ihrer Endzeit-Romane.

Wer also starke Nerven hat, die auch die schonungslosesten Beschreibungen von blutigen Eingeweiden und Tod aushalten können, findet in diesem Buch wieder eine authentische Postapokalypse ohne Angst vor Direktheit und ohne große Umschweifen. 
Deswegen gilt unbedingt auch andersherum, dass Leser mit schwächeren Nerven sich gut überlegen sollten, ob sie dieses Buch in die Hand nehmen möchten – vor allem auch, wenn sie das Gefühl hatten, dass schon der zweite Band „Tödliche Schatten“ die persönliche Grenze erreicht oder gar überschritten hatte. Es wird alles andere als harmloser. Die Einordnung des Buches als Jugendbuch ist dabei in meinen Augen oft irritierend, denn trotz vergleichsweise junger Protagonisten hat es alles, was ein All-Age-Buch braucht, von glaubwürdigen Charakteren über Spannung bis hin zu einer logischen Handlung und einem ausdrucksstarken Schreibstil. Man darf hier also nicht den Fehler machen, aufgrund einer Einordnung „ab 14 Jahren“ von einer seichten oder gar gewaltfreien Handlung auszugehen.

Fazit: „Ruhelose Seelen“ ist ein überzeugender dritter Band der „Ashes“-Reihe, die ich trotz der häufig zu lesenden Angabe „ab 14 Jahren“ beim besten Willen nicht mehr als Jugendbuch einstufen würde. Nicht zu zart besaitete All-Age-Leser können dagegen voll auf ihre Kosten kommen, denn „Ashes“ ist einer der überzeugendsten Endzeit-Romane, die aktuell auf dem Buchmarkt zu finden sind. Schonungslos im Detail begeistert die Geschichte mit facettenreichen Charakteren und einer sehr komplexen Handlung. Von mir gibt es dafür wieder sehr gute 4 Sterne.


 
Die Ashes-Reihe (mit Links zu Amazon.de)
  1. "Brennendes Herz" (Aug. 2011, engl. Originaltitel: "Ashes")
  2. "Tödliche Schatten" (Aug. 2012, engl. Originaltitel: "Shadows")
  3. geteilt auf : "Ruhelose Seelen" (Aug. 2013) und "Pechschwarzer Mond" (Sep. 2013) - (engl. Originaltitel: "Monsters", erscheint im Sep. 2013) 

Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden
Seiten: 448
Verlag: Egmont Ink
ISBN: 978-3863960063
Preis: € [D] 17.99




Anmerkung: Wer die ersten beiden Bände nicht mehr genau in Erinnerung hat, findet auf der INK-Seite noch einmal eine Zusammenfassung der Charaktere von der Autorin.