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Freitag, 6. November 2015

Mein Bericht zur Lesung von Ursula Poznanski und Arno Strobel, 03. November 2015

  - Klickt auf die Bilder für eine größere Darstellung -

Am Dienstag waren Arno Strobel und Ursula Poznanski in der Mayerschen Buchhandlung in der Dortmunder Innenstadt zu Gast, um dort ihr neues gemeinsames Buchprojekt "fremd" vorzustellen.


Da es sich für mich - wie auch bei drei der vier anderen Lesungen in der Mayerschen, die ich in dieser und der letzten Woche besucht habe - kaum gelohnt hätte, nach der Uni noch einmal nach Hause zu fahren, nur um dann nicht einmal eine Stunde später wieder Richtung Innenstadt aufzubrechen, hatte ich die Zeit vor der Lesung mit einem kleinen Abendessen to go, einem Bummel durch die (sich immerhin über drei Etagen erstreckende) Buchhandlung und einer gemütlichen Lesestunde auf den bequemen Klappsesseln vor der Bühne verbracht, was mir gleichzeitig einen Erste-Reihe-Streber-Platz bei der tatsächlich sehr gut besuchten Lesung verschafft hatte. 

Montag, 17. März 2014

Rezension zu „Der Ruf des Kuckucks“ von Robert Galbraith



J.K. Rowling als Robert Galbraith: Gelungener Detektivroman

„Der Ruf des Kuckucks“ von Robert Galbraith ist ein Detektivroman und stellt gleichzeitig den Auftakt einer Reihe um den Ermittler Cormoran Strike seine Assistentin Robin Ellacott dar. Dass sich hinter dem Briten Robert Galbraith nicht etwa ein aufstrebender Debütautor verbirgt, sondern hier niemand geringeres als Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling unter einem Pseudonym schreibt, wurde noch vor der Veröffentlichung in Deutschland aufgedeckt und ging durch die Medien. Rowling hatte schon mit dem sozialkritischen Roman „Ein plötzlicher Todesfall“ versucht nach ihren Riesenerfolgen mit den altersübergreifenden Fantasy-Romanen rund um den jungen Zauberer in einem völlig anderen Genre Fuß zu fassen. Im zweiten Anlauf, unter neuem Namen und mit deutlich weniger Medien-Hype, ist ihr das meiner Meinung nach noch einmal deutlich besser gelungen. Aber zuerst zum Inhalt:
http://www.randomhouse.de/Buch/Der-Ruf-des-Kuckucks-Roman/Robert-Galbraith/e454939.rhd
Cormoran Strike kämpft nicht nur mit einer Kriegsverletzung, auch finanziell und privat läuft es alles andere als gut. Dem Detektiv mangelt es an Aufträgen, seine Lebensgefährtin hat ihn rausgeworfen.
Daher kommt es Strike gerade recht, als der Bruder eines verstorbenen Topmodels auftaucht und ihm ein lukratives Angebot dafür macht, den angeblichen Selbstmord seiner erfolgreichen Schwester Lula noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Zusammen mit der überraschend engagierten neuen Sekretärin Robin macht sich Strike an die Arbeit. Doch die Ermittlungen in der Welt der Schönen und Reichen wird nicht so einfach, wie anfangs gedacht…


Obwohl sich in „Der Ruf des Kuckucks“ zweifellos alles um die Aufdeckung eines Kriminalfalls dreht, würde ich diesen Roman nicht uneingeschränkt als Kriminalroman beschreiben wollen, denn dies könnte einen falschen Eindruck des Spannungsniveaus vermitteln. Es handelt sich nicht um einen elektrisierend spannenden Ermittlerkrimi, schon gar nicht um einen regelrechten Nervenkitzel auslösenden Thriller. Der Roman lebt mehr von den konfliktreichen Figuren und den Dialogen, wird zwar zwischenzeitlich durchaus spannend, bleibt aber ansonsten eher auf einer bodenständigen Ebene interessanter Detektivarbeit, die sich sukzessive dem Ziel nährt und dabei das Leben allerhand verschiedener, hervorragend ausgearbeiteter Charaktere streift. Galbraith (alias Rowling) zeigt hier viel Liebe zum Detail und beschreibt selbst Nebenfiguren mit ausführlich ausgeschmückten und stimmigen Hintergrundgeschichte, was den Figuren dieses Romans eine bemerkenswerte Tiefe gibt. Rowling hat einfach ein sehr gutes Gespür für die Beschreibung unterschiedlichster Menschen und das offenbart sich auch in diesem Roman.

Freitag, 1. November 2013

Rezension zu "Schwarzlicht" von Horst Eckert



Krimi mit politischen Intrigen

„Schwarzlicht“ von Horst Eckert ist ein in Düsseldorf angesiedelter Kriminalroman und der erste in dem Hauptkommissar Vincent Veih die Ermittlungen aufnimmt. Eine Fortsetzung dieser Figur in einem weiteren Krimi soll wohl bereits in Planung sein.

Zu Beginn aber einige Worte zum Inhalt von Veihs erstem Fall:
Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Walter Castorp, wird in einem Düsseldorfer Apartment tot aufgefunden. Schnell steht fest: Es war Mord. Hat dieser wohlmöglich etwas mit der in wenigen Tagen anstehenden Landtagswahl zu tun? Oder mit dem politischen Skandal, in den der Ministerpräsident verwickelt war? Die Ermittlungen in dem Fall übernimmt Vincent Veih, Sohn einer ehemaligen RAF-Terroristin und gerade erst zum Leiter des KK11 ernannt. Der politisch brisante Fall stellt ihn vor einige Probleme…

Zunächst muss ich anmerken, den auf dem Cover versprochenen „Thriller“ habe ich inhaltlich nicht wiederfinden können. Einen wirklich guten Kriminalroman mit gelungenen politischen Einflüssen, der Wahl vorausgehenden Intrigen und einem spannenden wie interessanten Mordfall mit sich anschließenden überzeugenden polizeilichen Ermittlungen – das habe ich ganz sicher gefunden. Doch, obwohl die Übergänge gerade bei Krimis und Thriller unbestreitbar fließend sind und es von Leser zu Leser wahrscheinlich persönlich abweichende Definitionen gibt, meine Erwartungshaltung bei dem Genre „Thriller“ ist eine andere, als wenn das Wörtchen „Kriminalroman“ das Cover ziert. Ich lese beides gerne, für einen Thriller jedoch fehlt „Schwarzlicht“ das Bedrohliche. Der anhaltend hohe Nervenkitzel durch einen weiterhin präsenten Täter, der jederzeit wieder gefährlich werden könnte, vielleicht auch eine Perspektive des Täters, die persönliche Bedrohung eines Protagonisten, das Angst machen – das sind Merkmale eines Thrillers, die ein auf Ermittlungen basierender Kriminalroman nicht hat – auch gar nicht braucht – und genau das trifft auch auf „Schwarzlicht“ zu.

Abgesehen von dieser kleinen Kritik an die gewählte Begrifflichkeit ist „Schwarzlicht“ allerdings ein wirklich gelungener Polit-Krimi. Der Mordfall ist außergewöhnlich, das mediale und politische Interesse daran wird überzeugend und spannend mit den Ermittlungen, geführt von dem in sich gespaltenen KK11 unter der neuen – und vorerst vorübergehenden – Leitung von Vincent Veih, verflochten und Intrigen sowie Versuche der subtilen Einflussnahme werden so eingebaut, dass sie auch den Leser mitnehmen in das Gefühl von Ungerechtigkeit und Frustration und ihn emotional stark involvieren. Selbst für regelmäßige Krimileser bietet dieser Roman noch einige neue Facetten – die Ermordung eines Ministerpräsidenten aus einer großen Partei, kurz vor einer Wahl, das ist schon ein ungewöhnlicheres Thema und wird hier zudem konsequent und mit unerwartetem Ausgang gekonnt umgesetzt.

Zwischendurch gibt es vielleicht den ein oder anderen Handlungsstrang zu viel, was als Abbild eines realen Bildes eines solchen Kriminalkommissariats durchaus zutreffend sein kann, den Leser eines fiktionalen Werkes aber schnell den Fokus nehmen und ihn ein wenig verwirren kann. Allerdings trat dies bei „Schwarzlicht“ nur gelegentlich auf, sodass es nicht als sehr störend empfunden wurde und, was das wichtigste ist, am Ende gelang dem Autor ein stimmiges Gesamtbild, das ohne unnötige Konstruktion eine glaubwürdige Zusammenführung der einzelnen Ereignisse ermöglichte.

Die sprachliche Umsetzung bei „Schwarzlicht“ kann man wirklich nur als sehr gut bezeichnen, der Stil ist flüssig, durch eine doch eher auffällige Abfolge von Aufzählungen und kurzen Sätzen aber auch alles andere als eintönig, gelungen auf die leicht depressive, nüchterne, manchmal wütende und nachdenkliche Grundstimmung der Hauptfigur zugeschnitten und insgesamt recht temporeich.

Vincent Veih stellt einen in sich charakterlich sehr runden Protagonisten dar, der sowohl durch eine ungewöhnliche Herkunft und einen holprigen Lebensweg in der Vergangenheit wie auch durch familiäre und persönliche Schwierigkeiten in der Gegenwart ein sehr starkes Profil erhält und durch eine teilweise sture bis rebellische, teilweise auch ein wenig zwiespältige Verhaltensweise einiges an Konfliktpotential mit in die Handlung bringt. Als Gegenpart zu den Versuchen der Einflussnahme aufgrund von politischen Interessen durch die Vorgesetzten ist er genau passend.

Fazit: Ein guter Kriminalroman – kein Thriller – mit politischen Einflüssen, einer starken Hauptfigur und unerwarteten Entwicklungen. Von mir gibt es dafür knappe 5 Sterne und eine Empfehlung für Krimifans. Ich würde mich auf eine Fortsetzung mit der Figur Vincent Veih sehr freuen. 




Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden mit Schutzumschlag
Erschienen: Sep. 2013
Seiten: 384
Verlag: Wunderlich
ISBN: 978-3-8052-5057-3
Preis: € [D] 19.95

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch

"Schwarzlicht" von Horst Eckert bei Amazon 

Mittwoch, 30. Oktober 2013

Rezension zu "Die Springflut" von Cilla und Rolf Börjlind


Konstruktion unwahrscheinlichster Zufälle

„Die Springflut“ von Cilla und Rolf Börjlind ist ein schwedischer Kriminalroman, geschrieben von einem Ehepaar, das sich ansonsten in ihrem Heimatland recht erfolgreich mit Drehbüchern den Lebensunterhalt verdient.

Um folgendes geht es nun in ihrem gemeinsam geschriebenen Kriminalroman:
Die Polizeischülerin Olivia widmet ihre Sommerferien einer freiwilligen Aufgabe, der Analyse eines „Cold Case“. Vor fast 24 Jahren war auf der Insel Nordkoster eine hochschwangere Frau ermordet worden. Obwohl es Zeugen gab, wurden die Täter nie gefunden, auch die Identität der Frau blieb unbekannt. Olivias mittlerweile verstorbener Vater war damals an den Ermittlungen beteiligt, genau wie ein Ermittler namens Tom Stilton, der aber untergetaucht zu sein scheint. Um bei ihrer Suche nach neuen Spuren weiterzukommen, muss Olivia Tom ausfindig machen… 

Direkt nach seinem Erscheinungstermin war „Die Springflut“ in den deutschen Buchhandlungen präsent wie das neuste Werk eines Bestsellerautors. In einer großen Filiale stapelte es sich auf den Tischen, gleich mehrfach im Laden - ich konnte es kaum übersehen. Die Namen der Autoren sagten mir allerdings nichts, die Ankündigung als großer Auftakt einer neuen Reihe von Schwedenkrimis klang aber ganz vielversprechend, auch die optische Gestaltung und der Klappentext waren interessant. Als sich also die Gelegenheit ergab, das Buch zu lesen, habe ich nicht gezögert – und jetzt wünschte ich, ich hätte es getan.

„Die Springflut“ ist in meinen Augen kein gelungener Kriminalroman. Ich lese gerne Krimis und Thriller – Spannungsliteratur gehört seit Jahren zu meinen bevorzugten Genres -, aber für mich ist vor allem die Glaubwürdigkeit der Handlung ein entscheidendes Merkmal für einen guten Roman. Werden Mordfall und Ermittlungen stimmig miteinander verwoben? Sind die Schlussfolgerungen der Figuren logisch? Kann ich am Ende die Motive nachvollziehen? Wirkt die Geschichte rund? Gerne darf ein Krimi mich am Ende überraschen, mich mit einer Wendung von meinen vorangegangenen Spekulationen weglocken, aber dennoch möchte ich die eben gestellten Fragen mit „ja“ beantworten können - und das kann ich nach dem Lesen von „Die Springflut“ einfach nicht einmal ansatzweise.

Bei dem neuen Werk aus Schweden mit dem Duo Olivia und Tom, Polizeischülerin und in der Versenkung verschwundener Ermittler mit psychischen Problemen gewaltigen Ausmaßes, bleibt es nicht bei dem einen Fall der durch eine Springflut vor über zwanzig Jahren ermordeten Frau. Prügelattacken auf Obdachlose und ein alter Bruch zweier Wirtschaftsgrößen kommen auch noch hinzu. Die einzelnen Fälle werden mehr schlecht als recht miteinander in Verbindung gebracht, was ganz einfach so viel bedeutet wie: Olivia stolpert von einem unfassbar unwahrscheinlichen Zufallsfund zum nächsten. In ihrer Masse waren diese ganzen Zufälle – einer nach dem anderen – nur noch absurd. Nicht nur, dass alle involvierten Personen irgendwie genau zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Informationen „zufällig“ finden, sie steuern auch alle gleichzeitig 24 Jahre nach dem eigentlichen Mord plötzlich wieder auf einen Punkt zu, wie von Strippenziehern auffällig gelenkt: Die Autoren haben so sehr konstruiert, dass es nicht mehr natürlich wirken konnte.

Zunächst schien Stockholm ein Dorf zu sein, dann ganz Schweden und letztendlich die gesamte Erde. All die Zufälle kann ich mir jedenfalls nur noch durch die Vorstellung plausibel machen, dass die Erdbevölkerung bei „Die Springflut“ auf die Größe einer Schulklasse gesunken ist. Maximal 30 Menschen, mehr können es nicht sein, so „zufällig“ wie die Figuren selbst am anderen Ende der Welt plötzlich dem Richtigen über den Weg laufen. Nicht nur einmal, sondern immer wieder, und auch nicht irgendwann, sondern genau in diesem Sommer nach 24 Jahren, als Olivia beschließt, den Fall zu untersuchen.

Neben ein bisschen Sozialkritik schaffen es die Autoren vor allem, kein einziges Klischee auszulassen. Am Ende war ich einfach nur noch ernüchtert von der Plattheit der Auflösung des an sich so komplexen Falles, den jahrzehntelang niemand enträtseln konnte, und erwartete mit Schrecken das nächste Klischee. Beides war, in Anbetracht der Tatsache, wie einfach die Geschichte gestrickt war, nicht mehr schwer vorauszuahnen. Gerade für regelmäßige Krimileser ist nur eine Regel zu beachten: Es gibt keine unbeteiligten Figuren. Wann immer jemand gesucht wird, dessen Identität noch unbekannt ist, wird sich eine der bereits vorhandenen Figuren als dieser entpuppen. Wirkliche Ermittlungen gibt es kaum, denn fehlt eine Information, wird jemand darüber stolpern oder eine andere Person fragen, die just einen Tag zuvor die entscheidende Antwort rausgefunden hat – 24 Jahre nach dem Mord springen die Beweise aus den Büschen und werfen sich einer unerfahrenen Polizeischülerin vor die Füße. Was für ein zufällig zufälliger Zufallszufall.

Es gibt Krimis, die sind einfach nach diesem Prinzip aufgebaut. Einigen Lesern mag das gefallen, ich kann mit zeitlich perfekt abgestimmten Zufällen auf Dauer allerdings nichts anfangen und empfinde diese Art der Handlungsführung nicht als spannend.
Auch die Figuren konnten mich größtenteils nicht überzeugen. Es gab Ausnahmen, wie einen Mann namens Abbas, der mit seiner geheimnisvollen Art ein wenig Spannung erzeugen konnte, oder einen Jungen namens Acke, der emotional berühren konnte – obwohl man fairerweise sagen muss, dass hier auch wieder nicht ohne Klischees auf die Tränendrüse gedrückt wurde. Das waren allerdings Nebenfiguren. Die Polizeischülerin Olivia ließ jegliche Empathie vermissen und ihr Vorgehen war nicht immer nachvollziehbar, der emotional mehr als kaputte Tom war da schon besser gelungen, aber auch ihm fehlte es an Zugänglichkeit – die Figur blieb oberflächlich. Gerade der sich wiederholende Versuch Spannung aufzubauen, indem die Figuren nach einer ausdrücklichen Warnung dennoch beinahe trotzig in Gefahrensituationen hineingingen, ließ sie reichlich flach erscheinen.

Sprachlich ist „Die Springflut“ einfach gehalten. Kurze Sätze, keine großen Variationen, gelegentliche Wiederholungen und an der ein oder anderen Stelle Formulierungen, die sich wie eine eher holprige Übersetzung lasen und im Deutschen nach anderen Worten verlangten.
Als Perspektive wurde ein allwissender Erzähler gewählt, was dazu führt, dass nicht immer eindeutig ist, ob eine Information nun eine Beobachtung des Erzählers wiedergab oder noch von der Figur stammte, in dessen Kopf sich der Erzähler gerade noch befunden hatte. Insgesamt gibt es eine Vielzahl von Protagonisten, zwischen denen recht zügig hin- und hergewechselt wird, was zwar ein gewisses Tempo für die Geschichte erzeugte, aber gelegentlich auch irritierte.

Fazit: „Die Springflut“ ist ein Kriminalroman, der hauptsächlich auf Zufällen basiert, die in ihrer Fülle nicht mehr glaubwürdig wirken. Leser, die sich an einer solch konstruierten Handlung nicht stören, könnten hier möglicherweise auf ihre Kosten kommen, ich leider nicht. Auch die sprachliche Umsetzung und die Figuren konnten das Gesamtbild nicht mehr verbessern und es ist sehr wahrscheinlich, dass der nächste Fall von Olivia Rönning und Tom Stilton nicht mehr in meinen Händen landen wird. 2 Sterne, mehr kann ich an diese Ansammlung von Zufällen nicht vergeben. 



Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden mit Schutzumschlag
Erschienen: August 2013
Seiten: 592
Schwedischer Originaltitel: Springfloden
Verlag: btb
ISBN: 978-3-442-75393-2
Preis: € [D] 19.99





Mittwoch, 9. Oktober 2013

Rezension zu "Der Seelenfänger" von Chris Moriarty



Inhaltlich überladen, emotional leer

"Der Seelenfänger" von Chris Moriarty ist der Auftakt einer Jugendbuch-Reihe, die versucht mit Magie und einer Kriminalgeschichte das New York des frühen 20. Jahrhunderts aufleben zu lassen. Leider bleibt es bei dem Versuch…

Zum Inhalt: Sascha Kessler, ein jüdischer Junge aus einer der ärmeren Gegenden New York Citys, entdeckt im Alter von 13 Jahren, dass er Magie erkennen kann. Da diese in der Stadt verboten ist und von den Inquisitoren, einer Art Spezialabteilung der Polizei, überwacht wird, macht ihn das für die Behörde zu einem wertvollen Lehrling. Seine Anstellung beim seinem Ausbilder Wolf, einem der bekanntesten Inquisitoren, bedeutet auch für den Jungen eine große Chance. Doch gleich an seinem ersten Tag beginnt die Jagd auf einen Dibbuk, eines der gefährlichsten magischen Wesen. Ob Sascha wirklich helfen kann, diesen Fall zu lösen?

Eigentlich hat „Der Seelenfänger“ alles, was ein guter Jugendfantasy-Roman braucht. Eine gute Grundidee, ein gut gewähltes allgemeines Setting – die Ansiedlung der Handlung im New York des frühen 20. Jahrhunderts ist ungewöhnlich und nicht uninteressant. Auch die Figurenkonstellation mit dem unerfahrenen Sascha, der eigentlich aus einer der Magie nicht abgeneigten Familie stammt und plötzlich zum Inquisitor ausgebildet werden soll, an der Seite des großen, legendengleichen Inquisitors Wolf ist an sich gut gelungen. Für Sascha stellt dies nicht nur aufgrund seiner jungen Jahre und des Konfliktes zwischen den Werten seiner Familie und denen der Polizei in Bezug auf die magische Welt eine Herausforderung dar, sondern ist vor allem auch eine massive finanzielle Verbesserung und eine Absicherung für die Zukunft. Denn Saschas Familie, jüdische Einwanderer, lebt in schlichten, armen Verhältnissen – seine neue Anstellung ist der Zugang zu höheren sozialen Schichten.

Allein der der Hauptfigur steckt damit schon jede Menge Vielschichtigkeit, die nur darauf wartete, herausgekitzelt zu werden, und zusammen mit dem spannenden Plot hätte Moriartys magische Welt also zumindest von der Idee her ein richtig großer Wurf werden können, doch die enttäuschend schwache Umsetzung macht diese Aussicht leider schon nach wenigen Seiten zunichte.

Selten habe ich mich bei einem Roman so sehr über verschenktes Potenzial geärgert wie bei diesem Exemplar. Die Autorin scheint vor allem anderen beim Schreiben mit einer Priorität vorgegangen zu sein: Schnell muss es gehen! Jede Situation muss flott abgehandelt werden, teilweise fehlen gar sämtliche Übergänge. Die aufeinanderfolgenden Ereignisse werden zackig aufgelistet und anders als eine Liste liest sich der schlagartige Wechsel von einer Situation zur nächsten auch nicht. In diesem Fall hat dieses Vorgehen auch rein gar nichts mit dem Erzeugen von Spannung durch ein schnelles Erzähltempo zu tun, es wirkt stattdessen einfach nur plan- und lieblos.

Der gesamte Schreibstil macht dabei einen reichlich unsteten Eindruck. An einigen, leider im Vergleich sehr wenigen, Stellen schafft es die Autorin, ihrem Setting Leben einzuhauchen und somit das New York von vor rund 100 Jahren vor den Augen des Lesers neu entstehen zu lassen. Detaillierte Beschreibungen mit Gespür für die die Stimmung einfangenden Merkmale der Umgebung bleiben jedoch leider die Ausnahme. Trotz unheimlicher Idee und einigen nächtlichen, gruseligen Momenten hatte ich genau ein einziges Mal Gänsehaut – zu wenig, in Anbetracht der Vielzahl von Möglichkeiten, bei denen es genauso hätte sein müssen, aber einfach keinerlei Gefühlsregung zustande kam, weil die Beschreibungen zu schnell kamen und gingen und zu oberflächlich blieben.

Vor allem die Charaktere aber auch der recht komplexe Handlungsverlauf mit vielen Figuren – teilweise der historischen Realität entliehen und Rollen in der magischen Welt angepasst – leiden unter der überstürzten Erzählweise. Blasse Protagonisten wirkten austauschbar, Dialoge gestelzt und der Bösewicht ist so unübersehbar böse, dass es langweilt. Die Handlung, für ein Jugendbuch mit gerade einmal 350 Seiten tatsächlich sehr umfangreich, wirkt durch die Schnelligkeit der Erzählung oft wirr und leblos. Es fehlen einprägsame Momente, die Wirkung auf den Leser erzielen könnten, denn vor allem auf der emotionalen Seite bleibt der Roman dem Leser in vielerlei Hinsicht einiges schuldig. Man kann nicht mit den Figuren lachen, sie berühren einen nicht – ihre Schicksale lassen den Leser kalt. Vor allem diesem Punkt hätte die Autorin sprachlich viel mehr Aufmerksamkeit widmen müssen. Auch bei einem Jugendbuch reicht es nicht, herunterzurasseln, was die Protagonisten tun: Wie sie es tun ist mindestens ebenso entscheidend. Was sie dabei fühlen, wie es ihnen dabei geht, ihre Beweggründe – ein Blick hinter die Kulissen. Doch das wurde versäumt.

Fazit: Ich bin mehr als enttäuscht von „Der Seelenfänger“. Chris Moriarty hatte eine tolle Idee, verortet in einem ungewöhnlichen Setting mit großem Potenzial, aber was nützt das alles, wenn es sprachlich mager umgesetzt wird und so emotional ist wie ein Sachbuch? Kein Gefühl, teilweise wirr – so konnte kein guter Roman aus der Idee werden. Ich kann es nicht weiterempfehlen. Leider nur knappe 2 Sterne. 



Die Sascha-Kessler-Reihe
  1. "Der Seelenfänger" (Sept. 2012, englischer Originaltitel: "The Inquisitor's Apprentice")
  2. "Der Schattenjäger" (Sept. 2013, englischer Originaltitel: "The Watcher in the Shadows")

Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden
Erschienen: September 2013
Seiten: 352
Verlag: Dressler
ISBN: 978-3-7915-1343-0
Preis: € [D] 16.95

Weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch

Sonntag, 18. August 2013

Rezension zu "Der Altmann ist tot - Frl. Krise und Frau Freitag ermitteln" (Hörbuch)



Lehrerinnen als Kriminalermittler?

„Der Altmann ist tot – Frl. Krise und Frau Freitag ermitteln“ ist der erste Krimi-Versuch der beiden Lehrerinnen aus Berlin, die unter ihren Pseudonymen erfolgreich bloggen und Bücher mit unterhaltsamen Schulgeschichten veröffentlich haben.

Zum Inhalt: Schlechte Nachrichten für das Kollegium der Berliner Problembezirk-Schule – Lehrer Altmann ist tot, gefunden an einer Treppe zur Spree in der Nähe des Reichstags. Ist er dort etwa mitten in der Nacht runter gestürzt? Frau Freitag und Frl. Krise haben einen anderen Verdacht: Mord. Genügend Verdächtige gäbe es immerhin…

Bisher habe ich nur „Chill mal, Frau Freitag“ gelesen und konnte darüber sehr lachen. Kurze Schul-Anekdoten, als Buch zusammengefasst aus dem Blog der Autorin und Lehrerin. Auch „Der Altmann ist tot“ versucht gelegentlich mit ähnlichem Witz an diese Vorerfolge anzuschließen – immerhin kennt man Frau Freitag und Frl. Krise genau dafür: Bissiger Humor mit Geschichten aus dem Berliner Problembezirk, schlechte Sprache und kulturelle Differenzen unverblümt aufs Korn genommen, nicht bösartig, sondern mit Witz und Ehrlichkeit. Nur, was bei den kurzen Anekdoten funktioniert, reicht bei diesem Roman absolut nicht. Die wenigen lustigen Stellen gehen unter, werden überschüttet von einem riesen Haufen Langeweile – dem Todfeind eines jeden Krimis.

Die Kriminalhandlung ist einfach hanebüchen, ohne Hand und Fuß, an den Haaren herbeigezogener Unfug und von Anfang bis Ende stinklangweilig. Frau Freitag und Frl. Krise „ermitteln“ auch nicht wirklich, sondern phantasieren erst ein bisschen und finden dann durch mehr glückliche Zufälle und unerwartete Begegnungen, als in einer Großstadt wie Berlin in Jahrhunderten möglich sein dürften, irgendwie den richtigen Weg durch ihre selbst zusammengestellte Reihe der Verdächtigen. Genug Feinde des Altmanns präsentieren sich ja. Cousins einer ehemaligen Schülerin, denen die Gerüchte über ein Verhältnis der beiden ganz und gar nicht gefallen; eine Lehrerin, die freimütig über die Affäre mit ihrem Kollegen im Internet schreibt; die junge, schwangere Ehefrau, die sich längst von einem anderen trösten lässt…

Trotz all der Möglichkeiten geht ohne Zufälle nichts bei den beiden selbst ernannten Ermittlerinnen und abgesehen davon füllt der Kriminalfall, so flach wie er ist, nicht einmal annähert ein Buch. Das ist wohl auch den bloggenden Lehrerinnen aufgefallen, denn die Palette von Nebenhandlungen ist beachtlich – leider sind auch die alle recht langweilig. Witz kommt in der Sprache zwar gelegentlich auf, aber das reichte nicht. Fast lehrerhaftes und sehr aufgesetzt wirkendes Sinnieren über Kultur und Religion wirkte zudem absolut deplatziert und gewollt.

Da sich diese Rezension auf das Hörbuch bezieht, jetzt noch ein paar Worte zu der Umsetzung und den beiden Sprecherinnen Carolin Kebekus als Frau Freitag und Joseline Gassen als Frl. Krise. Zunächst war ich skeptisch, ob die mir ansonsten eher aus dem TV bekannte Kebekus als Sprecherin überzeugen könnte. Jetzt muss ich sagen: Ja, kann sie. Und sie ist dabei noch der Lichtblick des gesamten Hörbuchs, denn Kebekus verkörpert Frau Freitag einfach hervorragend und mit einer klaren, abwechslungsreichen Stimme, der man gerne zuhört.

Enttäuscht hat mich dagegen Joseline Gassen als Frl. Krise. Ihre Stimme wird als „temperamentvoll“ beschrieben – wenn man eine weibliche Version des Kinder in den Tiefschlaf versetzenden Märchenonkels „temperamentvoll“ nennen möchte, dann stimmt das sogar. Leider variiert sie ihre Stimme, abgesehen von gelegentlicher Schnappatmung und einem leichten Nasehochziehen, auch deutlich zu wenig. Kann sie keinen Akzent sprechen, klingen alle Figuren gleich. Während Frau Freitag und Frl. Krise bei den von Kebekus gelesenen Kapiteln (leider zu wenige) gut auseinanderzuhalten sind, ist das bei Gassen kaum möglich.

Das stört besonders in den reinen Dialog-Passagen, die teilweise, wenn sie lang genug sind, von beiden Sprecherinnen im Wechsel gelesen werden, zwischendurch aber auch mal nur von Joseline Gassen übernommen werden. Dann funktionieren sie nicht mehr, denn, wenn mir der Text nicht sagte, wer hier gerade sprach, konnte ich es anhand der Stimme nicht unterscheiden. Leider ist für mich auch vollkommen unverständlich, warum diese reinen Dialoge nicht immer im Wechsel gelesen wurden, sondern so beliebig mal von beiden, mal von einer – mal bekam der Kioskbesitzer „Onkel Ali“ sogar noch einen eigenen Sprecher, dann wieder nicht. Insgesamt war die Hörbuchumsetzung also leider fast genauso enttäuschend wie die Geschichte selbst.

Onkel Ali war übrigens noch eine der ansprechenderen Figuren der Geschichte. Über ihn konnte man gelegentlich lachen, wie auch über die Schüler. Wenn sich die Handlung zwischenzeitlich mehr mit Frau Freitag und ihrer Klasse beschäftigte, konnte sie durch Witz punkten. Frau Freitag als nicht immer voll motivierte Lehrerin ist ebenfalls einfach lustig und verschafft der ansonsten etwas staubig wirkenden Geschichte ein wenig Elan und Spritzigkeit.

Fazit: Manchmal zum Lachen, manchmal zum Fremdschämen, manchmal zum Einschlafen. Die beiden bloggenden Lehrerinnen aus dem Problembezirk haben Humor, aber glaubhafte oder spannende Kriminalfälle erfinden können sie nicht. Die Hörbuchumsetzung ist zudem sehr durchwachsen. Während Carolin Kebekus als Frau Freitag überzeugt, enttäuscht Joseline Gassen als Frl. Krise eher. Ich vergebe knappe 3 Sterne. 



Allgemeine Informationen


DAS HÖRBUCH

6 CDs,  7 Stunden 16 Minuten
Juni 2013
Verlag: Argon Verlag
ISBN: 978-3-8398-1248-8
Sprecherin: Carolin Kebekus, Joseline Gassen

Hörprobe, Kaufmöglichkeit und weitere Informationenauf der Verlagshomepage
Rezensionsexemplar erhalten von Blogg Dein Buch
 
 

DAS BUCH

Ausgabe: Broschiert, Mai 2013
Seiten: 256
Verlag: Rowohlt
ISBN: 978-3-499-25111-5
Preis: € [D] 14.99

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch

Donnerstag, 4. April 2013

Rezension zu "Das Nebelhaus" von Eric Berg



Die Blutnacht im Nebelhaus

‟Das Nebelhaus“ von Eric Berg ist ein deutscher Krimi, unter einem Pseudonym von einem Autor veröffentlicht, der ansonsten eher bei den historischen Romanen anzutreffen ist. Mit leichten Abstrichen konnte er mich überzeugen.

Inhalt: Als sich die ‟Blutnacht“ von Hiddensee zum zweiten Mal jährt, plant die Journalistin Doro einen umfangreichen Artikel. Während ihrer Recherchen taucht Doro tief ein in die Geschichte der vier alten Freunde Leonie, Philipp, Timo und Yasmin, die sich seit Jahren nicht gesehen hatten. Ihr gemeinsames Wochenende in Philipps Haus auf der Insel Hiddensee, das er mit seiner Frau Vev und der gemeinsamen Tochter bewohnte, endete mit drei Toten und einer Komapatientin. Was ist damals passiert?

Der Roman wird abwechselnd in zwei Handlungs- strängen erzählt. Einer dieser beiden spielt in der Gegenwart und erzählt aus der Sicht der Journalistin Doro, die in diesem Roman als Ich-Erzählerin auftritt, von ihren Recherchen zur Mordnacht. Ihr Anliegen einen möglichst angemessenen Artikel zu verfassen, bringt sie nicht nur in Kontakt mit verschiedenen unmittelbar Beteiligten und Angehörigen, sondern führt sie auch zum Ort des Geschehens, dem ‟Nebelhaus“ am Strand von Hiddensee. Dort liegt auch der Fokus des zweiten Handlungsstranges, der, zwei Jahre in der Vergangenheit, aus der Sicht der verschiedenen Gäste im Nebelhaus von den Ereignissen erzählt, die letztendlich dazu führten, das drei Menschen starben.

Das Interessanteste an Eric Bergs Roman liegt neben dem sehr gelungenen Aufbau durch die Einteilung in die besagten Handlungsstränge, vor allem in der Art, wie er mit der Unwissenheit des Lesers spielt. Zwar gelten die Morde an sich als aufgeklärt – es handelt sich also nicht um einen klassischen Krimi, der für gewöhnlich von der Ermittlung des Mörders dominiert wird – aber der Autor sät hier schnell einige Zweifel. Was aber vor allem im Dunkeln bleibt: Wer sind die Opfer? Welche der Freunde starben in der Mordnacht? Das behalten die anderen Protagonisten geschickt für sich, während der Leser über die Identität von mindestens zwei Getöteten ins Grübeln gerät und sich bei jeder spannenden Wendung zu neuen Spekulationen hinreißen lassen kann.

Dabei präsentiert der Autor zudem eine sehr heterogene und damit gleichzeitig sehr abwechslungsreiche Gruppe von Protagonisten. Als Leser kann man schnell nachvollziehen, warum sich die vier Freunde viele Jahre lang aus den Augen verloren hatten. Sie sind grundverschieden. Philipp, der solide Architekt, der sich mit seinem Haus am Strand seinen Lebenstraum verwirklicht hat; Timo, der verschlossene Autor ohne großen Erfolg; Leonie, die Kindergärtnerin mit privaten und beruflichen Problemen; und zuletzt Yasmin, die ewige Punkerin, die Kunstwerke auf die Straßen Berlins malt. Die zunächst mit großer Euphorie erwartete Zusammenführung der Freunde von damals bietet schnell einiges an Konfliktpotential, was den Roman vor allem in diesem in der Vergangenheit liegenden Handlungsstrang sehr spannend macht.

Aber auch die gegenwärtige Erzählung hat eine gelungene Hauptprotagonistin zu bieten. Doro ist eine gelungene Mischung aus professioneller Journalistin und emotionaler Frau, die sich schnell auch persönlich in die Ereignisse auf Hiddensee involviert, besonders als sie Yim Nan, den Sohn der ehemaligen Haushälterin im Nebelhaus kennenlernt. Hier entwickelt sich neben einer den Roman emotional aufwertenden Beziehung zudem eine spannende Nebenhandlung, die sich am Ende überzeugend und glaubwürdig mit der Haupthandlung vereint und zu einem realitätsnahen und dennoch überraschenden Finale wird.

Die einzigen Abstriche bei diesem ansonsten sehr gelungenen Kriminalroman, der durch seine originelle Idee absolut besticht, musste ich beim sprachlichen Stil und teilweise auch der Informationswiedergabe hinnehmen. Sprachlich war es meistens zwar flüssige, völlig unerwartet tauchten dann allerdings einige im Kontext stelzig und umständlich wirkenden Formulierungen und eingestreute Fremdworte auf, die im Textfluss zu Stolpersteinen wurden und die Figuren unwirklicher und distanzierter erscheinen ließen. Dies galt auch für einige Dialoge, die zu offensichtlich nur für den Leser geführt wurden und im realen Leben so niemals stattfinden würden. Hier fehlte manchmal eine elegantere Lösung, um den Leser mit Informationen zu versorgen, die Figuren aber gleichzeitig nicht aus der Rolle fallen zu lassen.

Fazit: Eine sehr spannende Idee mit ungewöhnlicher Kriminalhandlung, die bis zum Ende für Spannung sorgt. Trotz kleiner Schwächen ist ‟Das Nebelhaus“ einer der überzeugendsten Vertreter deutscher Kriminalromane/Thriller der letzten Zeit und damit sehr zu empfehlen. Gute vier Sterne. 





Allgemeine Informationen

Ausgabe: Klappenbroschur (März. 2013)
Seiten: 416
Verlag: Limes
ISBN: 978-3-8090-2615-0
Preis: € [D] 14.99

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage



Dienstag, 26. März 2013

Rezension zu "Mädchenauge" von Christian David



solides Debüt - mehr nicht

‟Mädchenauge“ von Christian David ist ein österreichischer, größtenteils in Wien spielender Krimi und der Debütroman des Autors.

Inhalt: In Wien geht ein Serientäter um. Im Abstand von jeweils drei Wochen wurde nun bereits die dritte Studentin in ihrer Wohnung brutal ermordet, doch Hinweise auf den Täter gibt es kaum. Major Belonoz, der Leiter der Mordkommission, ermittelt in alle Richtungen. Unterstützt wird er dabei von der jungen, gerade aus New York zurückgekehrten Staatsanwältin Lily Horn. Wird sie den Fall lösen können? Oder ist er eine Nummer zu groß für die ehrgeizige junge Frau?

‟Mädchenauge“ ist ein Krimi, der ein solides Debüt abgibt, allerdings in fast allen Punkten kleinere – teilweise auch größere – Schwächen aufweist, die mein Lesevergnügen trübten.

Es fing schon damit an, dass ‟Mädchenauge“ nur recht gemächlich in Gang kam. Statt mit einer spannenden Handlung, zum Beispiel in Form interessanter Ermittlungen im Anschluss an den letzten Mord (dem einzigen spannenden Ereignis der ersten 150 Seiten), wird der Leser zunächst mit einer Flut von Protagonisten konfrontiert. Nicht nur Ermittler, die Staatsanwältin und das Umfeld der Opfer werden thematisiert, sondern auch zu recht großen Anteilen die politische Situation im Wiener Rathaus. Als Kern einer Reihe von Intrigen präsentieren sich Bürgermeister und seine Vize und hier hat sich der Roman meiner Meinung nach leider vollkommen verrannt. 
Die Politik, vor allem, wenn es sich hauptsächlich um ziemlich oberflächliches Personal-Geplänkel handelt, wie in diesem Fall, verleit dem Roman keine Tiefe und hatte – vor allem in Anbetracht der Ausführlichkeit mit der sie gerade am Anfang geschildert wird – für die Handlung selbst erschreckend wenig Relevanz. Statt den Roman zu bereichern, langweilten diese eher trockenen Abschnitte mich als Leser und zögerten den Beginn der eigentlichen Ermittlungen und eine detailliertere Schilderung der tatsächlich wichtigen Protagonisten unnötig hinaus.

Die Protagonisten, die wirklich von Bedeutung waren, verringerten sich im Laufe des Romans deutlich. Zu Beginn schienen mir mehrere Charaktere, darunter Major Belonoz und ein Salzburger Ermittler namens Descho, die Kapitel in etwa gleichberechtigt untereinander aufzuteilen. Da hatte ich mich allerdings geirrt. Nach ihrer Einführung wurden sie immer unbedeutender und der Roman konzentrierte sich stattdessen hauptsächlich auf Lily Horn, was mir an sich nicht schlecht gefallen hat, da sie in meinen Augen ohnehin der interessanteste Charakter war. Es machte die anderen allerdings gleichzeitig auch recht blass.
Im Klappentext beispielsweise wird Belonoz als ‟grantig“ beschrieben – schon dieses eine Adjektiv ist beinahe mehr, als ich vom Wesen der Figur nach 450 Seiten erfahren habe. Ein paar Hintergrundfakten streut der Autor zu seinen Figuren zwar immer ein, was ihr Inneres angeht, ihre Gefühle und die Eigenschaften, die ihren Charakter ausmachen, bleibt das Buch aber an der Oberfläche. Während Belonoz sich irgendwann nur noch in Lilys Dunstkreis zu Wort melden darf, geht ihr Charakter als einziger ein wenig tiefer

Auch beim Stil, der Sprache und dem Aufbau des Romans bin ich ein wenig enttäuscht. Zwar schafft der Autor sprachlich, mit österreichischen Einflüssen, schon eine passende Wiener Atmosphäre, dem Buch fehlt es aber oft an Natürlichkeit. Wie interagieren Personen miteinander? Wie würden sie in der Realität miteinander sprechen? Häufig – zu häufig – kann ich darauf nur antworten: Nicht wie in diesem Buch. Viele Dialoge wirken stelzig, zu viele Informationen für den Leser werden in Gespräche gesteckt, die durch das bereits erlangte Wissen der Figuren überladen wirken. Teilweise werden sogar völlig konstruiert wirkende Situationen erschaffen, die nichts anderes zum Zweck haben, als die bis dahin komplett unwichtig erscheinende Hintergrundgeschichte einer Figur zu erzählen. Und zwar indem sie selbst, die das Ganze in ihren Gedanken vorher kein einziges Mal angedeutet hat, sich hinsetzt und ihr gesamtes Leben in einer unterkühlten, abgeklärten Weise abspult. Ohne Bezug zum Rest der Geschichte, bei einer Person, die keine sonstige Relevanz hat, in einer Art, wie es gar nicht zum Charakter passen will.

Die Ermittlungen selbst, als der Krimi an sich, war, wenn man denn die drögen 150 Seiten am Anfang erst einmal überstanden hatte, doch noch ganz spannend. Zwar konnten mich weder die etwas schwammige Auflösung am Ende noch die einzelnen Ermittlungsschritte vollständig überzeugen, aber ein paar Wendungen waren sehr gut gewählt und der Kriminalfall hatte durchaus seinen Reiz. Bei den Ermittlungen fühlte ich mich dagegen ein wenig hingehalten. Manchmal liefen sie einfach zu offensichtlich in die falsche Richtung, als warteten sie darauf, dass Lily mehr oder weniger durch Zufall wieder ein paar Informationen zufliegen würden. 
Ohnehin ist das Team hinter Belonoz ziemlich nutzlos – man könnte meinen, es gäbe keins, aber fast tägliche Team-Versammlungen beweisen: Es gibt sie, sie tun nur nichts. Nach mittlerweile drei Morden und mehreren verstrichenen Wochen wurden kaum entscheidende Fragen gestellt und das werden sie auch im Laufe dieses Romans erst, wenn es die ‟Ermittler“ (die diese Bezeichnung kaum verdienen) förmlich anspringt. Einem Leser, der regelmäßig Krimis und Thriller in der Hand hält, werden die kaum nachvollziehbaren Lücken in den Ermittlungen vermutlich leider sehr schnell auffallen.

Fazit: Nach einem trägen Anfang war es spannend, allerdings kaum mehr als ein solider Durchschnittskrimi. Der Kriminalfall hat seinen Reiz, die Ermittlungen sind allerdings ein wenig zu träge, die Charaktere größtenteils zu oberflächlich und dem Stil fehlt Natürlichkeit. Für einen Debütroman solide, aber ausbaufähig. Vielleicht wird man ja zukünftig noch einmal was von Lily Horn und Belonoz hören. 3 Sterne. 





Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden (Jan. 2013)
Seiten: 464
ISBN: 978-3552062085
Preis: € [D] 19.90

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage




Mittwoch, 2. Januar 2013

Rezension zu "Böser Wolf" von Nele Neuhaus


 Etwas oberflächlich und zu distanziert

"Böser Wolf" von Nele Neuhaus ist bereits der 6. Teil rund um das K11-Ermittlerteam aus dem Taunus. Nach "Eine unbeliebte Frau" (Teil 1) und "Mordsfreunde" (Teil 2), zwei eher schwachen Bänden am Anfang, lag der Höhepunkt dieser Krimi-Reihe für mich definitiv bei "Tiefe Wunden" (Teil 3) und "Schneewittchen muss sterben" (Teil 4), woran zunächst "Wer Wind sät" (Teil 5) und jetzt leider auch "Böser Wolf" als aktuell letzter Teil nicht mehr heranreichen konnten.

Inhalt: Eine Mädchenleiche wird am Flussufer gefunden. Bodenstein und Kirchhoff tappen im Dunkeln, denn anscheinend wird das Mädchen nirgends vermisst. Währenddessen plant die Fernsehmoderatorin Hanna Herrmann nach einigen Schwierigkeiten und Klagen gegen ihre Sendung diese mit einer großen Enthüllungsstory wieder auf Kurs zu bringen. Dabei wird sie allerdings selbst zur Zielscheibe...

Bevor ich mich an die Bewertung gesetzt habe, habe ich mir überlegt, ob ich hier verraten sollte, worum es in dem Buch wirklich geht, oder, ob die Enthüllung dieses Kerns der Geschichte einen bedeutenden Teil der Spannung ausmacht und daher nicht in eine Rezension gehört. Allerdings scheint es so zu sein, dass viele das Buch bereits schon aufgrund des Themas allein nicht hätten lesen wollen, wenn sie dieses vorher gekannt hätten - die Inhaltsangabe vom Verlag lässt darauf leider nicht schließen und auch ich war ziemlich überrascht, als ich bemerkte, in welche Richtung sich dieser Krimi entwickelte. Also, ohne mehr verraten zu wollen, im Großen und Ganzen geht es um Kindesmissbrauch.

Bereits in "Wer Wind sät" hatte ich das Gefühl, dass Nele Neuhaus sich immer mehr aktuellen, aber vor allem auch größer angelegten Fällen widmet, die für mein Empfinden den Rahmen eines Regionalkrimis fast schon sprengen. Auch in diesem Teil ist das wieder der Fall. Aus der Leiche eines unbekannten Mädchens entwickelt sich ein Fall, der mit der Zeit ein schier unüberblickbares Ausmaß annimmt, ohne jedoch - und damit beginnt mein größtes Problem mit diesem Buch - auch nur ansatzweise in die Tiefe zu gehen. Es schien mir fast so, als hätte die Autorin selbst es ein wenig mit der Angst zu tun bekommen, als sie ihre Figuren in dieses brisante Thema verstrickte, denn sie nähert sich den wirklichen Tätern dieses Mal kaum. Sie bleiben Schattenfiguren, weit im Hintergrund und quasi ohne greifbaren Charakter. Das war für mich eine Enttäuschung. Respekt vor einer Thematik wie dem Kindesmissbrauch ist sicherlich angebracht, aber wer sich entscheidet, einen Kriminalroman zu schreiben und dieses Thema dabei anzusprechen, sollte dann auch den Mut aufbringen, seine Protagonisten sinnvoll agieren zu lassen und sie auch dazu bringen, sich mit den Tätern direkt auseinanderzusetzen. Das passiert nicht, die Distanz bleibt groß.

Wie bei Nele Neuhaus üblich, gibt es wieder einige Nebenfiguren, teilweise auch sehr interessante, die in unzähligen Handlungssträngen langsam zu einem Gesamtbild verflochten werden. Leider macht dies das Buch gerade am Anfang etwas mühselig, denn die Spannung fehlt und bis man die einzelnen Figuren zuordnen kann, vergeht eine Weile. Einige Figuren verhalten sich zudem recht unlogisch, was aber bei diesem Fall leider auch für die Ermittler gilt. Die Entschlüsselung der Frage nach dem Täter beruht oft eher auf fixen Ideen als auf wirklicher Ermittlung. Alles wirkt konstruierter, als ich es von Nele Neuhaus gewohnt bin, und ist außerdem vorhersehbarer. Der Täter drängt sich dem Leser trotz Desinteresse und falschen Ansätzen von Seiten der Ermittler beinahe auf. Spannend war es zwar dennoch, aber nicht immer. Das Ende, an dem es mal wieder zu einer persönlichen Verstrickung von Ermittlern und Fall kommt, wirkte für mich dann auch einfach nur fehl am Platz. Es wirkte wie ein hektisches Anhängsel ohne Sinn.

Sprachlich kann ich Nele Neuhaus nicht kritisieren. Sie schreibt flüssig, hat einen guten Stil und wie alle ihre Romane ist auch "Böser Wolf" insgesamt angenehm zu lesen. Bei all der Distanz zwischen Ermittlern und Tätern hatte ich aber das Gefühl, die Autorin hoffe darauf, dass der Leser allein schon aufgrund der Betroffenheit, welche die Thematik selbst auslöst, an das Buch gefesselt wird. Das funktioniert aber nicht ganz. Es fehlt an vielen Stellen die Tiefe, eine direktere Auseinandersetzung mit den Charakteren und auch eine spannungsgeladene Atmosphäre wollte bei mir nicht aufkommen.

Fazit: "Böser Wolf" ist immer noch kein schlechter Krimi. Nele Neuhaus wählt allerdings ein schwierig zu bearbeitendes Thema, den Kindesmissbrauch, und versucht gleichzeitig, das Ganze auch noch in einem sehr großen Rahmen aufzuziehen. Ich empfand die Story als zu konstruiert und die Charaktere wie auch ihren Umgang miteinander im Rahmen der Ermittlung als zu distanziert - als ob die Autorin mitten in der Geschichte der Mut zur Auseinandersetzung mit ihren eigenen Figuren verlassen hätte. Insgesamt würde ich es "Böser Wolf" solide, aber nicht brillant nennen. Ich habe zwischen 3 und 4 Sternen geschwankt, doch die flüssige Sprache und ein durchaus vorhandener Bann, den das Buch auf mich auslöste und mich weitestgehend fesselte, veranlassen mich zu knappen 4 Sternen. Eine Leseempfehlung mit Einschränkung.



Die Taunus-Krimis (Links zu Amazon.de):
  1. "Eine unbeliebte Frau" (2006) - meine Rezension
  2. "Mordsfreunde" (2007) - meine Rezension
  3. "Tiefe Wunden" (2009) - meine Rezension
  4. "Schneewittchen muss sterben" (2010) - meine Rezension
  5. "Wer Wind sät" (2011) - meine Rezension
  6. "Böser Wolf" (2012)
  

Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden
Erschienen: 11. Oktober 2012
Seiten:480
ISBN: 978-3550080166
Preis: € [D] 19.99

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Rezension zu "Skin Deep" von Laura Jarratt



 Süße Liebesgeschichte mit starken Charakteren

"Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe" von der britischen Autorin Laura Jarratt ist ein Jugendroman über eine junge Liebe unter schwierigen Umständen, der mich mit seinem unerwarteten Tiefgang überzeugen konnte, an anderer Stelle aber leider ein wenig enttäuschte.

Erst einmal zum Inhalt: Acht Monate nach einem schweren Autounfall versucht die 14-jährige Jenna wieder in ihren gewohnten Alltag zurückzufinden, doch das fällt ihr nicht leicht. Durch eine Verbrennung hat sie Narben im Gesicht und ständig das Gefühl angestarrt zu werden, weswegen sie sich sehr zurückgezogen hat. Dass der Unfallfahrer mit einer milden Strafe davon gekommen und ihr eigener Vater eine Aktionsgruppe ins Leben gerufen hat, macht es Jenna auch nicht gerade leichter. Doch dann legen der 16-jährige Ryan und seine Mutter mit ihrem Hausboot im Kanal unweit von Jennas Haus an. Beide fühlen sich als Außenseiter und finden langsam zueinander. Bis ein Mord den kleinen Ort erschüttert...

Zuerst haben mich der Schreibstil und der Aufbau des Romans sehr angesprochen. Obwohl mit einer Altersempfehlung von "ab 12 Jahren" für eine junge Zielgruppe gedacht, überzeugte die Sprache auch mich als erwachsene Leserin, da sie, was den Wortschatz angeht, abwechslungsreich gestaltet und der Satzbau zwar nicht besonders anspruchsvoll, allerdings im Vergleich zu anderen Jugendromanen auch nicht zu einfach, gehalten ist. Erzählt wird die Geschichte aus den Ich-Perspektiven von Jenna und Ryan, die sich kapitelweise abwechseln und dem Leser so Einblick in die Gedankenwelt beider Teenager bekommen.

In den Charakteren dieser beiden Protagonisten liegt die größte Stärke von "Skin Deep". Sie könnten unterschiedlicher kaum sein: Jenna zurückgezogen, unsicher, empfindlich und schüchtern; Ryan selbstbewusst, frühreif, draufgängerisch und trotz harter Fassade auch sensibel. Beide sind nicht nur sehr sympathisch, sondern machen im Laufe des Romans auch eine beachtliche, weitestgehend nachvollziehbare Entwicklung durch, wobei ernstzunehmende Themen, wie Mobbing und psychische Erkrankungen, behandelt werden. Der emotionale Umgang der Protagonisten mit ihren Problemen wird - besonders durch die Ich-Perspektiven - sehr eindringlich beschrieben und der Roman erlangt dadurch auch eine gewisse Tiefe, die ihn sehr lesenswert macht.

Nur manchmal wirkten die Entwicklungen der Charaktere für meinen Geschmack etwas sprunghaft, was meiner Meinung nach vor allem an einem eher Block-artigen Aufbau der Handlung lag. Während erst Jennas Narben und ihr sozialer Rückzug im Mittelpunkt der Geschichte stehen, wird dieses Handlungsabschnitt dann relativ abrupt von Ryans Problemen mit seiner Mutter abgelöst - allerdings waren die leichten Sprünge in den Charakterentwicklungen nicht wirklich störend und sind auch nicht mein größter Kritikpunkt an "Skin Deep". Das ist der Kriminalfall, in den die Handlung letztendlich gipfelt. Hier tummeln sich leider die üblichen Klischees, der Verlauf der Handlung sowie die Auflösung des Falls sind mehr als nur vorhersehbar. Sehr enttäuscht war ich davon, dass besonders der sonst so reif wirkende Ryan in diesem Abschnitt ziemlich an charakterlichem Profil einbüßte und sich stattdessen den naiven Klischee-Handlungen hingab, wie sie in vielen Romanen und Filmen am Fließband zu finden sind. Wie so oft wurde die Polizei zum Feind, unnötige, unkreative Lügengebilde wurden für nichts und wieder nichts geflochten, ihr Einsturz von vorn herein vorherzusehen. Hier verlor der Roman leider seine Innovation und wurde alltäglich. Schade.

Die Liebesgeschichte entwickelt sich allerdings sehr zart, langsam und glaubwürdig. Eine wirklich schön umgesetzte Idee einer ersten Teenagerliebe vieler Widrigkeiten zum Trotz, die man in diesem Roman zu lesen bekommt. Diese romantischen Aspekte gleichen die Klischees wieder ein wenig aus, ebenso wie ein sehr überzeugendes Ende, das den Roman in guter Erinnerung bleiben lässt. Die rosafarbene Gestaltung dieser gebundenen Ausgabe (ohne Schutzumschlag) sollte auch keinen Zweifel daran lassen, dass es in "Skin Deep" in erster Linie um Gefühle und Liebe geht, als um einen spannenden Mordfall. Es ist ein Mädchenbuch.

Fazit: Sehr gefühlvoller Roman über eine junge Teenager-Liebe mit Protagonisten, welche ein nicht alltägliches Schicksal zu bewältigen haben. Leider rutscht die Geschichte durch einen Mordfall ein wenig in das Reich der Klischees ab und verliert dort ein wenig der Stärke der ansonsten innovativen Grundidee. 4 Sterne.


"Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe" von Jenna Jarratt inklusive Leseprobe bei Amazon.de


Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden, Aug. 2012
Seiten: 351
Verlag: Dressler
englischer Originaltitel: Skin Deep
ISBN: 978-3791510330
Preis: € [D] 14.95

Weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch


Samstag, 29. September 2012

Rezension zu "Dornentöchter" von Josephine Pennicott


Ein wenig zu trocken

"Dornentöchter" von Josephine Pennicutt erzählt die Geschichte einer Familie in einem kleinen (fiktiven) tasmanischen Dorf namens Pencubitt, die mir insgesamt gut gefallen hat.

Inhalt: Nach dem Tod ihrer Mutter und der Trennung von ihrem Mann Jack zieht Sadie mit ihrer Tochter Betty nach Tasmanien, in das Dorf Pencubitt, wo sie das Poet's Cottage geerbt hat, das alte Haus ihrer Großmutter Pearl. Pearl war eine berühmte Kinderbuchautorin und sehr exzentrisch, bis sie 1936 im Keller des Poet's Cottage brutal ermordet wurde. Seitdem soll es dort angeblich sogar spuken....
Sadie, selbst auch Autorin, hat sich vorgenommen, die Geheimnisse ihrer Großmutter zu entschlüsseln, ihren Tod aufzuklären und ein Buch über sie zu schreiben. Im Garten des Poet's Cottage lebt noch immer Sadies alte Tante Thomasina, die voller Hass für ihre Mutter ist - ganz im Gegenteil zu ihrer Schwester Marguerite, Sadies Mutter, die stets nur gut von ihr gesprochen hatte. Mit einem anderen Buch über Pearl, geschrieben von ihrer alten Freundin Birdie, die immer noch in Pencubitt lebt, versucht Sadie das Leben ihrer Großmutter zu verstehen...

Dieser Roman, der sich irgendwo zwischen Familienschicksal, Kriminalroman und Gruselgeschichte bewegt, war nicht leicht zu lesen. Auf den knapp 400 Seiten tummeln sich nicht wenige Protagonisten, deren Schicksale und Geschichten zu einem Gesamtbild geflochten werden wollen. Das gelingt der Autorin zwar sehr gut, sodass die Handlung mir zum Schluss sehr stimmig und gut durchdacht erschien, aber mit dem eher trockenen Schreibstil hatte der Roman leider doch einige Längen, die von den kurzen Gänsehaut-Momenten und den starken Charakteren nicht aufgewogen werden konnten. Sprachlich wirkt "Dornentöchter" leider recht altbacken, etwas stelzig und staubig - und das nicht nur in Birdies Buch "Die Netzspinnerin", welches der Leser mit der Hauptfigur Sadie gemeinsam liest, sondern auch in der modernen Gegenwart. Der Wechsel zwischen gegenwärtiger Geschichte und Birdies Erzählungen von Pearl und ihrer ungleichen Freundschaft aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sorgte allerdings ein wenig für Auflockerung.

Die Charaktere waren allesamt sehr vielschichtig und stark und sorgten mit ihren Entwicklungen im Laufe des Romans für Überraschungen. Besonders interessant ist aber Sadies verstorbene Großmutter Pearl, deren Leben in dem kleinen Dorf Pencubitt, der Heimat ihres Mannes Maxwell, alles andere als einfach war. Pearl wurde durch ihre exzentrische, freizügige Art zum Zentrum von Klatsch und Tratsch im Dorf und machte sich schnell Feinde, was die Aufklärung ihrer Ermordung nicht gerade einfach macht. Ihr wurden Affären mit mehreren Männern nachgesagt, sie trank, kleidete sich auffällig und selbst ihre älteste Tochter hatte nichts als Verachtung für sie übrig. Mit Sadie gemeinsam einzutauchen in dieses abenteuerliche Leben, das ein so tragisches Ende nahm, war sehr spannend und macht den eigentlichen Reiz dieses Romans aus.

Fazit: Eine interessante Familiengeschichte mit ein paar Geistern aus der Vergangenheit und einem ungelösten Mordfall. Leider etwas trocken zu lesen, aber dennoch ein lesenswerter Roman aus dem fernen Australien. 4 Sterne



"Dornentöchter" von Josephine Pennicott auf Amazon.de


Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden, Sep. 2012
Seiten: 400
Verlag: List
Originaltitel: Poet's Cottage
ISBN: 978-3471350867
Preis: € [D] 19.99

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage

Sonntag, 20. Mai 2012

Rezension zu "Zorn - Tod und Regen" von Stephan Ludwig


 Auftakt einer vielversprechenden Krimi-Reihe

"Zorn - Tod und Regen" ist der erste Teil einer neuen deutschen Krimireihe von Stephan Ludwig, in deren Mittelpunkt der etwas mürrische Kriminalhauptkommissar Claudius Zorn steht, und ein wirklich gelungenes Debüt, das Hoffnung auf mehr macht.

Zum Inhalt: Claudius Zorn ist Kriminalhauptkommissar in einer nicht nähere bestimmten deutschen Stadt. Einen wirklich spannenden Fall hatte er schon seit Jahren nicht mehr. Dann stört ein brutaler, aber auch rätselhafter Mord an einer Frau, zu dem zunächst auch noch die Leiche fehlt, Zorns langweiligen Alltag. Eine wirkliche Spur gibt es nicht und noch dazu stoßen Zorn und sein Kollege Schröder auf Anzeichen dafür, dass jemand versucht die Ermittlungen zu sabotieren. Ein schwieriger Fall, bei dem sich Zorn auch noch mit dem verhassten Staatanwalt Sauer rumschlagen muss. Und schon bald schlägt der Täter erneut zu...

Auch für mich klang die Beschreibung vom Kommissar Zorn zunächst ein bisschen nach Klischee. Er ist mürrisch, raucht zu viel, trinkt zu viel, ist schlecht gelaunt, gelangweilt und motzt jeden an, der ihm über den Weg läuft. Aber entgegen meiner sich bei einer solchen Beschreibung automatisch anschließenden Erwartungen ist er kein schluffiges, ungepflegtes Ekel, sondern ein ganz attraktiver 42-jähriger, der bei den Frauen gut ankommt und über dessen zynische und gereizte Art ich oft schmunzeln konnte. Zudem ist er ermittlungstechnisch ein wenig inkompetent, von der Jahre andauernden Langeweile eingerostet und fällt so manches Mal ordentlich auf die Nase.

Besonders amüsant dabei ist sein Mitarbeiter Schröder, den er abfällig nur den "dicken Schröder" nennt und ihn ausgehend von seinem jungenhaften, pummeligen Erscheinungsbild für nicht besonders fähig hält. Wenn er sich da mal nicht irrt. Denn Schröder ist für einige Überraschungen gut und nimmt seinem Chef mit seiner gelassenen, gutmütigen, aber auch etwas heimtückischen und ganz schön gerissenen Art gerne mal den Wind aus den schlechtgelaunten Segeln. Zusammen mit dem schmierigen Staatsanwalt Sauer entsteht in Stepahn Ludwigs Krimi ein echt abwechslungsreiches Dream-Team, das nicht nur in einem spannenden Fall ermittelt, sondern auch für etwas auflockernden Witz und einige Frotzeleien sorgt.

Natürlich hat "Zorn - Tod und Regen" aber auch in Sachen Spannung einiges zu bieten. Der Fall hat es in sich. Es geht ganz schön blutig und brutal zu Sache und einige Passagen werden atmosphärisch so dicht beschrieben, dass man als Leser Gänsehaut bekommen kann und Nervenkitzel verspürt. Die Perspektiven wechseln oft und gerade wenn aus der Sicht der Opfer berichtet wird, wird die Erzählweise durch den Wechsel der Zeitform ins Präsens besonders intensiv. Es gibt überraschende und erschreckende Wendungen, die für ein wahres Wechselbad der Gefühle sorgen und sich zudem am Ende glaubwürdig und schlüssig auflösen. Der lockere, flüssige Schreibstil des Autors, der zudem immer das richtige Maß an Details findet, um in manchen Situationen greifbare Spannung zu erzeugen, aber an anderer Stelle nicht durch zu sadistische Schilderungen abzuschrecken, trägt sein Übriges zu diesem sehr unterhaltsamen Lesevergnügen bei.

Fazit: Der Anfang einer Krimireihe, die nicht mit dem sympathischten oder kompetentesten Protagonisten glänzen kann, aber mit einem sehr unterhaltsamen. Ein gelungen zusammengestelltes Team sorgt genauso für Überraschungen, wie der Kriminalfall selbst. Sehr spannend, durchdacht und fesselnd, von der ersten bis zur letzten Seite. 5 Sterne



Die "Zorn"-Reihe (mit Links zu Amazon.de)
  1.  "Zorn - Tod und Regen" (April 2012)
  2.  "Zorn - Vom Lieben und Sterben" (Okt. 2012)

Allgemeine Informationen

Ausgabe: Taschenbuch, 1. Auflage
Seiten: 368
Verlag :Fischer
ISBN: 978-3596193059
Preis: € [D] 8.99

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagsseite