Ungewöhnlich, seltsam und sehr spannend
"Am Ende der Welt fand ich Noah" ist ein Jugendroman der
österreichischen Autorin Irmgard Kramer, der seine Leser mit einer
ungewöhnlichen Liebesgeschichte in ihren Bann zieht...
Als sich
der Ich-Erzählerin Marlene eine Möglichkeit bietet, aus ihrem Leben zu
entfliehen und ein Abenteuer zu beginnen, ergreift sie diese. Ein roter
Koffer, der herrenlos herumsteht, erregt ihre Aufmerksamkeit und als ein
Fahrer auftaucht, der die Besitzerin abholen will, gibt sie sich ohne
lange Nachzudenken als Irina Pawlowa aus und lässt sich zu einer einsam
gelegenen alten Villa fahren. In dieser Abgeschiedenheit lebt Noah, ein
Junge, der diesen Ort aufgrund einer unerklärlichen Krankheit nicht
verlassen kann und seine Zeit daher einzig mit drei Menschen verbringt:
Der Nonne Schwester Fidelis, dem Koch Anselm und dem Gärtner Viktor.
Während sich Marlene in Noah verliebt, kommt ihr einiges, was sich auf
dem weitläufigen Gelände abspielt, immer rätselhafter vor...
Die
Geschichte beginnt mit Marlenes Griff nach dem roten Koffer und ihrer
schnellen Entscheidung, sich als Irina auszugeben, bereits reichlich
ungewöhnlich - was denkt sich das junge Mädchen nur bei dieser
waghalsigen Aktion, ohne das Wissen irgendeines anderen Menschen in ein
Auto zu steigen und sich an einen unbekannten Ort fahren zu lassen? Sie
schlägt Warnungen so leichtfertig in den Wind und hält ihre Tarnung
entgegen aller Logik auch dann noch aufrecht, als bei mir als Leser
bereits alle Alarmglocken schrillten. Doch schnell war auch ich von der
geheimnisvollen Personenkonstellation und vor allem vom verschlossenen
Noah in deren Zentrum so in den Bann gezogen, dass ich wie Marlene
bereit war, so manche seltsame und kaum nachvollziehbare Entwicklung
hinzunehmen, um nach und nach dem Geheimnissen in der alten Villa auf
die Spur zu kommen.
Als sich dann noch die zarte Liebesgeschichte
zwischen Noah und Marlene entfaltete, war ich längst Feuer und Flamme
für den Roman und konnte ihn vor lauter Spannung kaum aus der Hand
legen. Neben dieser Beziehung lebt der Roman vor allem von der
Atmosphäre der abgeschiedenen Villa umgeben von Wald, Bergen und Seen -
eine einsame Gegend, die, so weit entfernt von jeder Zivilisation, trotz
aller Schönheit der Natur schon bald auch bedrohliche Seiten erahnen
ließ.
Der Mythos dieses altertümlichen Hauses zwischen Verfallserscheinungen und Leerstand mit nur einer Handvoll Leuten auf einem zu großen Gelände spielt für die Stimmung der Geschichte eine große Rolle und zeigt, wie liebevoll detailliert die Autorin hier die intensiven emotionalen Gesichtspunkte der Handlung mit dem stimmungsvollen Ambiente der Umgebung verbindet. Zusammen mit dem sehr gelungenen Schreibstil beweist Irmgard Kramer ein außerordentlichen Gespür dafür, den Leser durch die von ihr geschaffene Welt zu verzaubern und ihn so tief in die Geschichte hineinzuziehen, dass er die reale Welt für einen Moment vergisst und sich voll und ganz auf die ungewöhnlichen Charaktere einlässt. Das hat mich sehr begeistert.
Der Mythos dieses altertümlichen Hauses zwischen Verfallserscheinungen und Leerstand mit nur einer Handvoll Leuten auf einem zu großen Gelände spielt für die Stimmung der Geschichte eine große Rolle und zeigt, wie liebevoll detailliert die Autorin hier die intensiven emotionalen Gesichtspunkte der Handlung mit dem stimmungsvollen Ambiente der Umgebung verbindet. Zusammen mit dem sehr gelungenen Schreibstil beweist Irmgard Kramer ein außerordentlichen Gespür dafür, den Leser durch die von ihr geschaffene Welt zu verzaubern und ihn so tief in die Geschichte hineinzuziehen, dass er die reale Welt für einen Moment vergisst und sich voll und ganz auf die ungewöhnlichen Charaktere einlässt. Das hat mich sehr begeistert.
Mein
einziger Kritikpunkt richtet sich an das Ende der Geschichte und das,
obwohl gerade dieses auch ein riesiges Lob verdient. Hier überrascht die
Autorin mit einem immer wirrer anmutendem Roadtrip, der in einer
plötzlichen Wendung gipfelt, welche den gesamten Inhalt des Romans bis
zu diesem Punkt um hundertachtzig Grad dreht, alles in Frage stellt und
mich als Leserin mit ungeahnten Rätseln konfrontierte. Zwar war es
zunächst spannend und gleichzeitig herausfordernd, die abrupt
auftauchenden neuen Aspekte aus dem Leben der Ich-Erzählerin mit der
vorangegangenen Handlung und den Charakteren gedanklich in Einklang zu
bringen, und rückblickend ließ es mich in einigen zunächst verrückt
wirkenden Details eine starke Symbolik erkennen, doch spätestens die
letzten Seiten des Romans präsentierten mir eine neue "Wirklichkeit",
die mich noch lange nach dem Schließen der Buchdeckel zwang, mich mit
der Frage nach Illusion und Wahrheit zu beschäftigen.
Kann ich
das Ende mit der Entwicklung der Geschichte und meiner eigenen
Vorstellungskraft, meiner eigenen Idee von dem, was möglich ist, in
Einklang bringen? Führt mich die Autorin hier erneut aufs Glatteis? Was
ist echt, was nicht? Ich kann nur sicher sagen, dass ich auch mehrere
Wochen nach dem Lesen zu keinem endgültigen Ergebnis gekommen bin.
Insofern kann ich ohne Zweifel feststellen, dass dieser Roman sehr
speziell ist und eine Tiefe besitzt, die Jugendliche wie Erwachsene
gedanklich lange beschäftigen kann, doch obwohl ich die Wendungen dieser
Geschichte nahezu genial finde, bleibt in ähnlich starker Ausprägung
das Gefühl zurück, dass mir das Ende ein wenig zu plötzlich vor die Füße
gefallen ist, als dass ich es in vollem Umfang akzeptieren könnte -
weder "einfach so" noch nach langem Grübeln.
Fazit: "Am Ende der Welt traf ich Noah" ist ein Roman, der Jugendliche wie Erwachsene in seinen Bann ziehen kann und noch lange Stoff zum Nachdenken zurücklässt. So begeistert ich allerdings zunächst von der Atmosphäre und den Charakteren dieses Buches war, ganz am Ende habe ich ein wenig den Zugang zur Geschichte verloren. Daher vergebe ich trotz außergewöhnlich intensiver Gefühle, die ich mit Irmgard Kramers Werk verbinde, "nur" sehr gute 4 Sterne statt der vollen Punktzahl. Lesenswert ist es allemal.
Allgemeine Informationen
Ausgabe: Gebunden, mit Schutzumschlag
Erschienen: 27. Juli 2015
Altersempfehlung: ab 14 Jahren
Seiten: 352 Seiten
Verlag: Loewe
ISBN: 978-3785581278
Preis: € [D] 17.95
Leserpobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch
Bei mir werden es auch 4 Bewertungspunkte geben. Am Ende und der Story habe ich keine Kritik, ich bin vom Aufbau fasziniert. Mich hat Kitsch und viel zu blumige Sprache bei Gedanken von Marlene gestört. So etwas fällt mir immer sehr negativ auf, weil ich es einfach unnötig finde.
AntwortenLöschenPsst, beim ersten Absatz hast du dich mit dem Buchtitel etwas vertan ;-)
Grüß dich lieb,
Damaris
Danke für den Hinweis. Da habe ich wohl gerade an "anfangen" gedacht ;)
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