Der
November ist jetzt nur noch neun Tage entfernt, also höchste Zeit noch
ein paar Neuerscheinungen des kommenden Monats vorzustellen, die ich
selbst für interessant halte und gerne lesen möchte - zumindest einige
davon. Das Thema ist "Zeitgenössisch und Historisch", also
Gegenwartsliteratur sowie Fiktion angesiedelt in vergangenen Zeiten.
Posts mit dem Label Gegenwartsliteratur werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Gegenwartsliteratur werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Montag, 23. Oktober 2017
Sonntag, 27. Dezember 2015
Rezension zu "Was uns bleibt ist jetzt" von Meg Wolitzer
Schwächen erst am Ende
"Was uns bleibt ist jetzt" ist mit einer Altersempfehlung von ab 14
Jahren der erste Roman speziell auch für jugendliche Leser aus der Feder
der amerikanischen Autorin Meg Wolitzer, die als Schriftstellerin
bereits mit mehreren ihrer Werke Erfolge feiern konnte.
Mittwoch, 4. November 2015
Wünschenswert im November - Zeitgenössisch und Historisch
Heute zeige ich euch weitere Neuerscheinungen in diesem Monat. Die Genre-Zusammenfassung finde ich bei Romanen, die weder Fantasy noch Science Fiction, noch eindeutige Krimis oder Thriller sind, immer am schwersten. Ich nenne es jetzt "Zeitgenössisch und Historisch" - drin steckt alles von Gegenwartsliteratur bis zum historischen Roman, inklusive Liebesromanen und - wenn auch nicht in diesem Monat - Humorvolles.
Wie schon gestern gilt auch heute: In meinen neuen Kategorien wird nicht mehr nach Altersempfehlungen unterschieden. "Jugendbuch", "All Age" und "Erwachsenenliteratur" werden bunt gemischt vorgestellt, denn ich finde, was anspricht, ist auch lesenswert, ohne dass sich ein Leser dabei Gedanken um eine fiktive Altergrenze machen muss.
Mittwoch, 23. September 2015
Rezension zu "Am Ende der Welt traf ich Noah" von Irmgard Kramer
Ungewöhnlich, seltsam und sehr spannend
"Am Ende der Welt fand ich Noah" ist ein Jugendroman der
österreichischen Autorin Irmgard Kramer, der seine Leser mit einer
ungewöhnlichen Liebesgeschichte in ihren Bann zieht...
Als sich
der Ich-Erzählerin Marlene eine Möglichkeit bietet, aus ihrem Leben zu
entfliehen und ein Abenteuer zu beginnen, ergreift sie diese. Ein roter
Koffer, der herrenlos herumsteht, erregt ihre Aufmerksamkeit und als ein
Fahrer auftaucht, der die Besitzerin abholen will, gibt sie sich ohne
lange Nachzudenken als Irina Pawlowa aus und lässt sich zu einer einsam
gelegenen alten Villa fahren. In dieser Abgeschiedenheit lebt Noah, ein
Junge, der diesen Ort aufgrund einer unerklärlichen Krankheit nicht
verlassen kann und seine Zeit daher einzig mit drei Menschen verbringt:
Der Nonne Schwester Fidelis, dem Koch Anselm und dem Gärtner Viktor.
Während sich Marlene in Noah verliebt, kommt ihr einiges, was sich auf
dem weitläufigen Gelände abspielt, immer rätselhafter vor...
Die
Geschichte beginnt mit Marlenes Griff nach dem roten Koffer und ihrer
schnellen Entscheidung, sich als Irina auszugeben, bereits reichlich
ungewöhnlich - was denkt sich das junge Mädchen nur bei dieser
waghalsigen Aktion, ohne das Wissen irgendeines anderen Menschen in ein
Auto zu steigen und sich an einen unbekannten Ort fahren zu lassen? Sie
schlägt Warnungen so leichtfertig in den Wind und hält ihre Tarnung
entgegen aller Logik auch dann noch aufrecht, als bei mir als Leser
bereits alle Alarmglocken schrillten. Doch schnell war auch ich von der
geheimnisvollen Personenkonstellation und vor allem vom verschlossenen
Noah in deren Zentrum so in den Bann gezogen, dass ich wie Marlene
bereit war, so manche seltsame und kaum nachvollziehbare Entwicklung
hinzunehmen, um nach und nach dem Geheimnissen in der alten Villa auf
die Spur zu kommen.
Als sich dann noch die zarte Liebesgeschichte
zwischen Noah und Marlene entfaltete, war ich längst Feuer und Flamme
für den Roman und konnte ihn vor lauter Spannung kaum aus der Hand
legen. Neben dieser Beziehung lebt der Roman vor allem von der
Atmosphäre der abgeschiedenen Villa umgeben von Wald, Bergen und Seen -
eine einsame Gegend, die, so weit entfernt von jeder Zivilisation, trotz
aller Schönheit der Natur schon bald auch bedrohliche Seiten erahnen
ließ.
Der Mythos dieses altertümlichen Hauses zwischen Verfallserscheinungen und Leerstand mit nur einer Handvoll Leuten auf einem zu großen Gelände spielt für die Stimmung der Geschichte eine große Rolle und zeigt, wie liebevoll detailliert die Autorin hier die intensiven emotionalen Gesichtspunkte der Handlung mit dem stimmungsvollen Ambiente der Umgebung verbindet. Zusammen mit dem sehr gelungenen Schreibstil beweist Irmgard Kramer ein außerordentlichen Gespür dafür, den Leser durch die von ihr geschaffene Welt zu verzaubern und ihn so tief in die Geschichte hineinzuziehen, dass er die reale Welt für einen Moment vergisst und sich voll und ganz auf die ungewöhnlichen Charaktere einlässt. Das hat mich sehr begeistert.
Der Mythos dieses altertümlichen Hauses zwischen Verfallserscheinungen und Leerstand mit nur einer Handvoll Leuten auf einem zu großen Gelände spielt für die Stimmung der Geschichte eine große Rolle und zeigt, wie liebevoll detailliert die Autorin hier die intensiven emotionalen Gesichtspunkte der Handlung mit dem stimmungsvollen Ambiente der Umgebung verbindet. Zusammen mit dem sehr gelungenen Schreibstil beweist Irmgard Kramer ein außerordentlichen Gespür dafür, den Leser durch die von ihr geschaffene Welt zu verzaubern und ihn so tief in die Geschichte hineinzuziehen, dass er die reale Welt für einen Moment vergisst und sich voll und ganz auf die ungewöhnlichen Charaktere einlässt. Das hat mich sehr begeistert.
Mein
einziger Kritikpunkt richtet sich an das Ende der Geschichte und das,
obwohl gerade dieses auch ein riesiges Lob verdient. Hier überrascht die
Autorin mit einem immer wirrer anmutendem Roadtrip, der in einer
plötzlichen Wendung gipfelt, welche den gesamten Inhalt des Romans bis
zu diesem Punkt um hundertachtzig Grad dreht, alles in Frage stellt und
mich als Leserin mit ungeahnten Rätseln konfrontierte. Zwar war es
zunächst spannend und gleichzeitig herausfordernd, die abrupt
auftauchenden neuen Aspekte aus dem Leben der Ich-Erzählerin mit der
vorangegangenen Handlung und den Charakteren gedanklich in Einklang zu
bringen, und rückblickend ließ es mich in einigen zunächst verrückt
wirkenden Details eine starke Symbolik erkennen, doch spätestens die
letzten Seiten des Romans präsentierten mir eine neue "Wirklichkeit",
die mich noch lange nach dem Schließen der Buchdeckel zwang, mich mit
der Frage nach Illusion und Wahrheit zu beschäftigen.
Kann ich
das Ende mit der Entwicklung der Geschichte und meiner eigenen
Vorstellungskraft, meiner eigenen Idee von dem, was möglich ist, in
Einklang bringen? Führt mich die Autorin hier erneut aufs Glatteis? Was
ist echt, was nicht? Ich kann nur sicher sagen, dass ich auch mehrere
Wochen nach dem Lesen zu keinem endgültigen Ergebnis gekommen bin.
Insofern kann ich ohne Zweifel feststellen, dass dieser Roman sehr
speziell ist und eine Tiefe besitzt, die Jugendliche wie Erwachsene
gedanklich lange beschäftigen kann, doch obwohl ich die Wendungen dieser
Geschichte nahezu genial finde, bleibt in ähnlich starker Ausprägung
das Gefühl zurück, dass mir das Ende ein wenig zu plötzlich vor die Füße
gefallen ist, als dass ich es in vollem Umfang akzeptieren könnte -
weder "einfach so" noch nach langem Grübeln.
Fazit: "Am Ende der Welt traf ich Noah" ist ein Roman, der Jugendliche wie Erwachsene in seinen Bann ziehen kann und noch lange Stoff zum Nachdenken zurücklässt. So begeistert ich allerdings zunächst von der Atmosphäre und den Charakteren dieses Buches war, ganz am Ende habe ich ein wenig den Zugang zur Geschichte verloren. Daher vergebe ich trotz außergewöhnlich intensiver Gefühle, die ich mit Irmgard Kramers Werk verbinde, "nur" sehr gute 4 Sterne statt der vollen Punktzahl. Lesenswert ist es allemal.
Allgemeine Informationen
Ausgabe: Gebunden, mit Schutzumschlag
Erschienen: 27. Juli 2015
Altersempfehlung: ab 14 Jahren
Seiten: 352 Seiten
Verlag: Loewe
ISBN: 978-3785581278
Preis: € [D] 17.95
Leserpobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch
Mittwoch, 22. Oktober 2014
Rezension zu "Er ist wieder da" von Timur Vermes (Hörbuch)
Genialer Sprecher in gelungener Satire
Der Debütroman des Journalisten Timur Vermes wurde in Deutschland zum
Bestseller. Die originelle Idee, Adolf Hitler in heutiger Zeit wie nach
einer Zeitreise erwachen zu lassen, hat auch mich neugierig gemacht und
ließ mich zum von Christoph Maria Herbst gelesenen Hörbuch greifen.
Zum Inhalt: Im Sommer 2011 erwacht Adolf Hitler, gerade noch seinem Ende im Führerbunker entgegenblickend, in Berlin. Der Krieg ist offensichtlich zu Ende und auch sonst scheint sich in Deutschland einiges verändert zu haben. Hitler beschließt in dieser Welt, die ihn unverständlicher Weise für einen Doppelgänger seiner selbst hält und ausgesprochen komisch findet, erneut die Macht zu ergreifen. Und so landet Hitler beim Fernsehen – als neuer Star einer Comedy-Show…
Die Handlung beginnt ohne große Umschweife. Hitler erwacht in Berlin, er ist wieder da, 2011. Warum weiß der Leser nicht und auch der Ich-Erzähler Adolf Hitler persönlich hat keine Ahnung, was ihn plötzlich 66 Jahre in die Zukunft befördert hat. Das ist allerdings auch nicht wichtig. Er ist da und nach den ersten Hürden der Eingewöhnung wieder voller Tatendrang – die Rückkehr an die Spitze wird vorbereitet, was Hitler in diverse urkomische Situationen und das ein oder andere Mal an die Grenze seiner Geduld bringt.
Freitag, 30. Mai 2014
Rezension zu "Die Analphabetin, die rechnen konnte" von Jonas Jonasson
Dem Stil treu geblieben
„Die Analphabetin, die rechnen konnte“ ist nach dem Bestsellererfolg
„Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ der
zweite Roman des schwedischen Autors Jonas Jonasson.
Zum Inhalt: Nombeko, ein Mädchen im südafrikanischen Slum, kann nicht lesen, ist aber im Kopfrechnen jedem überlegen. So schafft sie es raus aus dem trostlosen Armutsviertel, ist am Bau von Atomwaffen beteiligt und gelang über Umwege nach Schweden, wo Zwillinge leben, von denen nur einer existiert – der andere nicht…
Die eindeutig beabsichtigte Ähnlichkeit der Titel, die sich auch in der Covergestaltung wiederfindet, deutet es schon an: In neue Gefilde wagt sich Jonasson nicht vor. Er bleibt seinem Schema aus einer weltumspannenden Handlung über längere Handlungszeiträume treu. Auch an Absurdität steht das zweite Werk dem erfolgreichen Debüt in nichts nach.
Wer den Hundertjährigen mochte, wird in der Analphabetin, verkörpert durch die Südafrikanerin Nombeko, eine Nachfolgerin finden, deren Geschichte stilistisch weder eine Weiterentwicklung noch einen Rückschritt darstellt. Die distanzierte Sprache mit überwiegend indirekter Rede, der auf Missverständnissen und unerwartete Direktheit in skurrilen Situationen beruhende Humor, die Kreativität, die sich in den einzelnen liebevoll erdachten und wie zufällig eingestreuten Figuren verbirgt – die Gemeinsamkeiten beider Romane überwiegen deutlich.
Mittwoch, 21. Mai 2014
Rezension zu "Der Distelfink" von Donna Tartt
Schöne Sprache, dünner Inhalt
„Der Distelfink“ von Donna Tartt ist ein Roman, der das Schicksal eines
Jungen im modernen Amerika mit einem von ihm gestohlenen Gemälde
verbindet – in der gebundenen Ausgabe auf 1024 Seiten.
Kurz zum Inhalt: Der dreizehnjährige Theo besucht mit seiner alleinerziehenden Mutter ein Museum in New York, als sich sein Leben auf einen Schlag verändert. Ein Gemälde aus dem Museum, „Der Distelfink“, das er heimlich mitgehen ließ, begleitet ihn von nun an, während er bereits in jungen Jahren den Boden unter den Füßen verliert.
Unter normalen Umständen würde ich den Inhalt klarer anschneiden. Bis zum ersten Wendepunkt der Geschichte, nie mehr als ein guter Klappentext, kurz zusammenzufassen, worum es geht, um dem zukünftigen Leser einen Einblick zu geben, halte ich an sich nicht nur für legitim sondern fast für notwendig. Doch bei diesem Roman fällt mir das schwer, denn der Anfang ist mit seiner Tragik, seinem Tempo und seiner Emotionalität eigentlich schon der beste Teil des gesamten 1000-Seiten-Werkes und, auch wenn dieser Anfang bereits gut 200-300 Seiten umfasst, wird der Klappentext des Verlags dort für meinen Geschmack bereits zu konkret.
Mittwoch, 14. Mai 2014
Rezension zu "Roter Mond" von Benjamin Percy
Werwölfe als Gesellschaftskritik
„Roter Mond“ von Benjamin Percy ist ein stark gesellschaftskritisch
geprägter zeitgenössischer Fantasy-Roman, der die aktuelle, vom
Terrorismus beeinflusste Geschichte der USA in eine alternative
Wirklichkeit überträgt, in der Werwölfe und Menschen gemeinsam auf der
Erde leben.
Zunächst noch einige Worte zum Inhalt: Als sein Vater zum Kriegsdienst einberufen wird, besteigt Patrick ein Flugzeug, das ihn nach Portland zu seiner Mutter bringen soll. Damit beginnen die schlimmsten Stunden seines Lebens, als sich während des Fluges ein Passagier, ein Lykaner, verwandelt und ein Blutbad anrichtet. Der terroristische Anschlag bleibt nicht der einzige…
Claire, eine junge Lykanerin, muss fliehen, als bewaffnete Männer in ihr Elternhaus eindringen. Ist das eine der ersten Gegenmaßnahmen der Regierung?
Chase Williams nutzt unterdessen die wachsende Angst in der Bevölkerung für seinen Wahlkampf. Der radikale Politiker hat große Ziele…
Das ganze Ausmaß der Anschläge ist dagegen noch lange nicht erreicht. Im Untergrund sammeln sich die Terroristen, um das Land endgültig ins Chaos zu stürzen.
Der Roman beginnt stark. Benjamin Percys Idee, die Erdbevölkerung als Mischung aus Menschen und Werwölfen darzustellen, gelingt und ergibt ein glaubwürdiges Gesamtbild. Lykaner existieren in diesem Szenario schon lang. Aufgrund einer Infektion und Mutation haben sie die Fähigkeit sich in ein wolfartiges Wesen zu verwandeln entweder durch Geburt oder durch Übertragung durch einen anderen Werwolf erhalten. Zwar leben sie zwischen den Menschen in der Regel ein normales, menschliches Leben, doch sie sind gezwungen, ihre Instinkte durch Medikamente zu kontrollieren, was von der Regierung überwacht wird.
Montag, 14. April 2014
Rezension zu "Heimflug" von Brittani Sonnenberg
Das Schicksal einer Familie ohne Heimat
Chris und Elise sind Amerikaner, doch Chris macht Karriere in einem internationalen Unternehmen und muss daher häufig umziehen. Elise, seine Ehefrau, folgt ihm – erst allein, später mit den beiden Töchtern Leah und Sophie – von London über Deutschland nach Shanghai und Singapur, mit einigen Jahren und Sommern in den USA dazwischen. Die Familie schwangt zwischen Heim- und Fernweh und muss neben ihrer Heimatlosigkeit einen schweren Schicksalsschlag verarbeiten...
Ähnlich abwechslungsreich wie die Wohnorte der Familie ist von Anfang an die Perspektivwahl im Buch. Nicht nur die vier Mitglieder der Familie, sondern zusätzlich auch mal Angehörige erzählen – mehrheitlich chronologisch, aber mit einigen Sprüngen - vom Leben der Kriegsteins über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten. Auch ein Haus, Elises Elternhaus, darf einmal zu Wort kommen und ein anderes. Mal wechselt der Erzählstil plötzlich in einen reinen Dialog. Die unterschiedlichen Sichtweisen machen diesen Roman zu einem sehr vielseitigen Leseerlebnis und sorgen außerdem dafür, dass man jede der Figuren immer wieder neu wahrnimmt, ihre Eigenschaften durch sie selbst, aber auch durch äußere Beurteilung kennenlernt.
Montag, 17. März 2014
Rezension zu „Der Ruf des Kuckucks“ von Robert Galbraith
J.K. Rowling als Robert Galbraith: Gelungener Detektivroman
„Der Ruf des Kuckucks“ von Robert Galbraith ist ein Detektivroman und
stellt gleichzeitig den Auftakt einer Reihe um den Ermittler Cormoran
Strike seine Assistentin Robin Ellacott dar. Dass sich hinter dem Briten
Robert Galbraith nicht etwa ein aufstrebender Debütautor verbirgt,
sondern hier niemand geringeres als Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling
unter einem Pseudonym schreibt, wurde noch vor der Veröffentlichung in
Deutschland aufgedeckt und ging durch die Medien. Rowling hatte schon
mit dem sozialkritischen Roman „Ein plötzlicher Todesfall“ versucht nach
ihren Riesenerfolgen mit den altersübergreifenden Fantasy-Romanen rund
um den jungen Zauberer in einem völlig anderen Genre Fuß zu fassen. Im
zweiten Anlauf, unter neuem Namen und mit deutlich weniger Medien-Hype,
ist ihr das meiner Meinung nach noch einmal deutlich besser gelungen.
Aber zuerst zum Inhalt:
Cormoran Strike kämpft nicht nur mit
einer Kriegsverletzung, auch finanziell und privat läuft es alles andere
als gut. Dem Detektiv mangelt es an Aufträgen, seine Lebensgefährtin
hat ihn rausgeworfen.
Daher kommt es Strike gerade recht, als der Bruder eines verstorbenen Topmodels auftaucht und ihm ein lukratives Angebot dafür macht, den angeblichen Selbstmord seiner erfolgreichen Schwester Lula noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Zusammen mit der überraschend engagierten neuen Sekretärin Robin macht sich Strike an die Arbeit. Doch die Ermittlungen in der Welt der Schönen und Reichen wird nicht so einfach, wie anfangs gedacht…
Obwohl sich in „Der Ruf des Kuckucks“ zweifellos alles um die Aufdeckung eines Kriminalfalls dreht, würde ich diesen Roman nicht uneingeschränkt als Kriminalroman beschreiben wollen, denn dies könnte einen falschen Eindruck des Spannungsniveaus vermitteln. Es handelt sich nicht um einen elektrisierend spannenden Ermittlerkrimi, schon gar nicht um einen regelrechten Nervenkitzel auslösenden Thriller. Der Roman lebt mehr von den konfliktreichen Figuren und den Dialogen, wird zwar zwischenzeitlich durchaus spannend, bleibt aber ansonsten eher auf einer bodenständigen Ebene interessanter Detektivarbeit, die sich sukzessive dem Ziel nährt und dabei das Leben allerhand verschiedener, hervorragend ausgearbeiteter Charaktere streift. Galbraith (alias Rowling) zeigt hier viel Liebe zum Detail und beschreibt selbst Nebenfiguren mit ausführlich ausgeschmückten und stimmigen Hintergrundgeschichte, was den Figuren dieses Romans eine bemerkenswerte Tiefe gibt. Rowling hat einfach ein sehr gutes Gespür für die Beschreibung unterschiedlichster Menschen und das offenbart sich auch in diesem Roman.
Daher kommt es Strike gerade recht, als der Bruder eines verstorbenen Topmodels auftaucht und ihm ein lukratives Angebot dafür macht, den angeblichen Selbstmord seiner erfolgreichen Schwester Lula noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Zusammen mit der überraschend engagierten neuen Sekretärin Robin macht sich Strike an die Arbeit. Doch die Ermittlungen in der Welt der Schönen und Reichen wird nicht so einfach, wie anfangs gedacht…
Obwohl sich in „Der Ruf des Kuckucks“ zweifellos alles um die Aufdeckung eines Kriminalfalls dreht, würde ich diesen Roman nicht uneingeschränkt als Kriminalroman beschreiben wollen, denn dies könnte einen falschen Eindruck des Spannungsniveaus vermitteln. Es handelt sich nicht um einen elektrisierend spannenden Ermittlerkrimi, schon gar nicht um einen regelrechten Nervenkitzel auslösenden Thriller. Der Roman lebt mehr von den konfliktreichen Figuren und den Dialogen, wird zwar zwischenzeitlich durchaus spannend, bleibt aber ansonsten eher auf einer bodenständigen Ebene interessanter Detektivarbeit, die sich sukzessive dem Ziel nährt und dabei das Leben allerhand verschiedener, hervorragend ausgearbeiteter Charaktere streift. Galbraith (alias Rowling) zeigt hier viel Liebe zum Detail und beschreibt selbst Nebenfiguren mit ausführlich ausgeschmückten und stimmigen Hintergrundgeschichte, was den Figuren dieses Romans eine bemerkenswerte Tiefe gibt. Rowling hat einfach ein sehr gutes Gespür für die Beschreibung unterschiedlichster Menschen und das offenbart sich auch in diesem Roman.
Dienstag, 11. März 2014
Rezension zu "Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat" von Gavin Extence
Ein unglaublich herzlicher Roman...
Der Roman mit dem langen Titel „Das unerhörte Leben des Alex Woods oder
warum das Universum keinen Plan hat“ des britischen Autors Gavin Extence
ist ein Debütroman über einen ungewöhnlichen Jungen und eine
ungewöhnliche Freundschaft…
Alex Woods Leben verändert sich schlagartig, als er zehn Jahre alt ist. Bis dahin führte er ein recht gewöhnliches Leben in einem kleinen Ort im englischen Somerset – sofern man eine wahrsagende Mutter mit Esoterikladen als gewöhnlich bezeichnen kann. Doch plötzlich kennt die ganze Welt seinen Namen, auch die Polizisten, die ihn sieben Jahre später an der Grenze in Dover aufgreifen. Im Auto, das er wegen eines epileptischen Anfalls nicht mehr fahren kann, mit einer größeren Menge Marihuana, obwohl er nie Drogen genommen hat, und mit einer Urne auf dem Beifahrersitz.
Alex beginnt zu erzählen: von dem Ereignis, das ihn berühmt machte, von dem, was danach kam, und von seiner ungewöhnlichen Freundschaft zum mürrischen Mr. Peterson…
So viel - oder besser: so wenig - zum Inhalt. Der muss bei diesem Buch einfach vage bleiben und sich auf Andeutungen beschränken, denn die Ratlosigkeit vom ersten Kapitel an, wenn Alex bei der Polizei sitzt und den Ordnungshütern die merkwürdigen Details seine Reise zu erklären versucht, gehört hier zum Leseprozess einfach dazu. Alex erzählt die Geschichte seines Lebens anschließend chronologisch, angefangen mit dem Moment, der dazu führte, dass plötzlich jeder den Namen des 10jährigen kannte - einen kleinen Hinweis darauf gibt das schöne Cover des Buches.
Montag, 6. Januar 2014
Rezension zu "Es wird keine Helden geben" von Anna Seidl
Hat mich nicht immer berührt...
„Es wird keine Helden geben“ von Anna Seidl ist ein Jugendbuch, das sich
mit der Trauerbewältigung nach einem denkbar schockierenden Ereignis
auseinandersetzt: Einem Amoklauf.
Darum geht es: Miriam ist 15, als an einem normalen Schultag plötzlich die Hölle losbricht. Der Amoklauf eines Mitschülers verändert von einem Moment zum nächsten ihr Leben. Sie versteckt sich und überlebt, doch Tobi, ihre erste große Liebe, hat weniger Glück. Miriams unbeschwertes Leben endet und sie muss sich mit der Trauer, aber auch mit der Frage nach der Schuld auseinandersetzen, denn sie kannte den Amokläufer…
Ich bin
wirklich zwiegespalten bei „Es wird keine Helden geben“. Es ist ein Buch
über ein wirklich schockierendes Thema, es behandelt ein schwieriges
Schicksal. Trauer, Leid und Schuld, viele zerstörte Leben, eine
unfassbare Tragödie, die weltweit leider schon zu oft Realität wurde.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass es schwieriger ist, sich selbst zu
erlauben, auch einem Buch mit einer solchen Thematik kritisch gegenüber
zu stehen. Viele loben dieses Buch und auch mich hat es gelegentlich
berührt – trotzdem wäre es nicht fair den vielen anderen Bücher
gegenüber, wenn ich hier über Kritikpunkte hinweg sehen würde, die ich
ohne diesen alles überschattenden Schwerpunkt „Amoklauf“ anbringen
würde.
Miriam, die Ich-Erzählerin, konnte ich oft verstehen. Ihren Trotz, ihren Schmerz, ihre Leere, ihre Wut, ihre Schuld – das alles sind Abschnitte eines Trauerprozesses, den ich nach einem solchen Schicksalsschlag nachvollziehen kann. Ich habe mich gut in sie hineinversetzen können, selbst dann, wenn es schwer war, wenn sie ungerecht, unausstehlich und vorwurfsvoll war – das alles passt meiner Meinung nach in das Bild der Traumatisierten. Die Entwicklung durch diese Phasen habe ich teilweise allerdings leider vermisst. Vielleicht liegt es auch daran, dass das Buch mit 250 Seiten alles andere als umfangreich ist, doch mir war es häufig zu sprunghaft. Nicht, dass ich der Protagonistin nicht jede Sprunghaftigkeit zugestehen würde. Der Autorin und der Erzählweise kann ich dies nur nicht zugestehen. Ich möchte als Leser das Gefühl haben, Miriam bei ihrem Prozess begleitet zu haben.
Doch dann waren Miriams Gefühle plötzlich wieder fort oder ganz anders und das hat mich als Leserin regelrecht aus der Figur heraus katapultiert, da ich den Eindruck hatte, eine Entwicklung zu verpassen. Vieles schien mir doch zu oberflächlich, ich möchte fast sagen, auch recht plakativ. Das Einfühlsame, das Leise, Nachdenkliche hat mir gefehlt. Miriams Familie zum Beispiel schien deutlich fürsorglicher, als sie sie in ihrem Trotz beschrieb – trotzdem ließ sie eine 15-Jährige in den grenzwertigsten Momenten vollkommen allein, erlaubte ihr nicht nur die Trauer, was ich verstanden hätte, sondern auch einen Hang zur Selbstzerstörung, wo ich mir schon früher eine Intervention gewünscht hätte.
Ein großes Thema ist auch die Beziehung zwischen Miriam und ihrer Mutter – eigentlich die einzige, die näher beleuchtet wird, dabei hätte ich mir das bei einigen anderen auch gewünscht. Aber tiefgehend war auch das leider nicht. Ich bin auch keine moralische Instanz oder lebe hinter dem Mond – Jugendliche trinken gelegentlich Alkohol, obwohl sie keinen dürfen. Aber wenn die Aufarbeitung einer schwierigen Beziehung aus zwei Flaschen Wein und Frauenfilmen besteht, finde ich das nicht nur ein wenig bedenklich, es bleibt mir auch zu sehr an der Oberfläche. Andere Beziehungen erfahren überhaupt keine weitere Entwicklung. Stattdessen tauchte am Ende noch eine Figur auf, deren Rolle mir zu offensichtlich war, die mir zu glatt und „nett“ war. Gerade mit dem Schluss habe ich daher große Schwierigkeiten.
Genug der Kritik, „Es wird keine Helden geben“ lässt sich an vielen Stellen auch gut lesen, es berührte mich auch, wenn ich mich nicht gerade zu sehr über einige Entwicklungen gewundert habe. Gut gelungen fand ich auch die psychotherapeutische Begleitung – als die dann vorhanden war. Eine Hilfe zur akuten Traumabewältigung habe ich am Anfang vermisst.
Auch sprachlich konnte der Roman überzeugen, vor allem, wenn man berücksichtigt, dass die Autorin dieses Buch selbst in sehr jungen Jahren geschrieben hat. Dafür scheint mir das Buch sehr realistisch und es lässt vielleicht über den einen oder anderen Sprung in der Handlung hinwegsehen. Die eingebauten Rückblicke bildeten den Kontrast zwischen Miriams altem Leben und ihrem neuen gut ab – eine interessante Lösung.
Fazit: Ein gutes Jugendbuch zum Thema Amoklauf, das aber aufgrund einer gewissen Sprunghaftigkeit der Hauptfigur nicht immer berühren konnte. Manchmal zu oberflächlich, am Ende ein wenig zu offensichtlich. Nicht schlecht, aber auch nicht überwältigend. Ich vergebe gute 3 Sterne.
Miriam, die Ich-Erzählerin, konnte ich oft verstehen. Ihren Trotz, ihren Schmerz, ihre Leere, ihre Wut, ihre Schuld – das alles sind Abschnitte eines Trauerprozesses, den ich nach einem solchen Schicksalsschlag nachvollziehen kann. Ich habe mich gut in sie hineinversetzen können, selbst dann, wenn es schwer war, wenn sie ungerecht, unausstehlich und vorwurfsvoll war – das alles passt meiner Meinung nach in das Bild der Traumatisierten. Die Entwicklung durch diese Phasen habe ich teilweise allerdings leider vermisst. Vielleicht liegt es auch daran, dass das Buch mit 250 Seiten alles andere als umfangreich ist, doch mir war es häufig zu sprunghaft. Nicht, dass ich der Protagonistin nicht jede Sprunghaftigkeit zugestehen würde. Der Autorin und der Erzählweise kann ich dies nur nicht zugestehen. Ich möchte als Leser das Gefühl haben, Miriam bei ihrem Prozess begleitet zu haben.
Doch dann waren Miriams Gefühle plötzlich wieder fort oder ganz anders und das hat mich als Leserin regelrecht aus der Figur heraus katapultiert, da ich den Eindruck hatte, eine Entwicklung zu verpassen. Vieles schien mir doch zu oberflächlich, ich möchte fast sagen, auch recht plakativ. Das Einfühlsame, das Leise, Nachdenkliche hat mir gefehlt. Miriams Familie zum Beispiel schien deutlich fürsorglicher, als sie sie in ihrem Trotz beschrieb – trotzdem ließ sie eine 15-Jährige in den grenzwertigsten Momenten vollkommen allein, erlaubte ihr nicht nur die Trauer, was ich verstanden hätte, sondern auch einen Hang zur Selbstzerstörung, wo ich mir schon früher eine Intervention gewünscht hätte.
Ein großes Thema ist auch die Beziehung zwischen Miriam und ihrer Mutter – eigentlich die einzige, die näher beleuchtet wird, dabei hätte ich mir das bei einigen anderen auch gewünscht. Aber tiefgehend war auch das leider nicht. Ich bin auch keine moralische Instanz oder lebe hinter dem Mond – Jugendliche trinken gelegentlich Alkohol, obwohl sie keinen dürfen. Aber wenn die Aufarbeitung einer schwierigen Beziehung aus zwei Flaschen Wein und Frauenfilmen besteht, finde ich das nicht nur ein wenig bedenklich, es bleibt mir auch zu sehr an der Oberfläche. Andere Beziehungen erfahren überhaupt keine weitere Entwicklung. Stattdessen tauchte am Ende noch eine Figur auf, deren Rolle mir zu offensichtlich war, die mir zu glatt und „nett“ war. Gerade mit dem Schluss habe ich daher große Schwierigkeiten.
Genug der Kritik, „Es wird keine Helden geben“ lässt sich an vielen Stellen auch gut lesen, es berührte mich auch, wenn ich mich nicht gerade zu sehr über einige Entwicklungen gewundert habe. Gut gelungen fand ich auch die psychotherapeutische Begleitung – als die dann vorhanden war. Eine Hilfe zur akuten Traumabewältigung habe ich am Anfang vermisst.
Auch sprachlich konnte der Roman überzeugen, vor allem, wenn man berücksichtigt, dass die Autorin dieses Buch selbst in sehr jungen Jahren geschrieben hat. Dafür scheint mir das Buch sehr realistisch und es lässt vielleicht über den einen oder anderen Sprung in der Handlung hinwegsehen. Die eingebauten Rückblicke bildeten den Kontrast zwischen Miriams altem Leben und ihrem neuen gut ab – eine interessante Lösung.
Fazit: Ein gutes Jugendbuch zum Thema Amoklauf, das aber aufgrund einer gewissen Sprunghaftigkeit der Hauptfigur nicht immer berühren konnte. Manchmal zu oberflächlich, am Ende ein wenig zu offensichtlich. Nicht schlecht, aber auch nicht überwältigend. Ich vergebe gute 3 Sterne.
Allgemeine Informationen
Ausgabe: Gebunden
Erschienen: Januar 2014
Seiten: 256
Verlag: Oetinger
ISBN: 978-3789147463
Altersempfehlung: ab 14 Jahren
Preis: € [D] 14.95
Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch
Montag, 4. November 2013
Rezension zu "Die Ordnung der Sterne über Como" von Monika Zeiner
Eine Spur zu aufgesetzt
„Die Ordnung der Sterne über Como“ von Monika Zeiner ist ein mit knapp
über 600 Seiten recht umfangreicher Debütroman über Liebe und
Freundschaft, der 2013 den Sprung auf die Shortlist des Deutschen
Buchpreises geschafft hat.
Inhaltlich geht es um Tom, Musiker aus Berlin, der kurz vor einer Konzerttournee durch Italien von seiner Frau verlassen wird. Doch bevor Tom völlig in seiner Depression versinken kann, spricht ihm unerwartet eine alte Freundin auf den Anrufbeantworter. In Italien könnten sie sich wiedersehen. Betty erinnert Tom an eine bessere Zeit vor vielen Jahren, als sie zu dritt, Betty, Tom und sein bester Freund Marc, glücklich waren. Während seiner Reise nach und durch Italien kehrt Tom zu diesen Erinnerungen zurück…
Sprachlich zeigt sich „Die Ordnung der Sterne über Como“ sehr bildgewaltig, reich an Metaphern und Vergleichen, und nur selten locker-leicht erzählend. Es ist anspruchsvoll geschrieben, teilweise einzigartig und schön, teilweise aber auch recht aufgesetzt. Die Hauptfiguren, verbandelt mit der Musik und moderne Menschen, mehr als 10 Jahre nach ihrer gemeinsamen Zeit, bekamen durch den Stil der Autorin häufig etwas Träges, Schwermütiges, oft schon drückend Depressives und Angestaubtes. Insgesamt herrschte ein alt wirkender Grundton vor, der nicht so recht zu den Protagonisten passen wollte.
Zeiner produziert eine anspruchsvolle Sprache mit langen, stark verzweigten Sätzen und einem Hang zum poetisch-philosophisch Nachdenklichen – durchaus lesenswert und dennoch: Durchgehend blieb das Gefühl, dass die Authentizität von Handlung und Figuren ein wenig dem gewollten literarischen Anspruch geopfert wurde. Man könnte meinen, die Figuren würden in längst vergangenen Zeiten leben, Jahrhunderte zurück, und nicht in der Gegenwart, so sehr fehlt dem Roman manchmal das Moderne.
Sicher hat die Geschichte an sich schon eine nachdenkliche Grundstimmung, gerade Tom zeigt auch klar erkennbare Depressionen, und trotzdem hätten die durchaus vorhandenen Lebensfreude widerspiegelnden Passagen zahlreicher sein können. Die Schwere, gerade im Miteinander der Protagonisten, empfand ich häufig als zu dominant.
Zudem wurden die 600 Seiten mit einer oft so langsamen, beobachtungslastigen und handlungsarmen Geschichte gefüllt, dass sie nicht frei von einigen Längen war. Nicht selten stopfte zu viel Alltagserzählung die Lücken, gerade bei der neben Tom zweiten Hauptfigur, Betty.
Insgesamt sind die Idee und auch die Umsetzung der Geschichte aber gut gelungen. Es ist eine Analyse von Liebe und Freundschaft, eine persönliche Weiterentwicklung durch die Aufarbeitung der Vergangenheit. Die Handlung steuert auf eine unerwartete Dramatik zu, was die Längen zum Teil aufwiegen konnte. Auch die Einflüsse der Musik und der Wechsel zwischen Berlin und Italien waren interessante Elemente des Romans.
Fazit: „Die Ordnung der Sterne über Como“ ist ein guter Debütroman mit einer interessanten Geschichte, die sich mit alter Liebe und Freundschaft befasst. Die 600 Seiten sind nicht frei von Längen und es zeigt sich auch, dass weniger manchmal mehr sein kann, auch bei einem bildgewaltigen Schreibstil. Gelegentlich wirkt es aufgesetzt. 4 Sterne.
Allgemeine Informationen
Ausgabe: Gebunden
Erschienen: März 2013
Seiten: 607
Verlag: Blumenbar
ISBN: 978-3351050009
Preis: € [D] 19.99
Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch
"Die Ordnung der Sterne über Como" von Monika Zeiner bei Amazon
"Die Ordnung der Sterne über Como" von Monika Zeiner bei Amazon
Sonntag, 22. September 2013
Rezension zu "Die drei Leben der Tomomi Ishikawa" von Benjamin Constable
Wirklichkeit oder Einbildung? Ein ewiges Rätsel....
„Die drei Leben der Tomomi Ishikawa“ von Ben Constable ist ein Roman,
der zugleich verwirrt und nachdenklich macht. Was ist real, was
Einbildung? Das ist manchmal schwer zu sagen…

Den
Roman von Benjamin Constable einem Genre zuzuordnen fällt nicht gerade
leicht. Es hat Elemente eines Thrillers, die Jagd nach Tomomi Ishikawas
Vergangenheit ist ohne Frage spannend und die gewonnenen Erkenntnisse
teilweise sehr schockierend. Was das angeht, so hat der Roman meine
Erwartungen, die ich rein aus dem Klappentext heraus entwickelt hatte,
absolut erfüllt. Doch dahinter steckt mehr. „Die drei Leben der Tomomi
Ishikawa“ spielt mit der Verwischung von Realität und Fiktion. Weder
scheint der Protagonist immer zu wissen, was der Wahrheit entspricht –
ob überhaupt etwas der Wahrheit entspricht? – noch kann der Leser diese
Frage nach Wirklichkeit oder Einbildung beantworten.
Was direkt zu Beginn auffällt: Autor und Protagonist tragen denselben Namen. Und nicht nur das – sie sind gleich alt, in England geboren, lebend und arbeitend in Paris, mit dem bisher weitestgehend unerfüllten Wunsch, als Autor Fuß zu fassen. All das kann man nicht nur über die Figur Ben Constable lesen, sondern es findet sich auch in der Biographie des Autors Benjamin Constable. Die Geschichte wird zudem eingeleitet durch ein Gespräch zwischen Tomomi Ishikawa und Ben Constable, darüber, dass er gerne mal ein Buch über sie beide schreiben würde. Wie passend. Versetzt sich der Autor also selbst, als Ich-Erzähler, in seine Geschichte? Es scheint so. Oder?
Selbst in der Geschichte wird die Frage nach Realität oder Fiktion auf mehreren Ebenen immer wieder gestellt. Sind Tomomi Ishikawas Offenbarungen über ihre Vergangenheit, auf deren Spuren Ben Constable wandelt, wahr oder entspringen sie ihrer Vorstellungskraft? Ist sie wirklich tot? Was steckt hinter der Schnitzeljagd? Oder hinter dem imaginären Kater Cat. Dass Cat imaginär ist, steht außer Frage, nur Ben Constable kann ihn sehen – für ihn ist er aber sehr real. Eine imaginäre Katze, die zwar nicht spricht, wenn es sein muss, aber mal die Führungsrolle übernimmt. Das klingt schräg? Ist es auch! Der Roman ist verwirrend, schwer zu deuten und lässt den Leser mit vielen offenen Fragen zurück, allerdings, und das macht ihn zu etwas besonderem, lässt er ihn auch nicht mehr los.
Was direkt zu Beginn auffällt: Autor und Protagonist tragen denselben Namen. Und nicht nur das – sie sind gleich alt, in England geboren, lebend und arbeitend in Paris, mit dem bisher weitestgehend unerfüllten Wunsch, als Autor Fuß zu fassen. All das kann man nicht nur über die Figur Ben Constable lesen, sondern es findet sich auch in der Biographie des Autors Benjamin Constable. Die Geschichte wird zudem eingeleitet durch ein Gespräch zwischen Tomomi Ishikawa und Ben Constable, darüber, dass er gerne mal ein Buch über sie beide schreiben würde. Wie passend. Versetzt sich der Autor also selbst, als Ich-Erzähler, in seine Geschichte? Es scheint so. Oder?
Selbst in der Geschichte wird die Frage nach Realität oder Fiktion auf mehreren Ebenen immer wieder gestellt. Sind Tomomi Ishikawas Offenbarungen über ihre Vergangenheit, auf deren Spuren Ben Constable wandelt, wahr oder entspringen sie ihrer Vorstellungskraft? Ist sie wirklich tot? Was steckt hinter der Schnitzeljagd? Oder hinter dem imaginären Kater Cat. Dass Cat imaginär ist, steht außer Frage, nur Ben Constable kann ihn sehen – für ihn ist er aber sehr real. Eine imaginäre Katze, die zwar nicht spricht, wenn es sein muss, aber mal die Führungsrolle übernimmt. Das klingt schräg? Ist es auch! Der Roman ist verwirrend, schwer zu deuten und lässt den Leser mit vielen offenen Fragen zurück, allerdings, und das macht ihn zu etwas besonderem, lässt er ihn auch nicht mehr los.

Die Schauplätze sind
vielfältig, eine Reise durch Paris und New York in all ihren Facetten,
und immer intensiv beschrieben, mit Liebe zum Detail und sprachlicher
Präzision.
Abgerundet wurde der Roman durch die Tiefe und Vielschichtigkeit der Figuren. Freundschaft, Liebe, Traurigkeit, Depression und Tod – alles ist dabei. Selten kann man die Absichten der Charaktere durchschauen, oft nicht einmal verstehen, und nur langsam setzen sich die Puzzlestücke zusammen, aber nie vollständig. Der Roman und seine Protagonisten geben am Ende viel Stoff zum Nachdenken.
Abgerundet wurde der Roman durch die Tiefe und Vielschichtigkeit der Figuren. Freundschaft, Liebe, Traurigkeit, Depression und Tod – alles ist dabei. Selten kann man die Absichten der Charaktere durchschauen, oft nicht einmal verstehen, und nur langsam setzen sich die Puzzlestücke zusammen, aber nie vollständig. Der Roman und seine Protagonisten geben am Ende viel Stoff zum Nachdenken.
Eine
leichte Lektüre für zwischendurch ist „Die drei Leben der Tomomi
Ishikawa“ sicher nicht. Das Buch hat einen gewissen Anspruch und fordert
Aufmerksamkeit, unterhält aber gleichzeitig auch durch subtilen Humor
mit einem Hang zum Skurrilen und große Bilder für die Vorstellungskraft
des Lesers. Ich kann nicht sagen, dass ich einen solchen Roman erwartet
hätte, denn so etwas Verwirrendes hätte ich mir nicht vorstellen können.
Und dennoch hat es mich begeistert, einfach, weil es etwas ganz
besonderes war. Ein Roman der lange in Erinnerung bleibt.
Fazit:
„Die drei Leben der Tomomi Ishikawa“ ist ein ungewöhnlicher Roman.
Verwirrend und voller Rätsel, ständig auf der Suche zwischen Realität
und Einbildung, dabei wundervoll geschrieben und sowohl zum Lachen wie
auch zum Weinen. Die Geschichte berührt, unterhält und regt zum
Nachdenken an, wenn man sich denn auf das skurrile Abenteuer einlassen
kann. Es lohnt sich. Ein außergewöhnlicher Roman, dem ich, auch wenn er
ein wenig Chaos in meinem Kopf hinterlässt, nur 5 Sterne geben kann.
Allgemeine Informationen
Ausgabe: Gebunden, Sept. 2013
Seiten: 383
Verlag: script5
Originaltitel: Three lives of Tomomi Ishikawa
ISBN: 978-3839001578
Preis: € [D] 18.95
Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage
Sonntag, 8. September 2013
Rezension zu "Die Unvollendete" von Kate Atkinson
Das perfekte Leben?
"Die
Unvollendete" von Kate Atkinson ist ein Roman mit einer interessanten
Idee: Was wäre, wenn man sein Leben immer wieder leben könnte? Wenn man
jede Entscheidung im nächsten Versuch zurücknehmen könnte, wenn man
jedes Mal eine Kleinigkeit verändern könnte? Wäre das Leben irgendwann
perfekt?
11. Februar 1910. Ursula Todd wird als drittes Kind einer
wohlhabenden englischen Familie geboren. Vor ihr liegen jedoch nicht nur
eine behütete Kindheit und unendlich viele Möglichkeiten, sondern auch
zwei Weltkriege. Welchen Weg soll sie einschlagen? Studieren oder nicht?
Heiraten oder nicht? Für Ursula ist keine Entscheidung endgültig, denn
sie wird ihr Leben immer wieder von vorn beginnen und die Fehler
korrigieren. Doch wie viel kann sie überhaupt beeinflussen? Kann sie
glücklich werden und ihre Familie vor jedem Leid bewahren?
"Die Unvollendete" heißt im englischen Original "Life after Life".
Beide Titel beschreiben auf verschiedene Weise wunderbar, worum es hier
geht: Ursula Todd lebt ein Leben nach dem anderen. Doch es ist nicht der
klassische Gedanke der Wiedergeburt, der hier greift, denn Ursula kehrt
nicht in neuer Gestalt in einer zukünftigen Zeit zurück, sondern
wiederholt ihr eigenes Leben wieder und wieder. Immer geboren in einer
verschneiten Februarnacht 1910 in England, als Tochter von Sylvie und
ihrem Mann Hugh, mit zwei älteren Geschwistern. Mit jeder Rückkehr
bekommt sie eine neue Chance andere Entscheidungen zu treffen und Fehler
zu beheben, zunächst eher intuitiv, doch mit jedem Leben wächst die
Wahrnehmung für ihre Gabe. Sie verändert ihr Leben mit jeder
Wiedergeburt, ist sozusagen "unvollendet", ständig versucht, ihr Leben
zu perfektionieren. Manchmal brauchen schon kleine Veränderungen mehrere
Versuche - manchmal erfordern sie rabiate Maßnahmen - und manchmal
verändert eine einzige Entscheidung das gesamte Leben. Wie weit Ursula
diese Perfektionierung treiben kann, ist eine der großen Fragen, welche
die Autorin dem Leser durch ihre Geschichte stellt. Ist ein perfektes
Leben für Ursula möglich?
"Es wurde dunkel" ist wahrscheinlich der häufigste Satz im ganzen
Roman. In der Regel leitet er einen Sprung in die Vergangenheit ein -
ein weiteres Leben für Ursula. Was wird sie dieses Mal anders machen,
was hat sie schon anders gemacht? Nicht immer begleitet der Leser Ursula
von Geburt an, manchmal muss er große Veränderungen nach großen
Zeitsprüngen hinnehmen. "Die Unvollendete" ist dadurch kein Buch für ein
kurzes, oberflächliches Lesevergnügen. Der Leser braucht seine gesamte
Aufmerksamkeit, um Ursulas Entwicklung nicht aus den Augen zu verlieren.
Gerade im späteren Mittelteil wird das schwierig. Ursulas
Erwachsenenleben wird durch Kleinigkeiten von einem Leben zum Nächsten
oft völlig auf den Kopf gestellt. Mal wünscht man ihr das Glück in einem
Leben, dann ist man schockiert von den Tragödien und wünscht sich das
nächste herbei. Ursulas Leben begleiten die Weltkriege. Den ersten
erlebt sie noch recht behütet im Kindesalter, der zweite involviert sie
bis zum Äußersten und prägt ihre Leben durch viel Leid, Tod und
Traurigkeit.
Nicht immer ist es einfach, sich auf jedes neue Leben einzulassen,
die großen Veränderungen lassen die Zahl der Nebenfiguren auch mit der
Zeit ein wenig unübersichtlich werden und durch eine gewisse
Detailverliebtheit der Autorin bleibt der Roman leider auch nicht ohne
Längen. Allerdings lohnt es sich, konzentriert bei der Sache zu bleiben,
denn der Facettenreichtum eines einzelnen Lebens, wie ihn sich die
Autorin für Ursula erdacht hat, ist spannend und beeindruckend. Und
ebenso beeindruckend ist es, wie sich am Ende die Erfahrungen
verschiedener Leben verbinden und einen runden Abschluss bilden, der
tief berührt. Die große Stärke des Romans ist es tatsächlich um eine
einzelne Figur schier unendliche Möglichkeiten zu entwickeln und immer
wieder aufs Neue die Frage zu beantworten, wo es Ursula hingeführt
hätte, wenn sie einmal eine andere Abzweigung genommen hätte. Was sind
ihre Konstanten, was kann sie beeinflussen, wohin führt ihr Charakter
sie immer wieder zurück?
Sprachlich ist "Die Unvollendete" durchaus anspruchsvoll, aber
wunderbar zu lesen. Es vermittelt einen authentischen Eindruck der
Handlungszeit und lebt nicht zuletzt auch von der starken Protagonistin,
deren Persönlichkeit sich immer neu entfaltet und daran wächst. Die
Autorin hat ein Händchen für die Details, aber auch für den mal
subtilen, mal etwas schwarzen Humor. Dennoch war es das ein oder andere
Mal ermüdend, Wiederholungen in Ursulas Leben zu lesen oder ihr neuestes
Leid mit zu verfolgen. Dennoch ist vor allem das Ende unglaublich stark
und entschädigt für jedes Durchhaltevermögen.
Fazit: Der Roman „Die Unvollendete“ setzt die Frage nach dem „Was
wäre, wenn?“ großartig um, indem er seine Protagonistin ihr Leben immer
wiederholen und korrigieren lässt. Die Autorin präsentiert eine
unerwartete Vielfalt an Möglichkeiten für das Leben von Ursula Todd.
Einige Längen im Mittelteil wurden nicht vermieden, doch ein
ausdrucksstarkes Ende entschädigt. Sehr gute 4 Sterne für diesen Roman
mit Tiefgang.
Allgemeine Informationen
Ausgabe: Gebunden, Sept. 2013
Seiten: 592
Verlag: Droemer
Originaltitel: Life after Life
ISBN: 978-3426199817
Preis: € [D] 19.99
Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage
Dienstag, 11. Juni 2013
Rezension zu "Die Schwere des Lichts" von Patti Callahan Henry
Bedeutung vs. Natürlichkeit
„Die Schwere des Lichts“ von Patti Callahan Henry ist ein Roman über die Selbstfindung einer Frau.

An sich
geht es in „Die Schwere des Lichts“ tatsächlich um die Selbstfindung von
Ellie, die mit ihrem bisherigen Leben unzufrieden ist. Die Autorin
versucht allerdings, sie ihre Erkenntnisse nicht allein und auf sich
bezogen gewinnen zu lassen, sondern sich zunächst am Leben ihrer Mutter
entlang zu hangeln, die wie Ellie in jungen Jahren ihre große Liebe
aufgegeben hatte. Warum? Aufgrund von äußerem Druck? Wer war die große
Liebe ihrer Mutter? Was geschah zwischen Ellie und Hutch und ließ ihre
eigene Liebe scheitern?
Neben diesen eher persönlich-alltäglichen Fragen, die für mich den interessanten Kern der Geschichte ausmachten, versucht die Autorin dem Buch allerdings auch beinahe zwanghaft etwas mehr weitreichende Tiefe zu geben, was in meinen Augen nicht gelang. Es ist kaum nachzuvollziehen, warum sich die Hauptprotagonistin so sehr in zwei, drei Jahre im frühen Leben ihrer Mutter verbeißt. Stattdessen schien es, als wolle die Autorin unbedingt, falls nötig mit Gewalt, etwas in die Geschichte verpflanzen, das sie zu mehr machen soll, als nur der Bericht einer Midlife Crisis, egal ob Politik oder philosophische Weisheiten.
Und so schaufelt sich die Autorin immer mehr „Schwere“ in ihr Buch. Bedeutungsschwangere Dialoge, denen die Natürlichkeit so sehr fehlt, dass der Leser die Situationen kaum nachvollziehen kann, Vergangenheiten voller Leid, aber auch großer politischer Tragweite– doch Tiefe will sich trotz allem nicht einstellen. Der Inhalt ist nicht nur vorhersehbar, er wirkt auch leer. Fade Charaktere, unsympathische Stereotypen, die langweiliger kaum sein könnten. Ellie, die arme Wahrheitssuchende, hat es an sich nicht einmal schwer beim Leser. Denn ihr Ehemann ist derart unerträglich, seine Launen für den Leser abstoßend und nicht tolerierbar – wer könnte es ihr verdenken, dass sie ihr Leben an der Seite dieses Mannes nicht mehr auszuhalten scheint, dass eine Wiederbegegnung mit ihrem Ex-Freund aus jungen Jahren alte Begehrlichkeiten in ihr weckt?
Der Ehemann, mit Namen Rusty, war tatsächlich eine der Figuren, die mir das Buch am meisten verhagelt haben. Nicht, weil er einfach unsympathisch war, sondern, weil er so stereotyp-unsympathisch, so eine mit vorhersehbarer Unberechenbarkeit gesegnete Mischung aus Macho-Choleriker und Weichei war, dass ich von der Klischeehaftigkeit oft erschüttert war. Den wollte man nicht nur um Ellies Willen nicht mögen, den konnte man nicht mögen. Das allerdings sorgte nicht nur dafür, dass man Ellies Wunsch nach einem Ausbruch aus dieser Ehe nachvollziehen konnte, sondern gleichzeitig auch für mein Unverständnis: Warum hat sie sich darauf überhaupt eingelassen? Die Antwort auf diese Frage erhält der Leser allerdings. Ellies Liebesleben und auch das ihrer Mutter wurde nicht etwa, wie uns das Buch vielleicht weismachen will, Opfer äußerer Umstände, sondern viel persönliche Schwäche und noch mehr Dummheit spielten eine Rolle – teilweise würde ich ihnen sogar berechnende Kälte vorwerfen. So wurde auch die Hauptfigur mir immer unsympathischer…
Ansonsten war Ellie ein nur schwer zugänglicher Charakter. Mit ihren 48 Jahren ist sie langweilig. Das Standard-Hausfrauchen (Schrägstrich: Hobby-Künstlerin) aus gutem Hause. Mann im Golfclub, Tochter auf dem College. Sie weiß nicht, wer sie ist; sie weiß nicht, was sie will – eine Vorzeige-Midlife-Crisis, die sie allerdings auf eine sehr stille, in sich gekehrte Art auslebt. Dieser zum Einschläfernden neigenden Unentschlossenen bei ihrem Selbstfindungsprozess zu folgen, war nicht wirklich aufregend. Der Ich-Erzählerin fehlte es in meinen Augen einfach an persönlicher Stärke. Sie war so passiv, selbst, wenn sie entschlossen auftrat, wirkte sie oft nur wie eine Zuschauerin, die sich von der gegebenen Situation mitziehen ließ. Manchmal ein bisschen trotzig, aber selten nachvollziehbar und wie vieles an dem Buch eher unnatürlich.
Was das Buch für mich ein wenig gerettet hat, waren Stil und Aufbau des Romans. Ellies Bericht wird unterbrochen von den Tagebucheinträgen der Mutter, die doch, wenn sie auch ähnliche Fehler machte wie die Tochter, insgesamt der interessantere Charakter war, der aktivere, der sein Leben stärker selbst in die Hand nahm und sich nicht so sehr fremdbestimmen ließ, wie es sich bei Ellie präsentierte. Der Schreibstil ist außerdem hervorragend, bildhafte Beschreibungen, Nachdenklichkeit mit Tiefe – jedenfalls dann, wenn die Autorin nicht dicker aufträgt als nötig. Ein schönes Haus am See kann doch einfach auch nur ein schönes Haus am See sein – es muss kein Haus sein, in das, der Legende nach, die Menschen dann kommen, wenn sie die Wahrheit finden wollen, nur weil das auf Ellie gerade so gut passt. Da wurde es manchmal unnötig theatralisch und es entstanden derart schwere Dialoge, an denen nichts natürliches mehr war. So entfernten sich die Charaktere oft wieder von mir als Leser, indem ihnen durch die Spur „zu viel“ das Reale geraubt wurde.
Fazit: Eine vorhersehbare Selbstfindung, die leider oft zu dick aufträgt und selten natürlich wirkt. Die Charaktere waren stereotyp, ihr Verhalten oft nicht nachvollziehbar. Durch den guten Stil und eine interessante, wenn auch etwas gezwungen wirkende, Hintergrundgeschichte ist „Die Schwere des Lichts“ durchaus gut lesbar. Ob man es allerdings lesen muss? Meiner Meinung nach nicht. Von mir gibt es gerade einmal knappe 3 Sterne.
Neben diesen eher persönlich-alltäglichen Fragen, die für mich den interessanten Kern der Geschichte ausmachten, versucht die Autorin dem Buch allerdings auch beinahe zwanghaft etwas mehr weitreichende Tiefe zu geben, was in meinen Augen nicht gelang. Es ist kaum nachzuvollziehen, warum sich die Hauptprotagonistin so sehr in zwei, drei Jahre im frühen Leben ihrer Mutter verbeißt. Stattdessen schien es, als wolle die Autorin unbedingt, falls nötig mit Gewalt, etwas in die Geschichte verpflanzen, das sie zu mehr machen soll, als nur der Bericht einer Midlife Crisis, egal ob Politik oder philosophische Weisheiten.
Und so schaufelt sich die Autorin immer mehr „Schwere“ in ihr Buch. Bedeutungsschwangere Dialoge, denen die Natürlichkeit so sehr fehlt, dass der Leser die Situationen kaum nachvollziehen kann, Vergangenheiten voller Leid, aber auch großer politischer Tragweite– doch Tiefe will sich trotz allem nicht einstellen. Der Inhalt ist nicht nur vorhersehbar, er wirkt auch leer. Fade Charaktere, unsympathische Stereotypen, die langweiliger kaum sein könnten. Ellie, die arme Wahrheitssuchende, hat es an sich nicht einmal schwer beim Leser. Denn ihr Ehemann ist derart unerträglich, seine Launen für den Leser abstoßend und nicht tolerierbar – wer könnte es ihr verdenken, dass sie ihr Leben an der Seite dieses Mannes nicht mehr auszuhalten scheint, dass eine Wiederbegegnung mit ihrem Ex-Freund aus jungen Jahren alte Begehrlichkeiten in ihr weckt?
Der Ehemann, mit Namen Rusty, war tatsächlich eine der Figuren, die mir das Buch am meisten verhagelt haben. Nicht, weil er einfach unsympathisch war, sondern, weil er so stereotyp-unsympathisch, so eine mit vorhersehbarer Unberechenbarkeit gesegnete Mischung aus Macho-Choleriker und Weichei war, dass ich von der Klischeehaftigkeit oft erschüttert war. Den wollte man nicht nur um Ellies Willen nicht mögen, den konnte man nicht mögen. Das allerdings sorgte nicht nur dafür, dass man Ellies Wunsch nach einem Ausbruch aus dieser Ehe nachvollziehen konnte, sondern gleichzeitig auch für mein Unverständnis: Warum hat sie sich darauf überhaupt eingelassen? Die Antwort auf diese Frage erhält der Leser allerdings. Ellies Liebesleben und auch das ihrer Mutter wurde nicht etwa, wie uns das Buch vielleicht weismachen will, Opfer äußerer Umstände, sondern viel persönliche Schwäche und noch mehr Dummheit spielten eine Rolle – teilweise würde ich ihnen sogar berechnende Kälte vorwerfen. So wurde auch die Hauptfigur mir immer unsympathischer…
Ansonsten war Ellie ein nur schwer zugänglicher Charakter. Mit ihren 48 Jahren ist sie langweilig. Das Standard-Hausfrauchen (Schrägstrich: Hobby-Künstlerin) aus gutem Hause. Mann im Golfclub, Tochter auf dem College. Sie weiß nicht, wer sie ist; sie weiß nicht, was sie will – eine Vorzeige-Midlife-Crisis, die sie allerdings auf eine sehr stille, in sich gekehrte Art auslebt. Dieser zum Einschläfernden neigenden Unentschlossenen bei ihrem Selbstfindungsprozess zu folgen, war nicht wirklich aufregend. Der Ich-Erzählerin fehlte es in meinen Augen einfach an persönlicher Stärke. Sie war so passiv, selbst, wenn sie entschlossen auftrat, wirkte sie oft nur wie eine Zuschauerin, die sich von der gegebenen Situation mitziehen ließ. Manchmal ein bisschen trotzig, aber selten nachvollziehbar und wie vieles an dem Buch eher unnatürlich.
Was das Buch für mich ein wenig gerettet hat, waren Stil und Aufbau des Romans. Ellies Bericht wird unterbrochen von den Tagebucheinträgen der Mutter, die doch, wenn sie auch ähnliche Fehler machte wie die Tochter, insgesamt der interessantere Charakter war, der aktivere, der sein Leben stärker selbst in die Hand nahm und sich nicht so sehr fremdbestimmen ließ, wie es sich bei Ellie präsentierte. Der Schreibstil ist außerdem hervorragend, bildhafte Beschreibungen, Nachdenklichkeit mit Tiefe – jedenfalls dann, wenn die Autorin nicht dicker aufträgt als nötig. Ein schönes Haus am See kann doch einfach auch nur ein schönes Haus am See sein – es muss kein Haus sein, in das, der Legende nach, die Menschen dann kommen, wenn sie die Wahrheit finden wollen, nur weil das auf Ellie gerade so gut passt. Da wurde es manchmal unnötig theatralisch und es entstanden derart schwere Dialoge, an denen nichts natürliches mehr war. So entfernten sich die Charaktere oft wieder von mir als Leser, indem ihnen durch die Spur „zu viel“ das Reale geraubt wurde.
Fazit: Eine vorhersehbare Selbstfindung, die leider oft zu dick aufträgt und selten natürlich wirkt. Die Charaktere waren stereotyp, ihr Verhalten oft nicht nachvollziehbar. Durch den guten Stil und eine interessante, wenn auch etwas gezwungen wirkende, Hintergrundgeschichte ist „Die Schwere des Lichts“ durchaus gut lesbar. Ob man es allerdings lesen muss? Meiner Meinung nach nicht. Von mir gibt es gerade einmal knappe 3 Sterne.
Allgemeine Informationen
Ausgabe: Taschenbuch, April 2013
Seiten: 313
Verlag: Aufbau Taschenbuch
englischer Originaltitel: Coming Up for Air
ISBN: 978-3-7466-2955-1
Preis: € [D] 9.99
Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage
Sonntag, 9. Juni 2013
Rezension zu "Perla" von Carolina de Robertis
„Perla“ von Carolina de Robertis ist ein in Argentinien angesiedelter Roman, der die
Identitätssuche einer jungen Frau in Buenos Aires mit der politischen
Geschichte des Landes in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts
verbindet.
Inhalt: Perla wächst als einzige Tochter eines
Marineoffiziers und seiner Frau in Buenos Aires auf. Obwohl Perla schon
in jungen Jahren ahnt, dass ihr Vater während der Militärdiktatur
schlimmes getan hat, möglicherweise sogar mitverantwortlich an dem
Verschwinden tausender Menschen war, liebt sie ihre Eltern. Sie hat
gelernt, über die Geschichte ihrer Familie in dem mittlerweile zur
Demokratie zurückgekehrten Land zu schweigen. Erst im Studentenalter,
als ihre Eltern verreist sind, bringt ein unbekannter Mann, der
plötzlich mitten in ihrem Wohnzimmer auftaucht, nackt und nass, als wäre
er gerade dem Wasser entstiegen, sie dazu, sich mit der Vergangenheit
ihrer Familie zu beschäftigen, auch wenn das heißt, dass sie ihre eigene
Identität hinterfragen muss.
Am Anfang war ich noch fasziniert
von „Perla“. Der Mann in ihrem Wohnzimmer ist schwer zu verstehen. Wer
ist er, woher kommt er? Ist er real oder ein Produkt Perlas Phantasie?
Lebendig oder ein zurückgekehrter Toter? Er selbst kann diese Fragen
kaum beantworten, seine Erinnerungen fügen sich erst nach und nach
wieder zusammen, in einem Prozess, den die Autorin mit vielen
philosophischen Schleifen ausschmückt. Diese Monologe, die die
Geschichte des Mannes erzählen, waren oft langwierig, schöne Worte,
denen aber leider immer häufiger die Aussage fehlte. Doch sie waren
nicht das erste Langwierige in diesem Roman. Auch Perla selbst, die als
Ich-Erzählerin auftritt, führt solche Monologe. Lange, lange Abschnitte
an Gedankengängen, die nur selten zum Kern vordringen und diesen auch
klar formulieren.
Während der Hang der Autorin zum Vagen beim rätselhaften Fremden, der nass und verwirrt auf dem Wohnzimmerteppich liegt, noch einen gewissen stilistischen Sinn ergibt, wollte er mir bei Perla, einer jungen Studentin, die in Unterhaltungen mit anderen immer wieder unter Beweis stellt, dass sie sehr wohl zu klaren Gedankengängen in der Lage ist, einfach nicht natürlich erscheinen. Die Dialoge, die klaren Momente, darin habe ich die eigentlich Stärke des Romans empfunden, die vagen Passagen dazwischen wirkten dagegen ein wenig gezwungen: Ein Stil, der keinen anderen Zweck verfolgte, als den Leser mit schönen, aber schwammigen Worten, noch ein wenig davon abzuhalten, die ganze Geschichte zu verstehen und die weitere Entwicklung vorausahnen zu können. Und daran scheitert sie.
Denn, während ich mich zunächst mühsam von Seite zu Seite quälte, versuchte aus Perlas Gedanken die politische Vergangenheit, die Rolle ihrer Eltern und die Verbindung zu den Verschwundenen herauszufiltern und mich eigentlich nur für den geheimnisvollen Mann, nicht aber für den Umgang der Ich-Erzählerin mit ihm, begeistern konnte, wurde es spätestens nach der Hälfte des Buches einfach sehr offensichtlich. Perlas Identitätssuche scheint für den Leser bereits beendet, bevor sie selbst sie begonnen hat.
Perla selbst braucht noch eine Weile, scheint ohnehin eher eine passive Rolle in ihrem eigenen Leben eingenommen zu haben. Wäre sie ein stärkerer Charakter, vielleicht hätte die Geschichte überzeugen können. Doch das ist sie nicht. Unsicherheit, die durch die Vergangenheit ihres Vaters noch verständlich ist, begleitet sie, doch was nicht mehr zu verstehen war, war ihr Umgang mit dem Fremden. Ist er real oder entspringt er ihrer Phantasie? Sollte sie das nicht verwirren, zutiefst berühren? In gewisser Weise ist das sogar der Fall und dennoch hatte ich den Eindruck, als wäre Perla zu oft die unbeteiligte Beobachterin, ein leerer Charakter, der Konfrontationen und Entscheidungen scheut, Gedanken nicht ausspricht und zum Davonlaufen neigt. Sie lässt sich von dem Mann zur Wahrheit führen, nach der sie selbst sich nicht einmal zu suchen getraut hat. Doch ihr Charakter entwickelt sich kaum.
Während der Hang der Autorin zum Vagen beim rätselhaften Fremden, der nass und verwirrt auf dem Wohnzimmerteppich liegt, noch einen gewissen stilistischen Sinn ergibt, wollte er mir bei Perla, einer jungen Studentin, die in Unterhaltungen mit anderen immer wieder unter Beweis stellt, dass sie sehr wohl zu klaren Gedankengängen in der Lage ist, einfach nicht natürlich erscheinen. Die Dialoge, die klaren Momente, darin habe ich die eigentlich Stärke des Romans empfunden, die vagen Passagen dazwischen wirkten dagegen ein wenig gezwungen: Ein Stil, der keinen anderen Zweck verfolgte, als den Leser mit schönen, aber schwammigen Worten, noch ein wenig davon abzuhalten, die ganze Geschichte zu verstehen und die weitere Entwicklung vorausahnen zu können. Und daran scheitert sie.
Denn, während ich mich zunächst mühsam von Seite zu Seite quälte, versuchte aus Perlas Gedanken die politische Vergangenheit, die Rolle ihrer Eltern und die Verbindung zu den Verschwundenen herauszufiltern und mich eigentlich nur für den geheimnisvollen Mann, nicht aber für den Umgang der Ich-Erzählerin mit ihm, begeistern konnte, wurde es spätestens nach der Hälfte des Buches einfach sehr offensichtlich. Perlas Identitätssuche scheint für den Leser bereits beendet, bevor sie selbst sie begonnen hat.
Perla selbst braucht noch eine Weile, scheint ohnehin eher eine passive Rolle in ihrem eigenen Leben eingenommen zu haben. Wäre sie ein stärkerer Charakter, vielleicht hätte die Geschichte überzeugen können. Doch das ist sie nicht. Unsicherheit, die durch die Vergangenheit ihres Vaters noch verständlich ist, begleitet sie, doch was nicht mehr zu verstehen war, war ihr Umgang mit dem Fremden. Ist er real oder entspringt er ihrer Phantasie? Sollte sie das nicht verwirren, zutiefst berühren? In gewisser Weise ist das sogar der Fall und dennoch hatte ich den Eindruck, als wäre Perla zu oft die unbeteiligte Beobachterin, ein leerer Charakter, der Konfrontationen und Entscheidungen scheut, Gedanken nicht ausspricht und zum Davonlaufen neigt. Sie lässt sich von dem Mann zur Wahrheit führen, nach der sie selbst sich nicht einmal zu suchen getraut hat. Doch ihr Charakter entwickelt sich kaum.

Stattdessen ist eine andere Identität, die sie
von der Tochter des Täters zum Opfer macht und von der ihr ein lebender
Toter auf dem Teppichboden ihres Wohnzimmers erzählt, die Lösung? Da ich
niemanden um die Erfahrung bringen möchte, die Geschichte selbst zu
erlesen, kann ich es deutlicher nicht ausdrücken, doch das Ende war für
meinen Geschmack schwach und zu reibungslos.
Die real-politischen Hintergründe des Romans, die Geschichte Argentiniens, die Geschichte der Verschwundenen, sind einer der lesenswerten Bestandteile von „Perla“. Teilweise sind die eingearbeiteten Verweise und die erdachten Einzelschicksale schwer zu verdauen, auch Perlas Geschichte ist nicht leicht zu verarbeiten, auch wenn sie mir am Ende für sie persönlich zu einfach erschien. Nicht „einfach“ im Sinne von „leicht“, es ist kein leichtes Schicksal, sondern „einfach“ im Sinne von „konfliktarm“, da es Perla eine Möglichkeit bot, einer Identität, die sie innerlich zerriss, zu entkommen. Es konnte zwar berühren, aber es war dennoch zu vorhersehbar und zu wendungsarm.
Fazit: Schöner Schreibstil, schöne Worte, aber leider oft verpackt in zu langwierige Gedankengänge. Der Protagonistin Perla selbst fehlt die Entwicklung, dem Ende fehlt der Konflikt. Es ist mehr Märchen als Realität, wodurch die Identitätssuche vor dem Hintergrund einer politischen Ausnahmesituation ihre Tiefe einbüßt.
Eine Empfehlung: Wer an einer gelungeneren Geschichte über die Suche nach der eigenen Identität interessiert ist, dem möchte ich das ebenfalls in diesem Frühjahr erschienene „Hier könnte ich zur Welt kommen“ von Marjorie Celona empfehlen (meine Rezension). Hier fehlt zwar der große politische Hintergrund von „Perla“, die persönliche Entwicklung ist aber deutlich stärker.
Die real-politischen Hintergründe des Romans, die Geschichte Argentiniens, die Geschichte der Verschwundenen, sind einer der lesenswerten Bestandteile von „Perla“. Teilweise sind die eingearbeiteten Verweise und die erdachten Einzelschicksale schwer zu verdauen, auch Perlas Geschichte ist nicht leicht zu verarbeiten, auch wenn sie mir am Ende für sie persönlich zu einfach erschien. Nicht „einfach“ im Sinne von „leicht“, es ist kein leichtes Schicksal, sondern „einfach“ im Sinne von „konfliktarm“, da es Perla eine Möglichkeit bot, einer Identität, die sie innerlich zerriss, zu entkommen. Es konnte zwar berühren, aber es war dennoch zu vorhersehbar und zu wendungsarm.
Fazit: Schöner Schreibstil, schöne Worte, aber leider oft verpackt in zu langwierige Gedankengänge. Der Protagonistin Perla selbst fehlt die Entwicklung, dem Ende fehlt der Konflikt. Es ist mehr Märchen als Realität, wodurch die Identitätssuche vor dem Hintergrund einer politischen Ausnahmesituation ihre Tiefe einbüßt.
Eine Empfehlung: Wer an einer gelungeneren Geschichte über die Suche nach der eigenen Identität interessiert ist, dem möchte ich das ebenfalls in diesem Frühjahr erschienene „Hier könnte ich zur Welt kommen“ von Marjorie Celona empfehlen (meine Rezension). Hier fehlt zwar der große politische Hintergrund von „Perla“, die persönliche Entwicklung ist aber deutlich stärker.
Allgemeine Informationen
Ausgabe: Gebunden, März 2013
Seiten: 336
Verlag: FISCHER Krüger
englischer Originaltitel: Perla
ISBN: 978-3810508539
Preis: € [D] 18.99
Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage
Sonntag, 3. Februar 2013
Rezension zu "Sternenreiter" von Jando
Wenn das Leben mal so einfach wäre
"Sternenreiter - Kleine Sterne leuchten ewig" von Jando ist ein dünnes, illustriertes Büchlein mit gerade einmal 130 Seiten. Von vielen wurde es bereits gelobt, mich hat es allerdings leider nicht richtig packen können.
Inhalt: Mats sieht seine Familie immer seltener, denn er arbeitet viel. Eines Tages hat er einen schweren Unfall, dem ein längerer Krankenhausaufenthalt folgt. Ein merkwürdiger kleiner Junge, den er dort im Krankenhaus kennenlernt, hilft ihm, sein Leben zu überdenken...
Der kleine Junge bleibt in "Sternenreiter" das Geheimnisvolle. Er tauchte einfach im Krankenhaus auf, wohnt dort seitdem und teilt den anderen Patienten seine Lebensweisheiten mit, die im Roman sogar durch ein anderes Schriftbild hervorgehoben werden. Das hat mir für den Lesefluss weniger gefallen. Außerdem problematisch war für mich das Gefühl, nicht selbst entscheiden zu dürfen, welche Aussage, welche Abschnitt einer Unterhaltung oder einer Beschreibung, ich selbst wichtig finde. Alles war vorgegeben. Diese besonders hervorgehobenen Zitate weckten dann in mir aber auch eine Erwartung im Bezug auf ihre Wichtigkeit, die sie meistens nicht halten konnten. Sie wirken sehr weise und sind schön formuliert, waren mir allerdings meistens ein wenig zu einfach und zu platt. Mats scheinen die Denkanstöße des selbstlosen, so unschuldig und doch nicht naiv wirkenden Jungen zu helfen, mich haben sie meistens nicht erreichen können.
Der kleine Junge bleibt in "Sternenreiter" das Geheimnisvolle. Er tauchte einfach im Krankenhaus auf, wohnt dort seitdem und teilt den anderen Patienten seine Lebensweisheiten mit, die im Roman sogar durch ein anderes Schriftbild hervorgehoben werden. Das hat mir für den Lesefluss weniger gefallen. Außerdem problematisch war für mich das Gefühl, nicht selbst entscheiden zu dürfen, welche Aussage, welche Abschnitt einer Unterhaltung oder einer Beschreibung, ich selbst wichtig finde. Alles war vorgegeben. Diese besonders hervorgehobenen Zitate weckten dann in mir aber auch eine Erwartung im Bezug auf ihre Wichtigkeit, die sie meistens nicht halten konnten. Sie wirken sehr weise und sind schön formuliert, waren mir allerdings meistens ein wenig zu einfach und zu platt. Mats scheinen die Denkanstöße des selbstlosen, so unschuldig und doch nicht naiv wirkenden Jungen zu helfen, mich haben sie meistens nicht erreichen können.
Bei vielen Weisheiten habe ich gedacht: 'Wenn's doch nur so einfach wäre.' Denn so sehr der Kern der Lebensweisheiten sicherlich richtig war, die tatsächliche Realität eines Familienvaters schienen sie für mich nicht zu treffen. Es ist ein verträumter Ansatz, ein wenig pathetisch, der meine pragmatische Ader nicht überzeugen konnte.
Der Schreibstil von "Sternenreiter" erinnert tatsächlich eher an ein Märchen, als an einen Roman. Große Teile der Handlung werden sehr schnell, oft nur indirekt durch Dritte, erzählt. Als Stil ist dies verglichen mit anderen Romanen mal eine Abwechslung und durchaus nicht uninteressant, doch für diese Geschichte hat es mir weniger gefallen. Ich war doch sehr distanziert, der entfernte Beobachter. Selbst der Ich-Erzähler blieb mir immer ein wenig fremd. So ging die Geschichte an sich mit ihrer Aktualität und einer ansprechenden Sprache zwar schon ans Herz, stockte aber auf halbem Weg aufgrund der Distanz und der Einfachheit der Lebensweisheiten. Mir fehlte der Tiefgang, der echte Tiefgang.
Zu guter Letzt gibt es einige Zeichnungen, die den Roman unterstützen. Sie sind sehr kindlich gehalten und passen somit zum Buch, auch wenn sie mich persönlich, wie auch das Titelbild künstlerisch überhaupt nicht ansprechen und mich auch nicht zur näheren Betrachtung einluden.
Fazit: Ein mittelmäßiger Roman. Sehr kurz gehalten, schnell erzählt, mit schönen Lebensweisheiten, die mir allerdings oft doch zu platt waren. Vieles wirkte gewollt, konnte mich aber nicht erreichen. Mir fehlte echter Tiefgang. 3 Sterne
Der Schreibstil von "Sternenreiter" erinnert tatsächlich eher an ein Märchen, als an einen Roman. Große Teile der Handlung werden sehr schnell, oft nur indirekt durch Dritte, erzählt. Als Stil ist dies verglichen mit anderen Romanen mal eine Abwechslung und durchaus nicht uninteressant, doch für diese Geschichte hat es mir weniger gefallen. Ich war doch sehr distanziert, der entfernte Beobachter. Selbst der Ich-Erzähler blieb mir immer ein wenig fremd. So ging die Geschichte an sich mit ihrer Aktualität und einer ansprechenden Sprache zwar schon ans Herz, stockte aber auf halbem Weg aufgrund der Distanz und der Einfachheit der Lebensweisheiten. Mir fehlte der Tiefgang, der echte Tiefgang.
Zu guter Letzt gibt es einige Zeichnungen, die den Roman unterstützen. Sie sind sehr kindlich gehalten und passen somit zum Buch, auch wenn sie mich persönlich, wie auch das Titelbild künstlerisch überhaupt nicht ansprechen und mich auch nicht zur näheren Betrachtung einluden.
Fazit: Ein mittelmäßiger Roman. Sehr kurz gehalten, schnell erzählt, mit schönen Lebensweisheiten, die mir allerdings oft doch zu platt waren. Vieles wirkte gewollt, konnte mich aber nicht erreichen. Mir fehlte echter Tiefgang. 3 Sterne
Allgemeine Informationen
Ausgabe: Gebunden, Juli 2012
Seiten: 131
Verlag: Koros Nord
ISBN: 978-3981486315
Preis: € [D] 13.95
Leseprobe und weitere Informationen bei Amazon
Abonnieren
Posts (Atom)