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Dienstag, 3. November 2015

Wünschenswert im November - Fantasy und Science Fiction



Zeit für ein paar Neuerscheinungen aus diesem November - diese hier stammen alle aus den Genres Fantasy und Science Fiction. Da ich übrigens erst vor wenigen Tagen an einer Unterhaltung beteiligt war, in der es darum ging, dass sich die All-Age-Lesementalität in Deutschland nicht so recht durchsetzt, Jugendbücher belächelt und Young-Adult kaum wahrgenommen werden, werde ich in Zukunft übrigens keine Unterteilungen dieser Art mehr vornehmen. In den Buchbeschreibungen findet ihr eventuell Hinweise, doch ganz allgemein sind in dieser Kategorie alles zu finden, was ins Genre passt - unabhängig von der Altersempfehlung.

Dienstag, 4. November 2014

Rezension zu "Indigo - Das Erwachen" von Jordan Dane



Gelungener Auftakt einer Urban-Fantasy-Reihe

„Indigo – Das Erwachen“ von Jordan Dane ist der Auftakt einer Jugendbuch-Fantasy-Reihe, der durch sein zum Titel passendes strahlend blaues Cover direkt ins Auge springt. 

Inhaltlich geht es um Folgendes: Rayne Darbys jüngerer Bruder Lucas flieht aus der psychiatrischen Einrichtung, in die ihre ältere Schwester Mia ihn nach dem Tod der Eltern einwiesen ließ. Rayne beschließt ihn zu suchen, doch das ist alles andere als ungefährlich, denn eine zweifelhafte Sekte, die Church of Spiritual Freedom, sucht ebenfalls nach Lucas und schreckt vor nichts zurück. Als Rayne in Gefahr gerät, ist es ein Junge namens Gabe, der sie rettet – indem er in blaue Flammen aufgeht. Es scheint eine Verbindung zu ihrem Bruder zu geben…

Die Grundidee der Romans empfand ich von vornherein als überzeugend. Die Autorin verbindet in „Indigo“ Fantasy mit der Idee einer evolutionären Weiterentwicklung der Menschheit, die sich in paranormalen Fähigkeiten von Gedankenmanipulation bis hin zum Kontakt ins Totenreich äußert. Die Verbindung gelingt Jordan Dane recht gut, die Umsetzung der ungewöhnlichen Idee funktioniert durch sehr bildhafte, gut vorstellbare Beschreibungen und einem Aufbau, der zwar noch einige Details im Ungewissen lässt, die Entwicklung der einzelnen Gruppierungen sowie die Herkunft der sogenannten Indigo-Kinder aber Stück für Stück logisch und glaubhaft erklären kann und dem Roman damit ein solides Grundgerüst verschafft.

Sonntag, 26. Oktober 2014

Rezension zu "Wen der Rabe ruft" von Maggie Stiefvater



Maggie Stiefvater sorgt für Gänsehaut

„Wen der Rabe ruft“ von Maggie Stiefvater ist der Auftakt einer neuen Urban-Fantasy-Reihe, die wie schon die vorangegangenen Bücher der amerikanischen Erfolgsautorin im Bereich der All-Age-Literatur anzusiedeln ist und vom Verlag ab 16 Jahren empfohlen wird. Stiefvater begibt sich mit diesem auf insgesamt vier Bände ausgelegten Mehrteiler in den Bereich des Paranormalen: Wahrsager, Geister und alte Energien tief unter der Erde sorgen für Gänsehaut…

Kurz zum Inhalt: Blue ist die Tochter einer Wahrsagerin und hilft jedes Jahr in einer Aprilnacht ihrer Familie dabei, die Seelen der Menschen zu begrüßen, die bald sterben werden, obwohl sie selbst nicht über die Gabe verfügt, Geister zu sehen. Doch in diesem Jahr sieht Blue einen einzigen: Den Geist eines Jungen namens Gansey. Bedeutet das, dass sie für den Tod dieses Unbekannten verantwortlich sein wird? Immerhin lebt sie seit ihrer frühesten Kindheit mit einer Prophezeiung: Wenn sie ihre wahre Liebe küsst, wird dieser Junge sterben.
In der gleichen Stadt suchen vier Jungen nach einem alten Energiepfade, einer Ley-Linie, an der einer Legende nach Glendower, ein mächtiger walisischer König, begraben liegen und auf seine Erweckung warten soll. Einer dieser Jungen ist Gansey…

Mittwoch, 9. Oktober 2013

Rezension zu "Der Seelenfänger" von Chris Moriarty



Inhaltlich überladen, emotional leer

"Der Seelenfänger" von Chris Moriarty ist der Auftakt einer Jugendbuch-Reihe, die versucht mit Magie und einer Kriminalgeschichte das New York des frühen 20. Jahrhunderts aufleben zu lassen. Leider bleibt es bei dem Versuch…

Zum Inhalt: Sascha Kessler, ein jüdischer Junge aus einer der ärmeren Gegenden New York Citys, entdeckt im Alter von 13 Jahren, dass er Magie erkennen kann. Da diese in der Stadt verboten ist und von den Inquisitoren, einer Art Spezialabteilung der Polizei, überwacht wird, macht ihn das für die Behörde zu einem wertvollen Lehrling. Seine Anstellung beim seinem Ausbilder Wolf, einem der bekanntesten Inquisitoren, bedeutet auch für den Jungen eine große Chance. Doch gleich an seinem ersten Tag beginnt die Jagd auf einen Dibbuk, eines der gefährlichsten magischen Wesen. Ob Sascha wirklich helfen kann, diesen Fall zu lösen?

Eigentlich hat „Der Seelenfänger“ alles, was ein guter Jugendfantasy-Roman braucht. Eine gute Grundidee, ein gut gewähltes allgemeines Setting – die Ansiedlung der Handlung im New York des frühen 20. Jahrhunderts ist ungewöhnlich und nicht uninteressant. Auch die Figurenkonstellation mit dem unerfahrenen Sascha, der eigentlich aus einer der Magie nicht abgeneigten Familie stammt und plötzlich zum Inquisitor ausgebildet werden soll, an der Seite des großen, legendengleichen Inquisitors Wolf ist an sich gut gelungen. Für Sascha stellt dies nicht nur aufgrund seiner jungen Jahre und des Konfliktes zwischen den Werten seiner Familie und denen der Polizei in Bezug auf die magische Welt eine Herausforderung dar, sondern ist vor allem auch eine massive finanzielle Verbesserung und eine Absicherung für die Zukunft. Denn Saschas Familie, jüdische Einwanderer, lebt in schlichten, armen Verhältnissen – seine neue Anstellung ist der Zugang zu höheren sozialen Schichten.

Allein der der Hauptfigur steckt damit schon jede Menge Vielschichtigkeit, die nur darauf wartete, herausgekitzelt zu werden, und zusammen mit dem spannenden Plot hätte Moriartys magische Welt also zumindest von der Idee her ein richtig großer Wurf werden können, doch die enttäuschend schwache Umsetzung macht diese Aussicht leider schon nach wenigen Seiten zunichte.

Selten habe ich mich bei einem Roman so sehr über verschenktes Potenzial geärgert wie bei diesem Exemplar. Die Autorin scheint vor allem anderen beim Schreiben mit einer Priorität vorgegangen zu sein: Schnell muss es gehen! Jede Situation muss flott abgehandelt werden, teilweise fehlen gar sämtliche Übergänge. Die aufeinanderfolgenden Ereignisse werden zackig aufgelistet und anders als eine Liste liest sich der schlagartige Wechsel von einer Situation zur nächsten auch nicht. In diesem Fall hat dieses Vorgehen auch rein gar nichts mit dem Erzeugen von Spannung durch ein schnelles Erzähltempo zu tun, es wirkt stattdessen einfach nur plan- und lieblos.

Der gesamte Schreibstil macht dabei einen reichlich unsteten Eindruck. An einigen, leider im Vergleich sehr wenigen, Stellen schafft es die Autorin, ihrem Setting Leben einzuhauchen und somit das New York von vor rund 100 Jahren vor den Augen des Lesers neu entstehen zu lassen. Detaillierte Beschreibungen mit Gespür für die die Stimmung einfangenden Merkmale der Umgebung bleiben jedoch leider die Ausnahme. Trotz unheimlicher Idee und einigen nächtlichen, gruseligen Momenten hatte ich genau ein einziges Mal Gänsehaut – zu wenig, in Anbetracht der Vielzahl von Möglichkeiten, bei denen es genauso hätte sein müssen, aber einfach keinerlei Gefühlsregung zustande kam, weil die Beschreibungen zu schnell kamen und gingen und zu oberflächlich blieben.

Vor allem die Charaktere aber auch der recht komplexe Handlungsverlauf mit vielen Figuren – teilweise der historischen Realität entliehen und Rollen in der magischen Welt angepasst – leiden unter der überstürzten Erzählweise. Blasse Protagonisten wirkten austauschbar, Dialoge gestelzt und der Bösewicht ist so unübersehbar böse, dass es langweilt. Die Handlung, für ein Jugendbuch mit gerade einmal 350 Seiten tatsächlich sehr umfangreich, wirkt durch die Schnelligkeit der Erzählung oft wirr und leblos. Es fehlen einprägsame Momente, die Wirkung auf den Leser erzielen könnten, denn vor allem auf der emotionalen Seite bleibt der Roman dem Leser in vielerlei Hinsicht einiges schuldig. Man kann nicht mit den Figuren lachen, sie berühren einen nicht – ihre Schicksale lassen den Leser kalt. Vor allem diesem Punkt hätte die Autorin sprachlich viel mehr Aufmerksamkeit widmen müssen. Auch bei einem Jugendbuch reicht es nicht, herunterzurasseln, was die Protagonisten tun: Wie sie es tun ist mindestens ebenso entscheidend. Was sie dabei fühlen, wie es ihnen dabei geht, ihre Beweggründe – ein Blick hinter die Kulissen. Doch das wurde versäumt.

Fazit: Ich bin mehr als enttäuscht von „Der Seelenfänger“. Chris Moriarty hatte eine tolle Idee, verortet in einem ungewöhnlichen Setting mit großem Potenzial, aber was nützt das alles, wenn es sprachlich mager umgesetzt wird und so emotional ist wie ein Sachbuch? Kein Gefühl, teilweise wirr – so konnte kein guter Roman aus der Idee werden. Ich kann es nicht weiterempfehlen. Leider nur knappe 2 Sterne. 



Die Sascha-Kessler-Reihe
  1. "Der Seelenfänger" (Sept. 2012, englischer Originaltitel: "The Inquisitor's Apprentice")
  2. "Der Schattenjäger" (Sept. 2013, englischer Originaltitel: "The Watcher in the Shadows")

Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden
Erschienen: September 2013
Seiten: 352
Verlag: Dressler
ISBN: 978-3-7915-1343-0
Preis: € [D] 16.95

Weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch

Sonntag, 8. September 2013

Rezension zu "Die Unvollendete" von Kate Atkinson



 Das perfekte Leben?

"Die Unvollendete" von Kate Atkinson ist ein Roman mit einer interessanten Idee: Was wäre, wenn man sein Leben immer wieder leben könnte? Wenn man jede Entscheidung im nächsten Versuch zurücknehmen könnte, wenn man jedes Mal eine Kleinigkeit verändern könnte? Wäre das Leben irgendwann perfekt?

11. Februar 1910. Ursula Todd wird als drittes Kind einer wohlhabenden englischen Familie geboren. Vor ihr liegen jedoch nicht nur eine behütete Kindheit und unendlich viele Möglichkeiten, sondern auch zwei Weltkriege. Welchen Weg soll sie einschlagen? Studieren oder nicht? Heiraten oder nicht? Für Ursula ist keine Entscheidung endgültig, denn sie wird ihr Leben immer wieder von vorn beginnen und die Fehler korrigieren. Doch wie viel kann sie überhaupt beeinflussen? Kann sie glücklich werden und ihre Familie vor jedem Leid bewahren?


"Die Unvollendete" heißt im englischen Original "Life after Life". Beide Titel beschreiben auf verschiedene Weise wunderbar, worum es hier geht: Ursula Todd lebt ein Leben nach dem anderen. Doch es ist nicht der klassische Gedanke der Wiedergeburt, der hier greift, denn Ursula kehrt nicht in neuer Gestalt in einer zukünftigen Zeit zurück, sondern wiederholt ihr eigenes Leben wieder und wieder. Immer geboren in einer verschneiten Februarnacht 1910 in England, als Tochter von Sylvie und ihrem Mann Hugh, mit zwei älteren Geschwistern. Mit jeder Rückkehr bekommt sie eine neue Chance andere Entscheidungen zu treffen und Fehler zu beheben, zunächst eher intuitiv, doch mit jedem Leben wächst die Wahrnehmung für ihre Gabe. Sie verändert ihr Leben mit jeder Wiedergeburt, ist sozusagen "unvollendet", ständig versucht, ihr Leben zu perfektionieren. Manchmal brauchen schon kleine Veränderungen mehrere Versuche - manchmal erfordern sie rabiate Maßnahmen - und manchmal verändert eine einzige Entscheidung das gesamte Leben. Wie weit Ursula diese Perfektionierung treiben kann, ist eine der großen Fragen, welche die Autorin dem Leser durch ihre Geschichte stellt. Ist ein perfektes Leben für Ursula möglich?

"Es wurde dunkel" ist wahrscheinlich der häufigste Satz im ganzen Roman. In der Regel leitet er einen Sprung in die Vergangenheit ein - ein weiteres Leben für Ursula. Was wird sie dieses Mal anders machen, was hat sie schon anders gemacht? Nicht immer begleitet der Leser Ursula von Geburt an, manchmal muss er große Veränderungen nach großen Zeitsprüngen hinnehmen. "Die Unvollendete" ist dadurch kein Buch für ein kurzes, oberflächliches Lesevergnügen. Der Leser braucht seine gesamte Aufmerksamkeit, um Ursulas Entwicklung nicht aus den Augen zu verlieren. Gerade im späteren Mittelteil wird das schwierig. Ursulas Erwachsenenleben wird durch Kleinigkeiten von einem Leben zum Nächsten oft völlig auf den Kopf gestellt. Mal wünscht man ihr das Glück in einem Leben, dann ist man schockiert von den Tragödien und wünscht sich das nächste herbei. Ursulas Leben begleiten die Weltkriege. Den ersten erlebt sie noch recht behütet im Kindesalter, der zweite involviert sie bis zum Äußersten und prägt ihre Leben durch viel Leid, Tod und Traurigkeit.

Nicht immer ist es einfach, sich auf jedes neue Leben einzulassen, die großen Veränderungen lassen die Zahl der Nebenfiguren auch mit der Zeit ein wenig unübersichtlich werden und durch eine gewisse Detailverliebtheit der Autorin bleibt der Roman leider auch nicht ohne Längen. Allerdings lohnt es sich, konzentriert bei der Sache zu bleiben, denn der Facettenreichtum eines einzelnen Lebens, wie ihn sich die Autorin für Ursula erdacht hat, ist spannend und beeindruckend. Und ebenso beeindruckend ist es, wie sich am Ende die Erfahrungen verschiedener Leben verbinden und einen runden Abschluss bilden, der tief berührt. Die große Stärke des Romans ist es tatsächlich um eine einzelne Figur schier unendliche Möglichkeiten zu entwickeln und immer wieder aufs Neue die Frage zu beantworten, wo es Ursula hingeführt hätte, wenn sie einmal eine andere Abzweigung genommen hätte. Was sind ihre Konstanten, was kann sie beeinflussen, wohin führt ihr Charakter sie immer wieder zurück?

Sprachlich ist "Die Unvollendete" durchaus anspruchsvoll, aber wunderbar zu lesen. Es vermittelt einen authentischen Eindruck der Handlungszeit und lebt nicht zuletzt auch von der starken Protagonistin, deren Persönlichkeit sich immer neu entfaltet und daran wächst. Die Autorin hat ein Händchen für die Details, aber auch für den mal subtilen, mal etwas schwarzen Humor. Dennoch war es das ein oder andere Mal ermüdend, Wiederholungen in Ursulas Leben zu lesen oder ihr neuestes Leid mit zu verfolgen. Dennoch ist vor allem das Ende unglaublich stark und entschädigt für jedes Durchhaltevermögen.

Fazit: Der Roman „Die Unvollendete“ setzt die Frage nach dem „Was wäre, wenn?“ großartig um, indem er seine Protagonistin ihr Leben immer wiederholen und korrigieren lässt. Die Autorin präsentiert eine unerwartete Vielfalt an Möglichkeiten für das Leben von Ursula Todd. Einige Längen im Mittelteil wurden nicht vermieden, doch ein ausdrucksstarkes Ende entschädigt. Sehr gute 4 Sterne für diesen Roman mit Tiefgang.




Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden, Sept. 2013
Seiten: 592
Verlag: Droemer
Originaltitel: Life after Life
ISBN: 978-3426199817
Preis: € [D] 19.99

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage



Freitag, 6. September 2013

Rezension zu "Soul Beach - Frostiges Paradies" von Kate Harrison



Ein virtueller Blick ins Reich der Toten

„Soul Beach – Frostiges Paradies“ von Kate Harrison ist der erste Band einer Trilogie und besticht abgesehen von seinem auffälligen Äußerem – einem matten pink-schwarzen Cover und einer schwarz gefärbten Schnittfläche der Seiten – mit einer spannenden Grundidee, die das Paranormale mit der modernen Welt des Internets verbindet.

Inhalt: Alice trauert um ihre tote Schwester Meggie, die vor Monaten einem immer noch ungeklärten Mord zum Opfer fiel. Zuerst glaubt sie an einen üblen Streich, als sie eines Tages eine E-Mail erhält, in der sie in Meggies Namen auf eine Internetseite namens „Soul Beach“ eingeladen wird. Doch es ist kein Streich, Meggie und viele andere jung verstorbene Menschen leben dort, an einem virtuellen Traumstrand, der auch Alice in seinen Bann zieht. Aber warum sind all die jungen Menschen dort? Ist dieser wunderschöne Strand das Paradies? Je häufiger Alice ihre Schwester besucht, desto unsicherer wird sie…

Die Grundidee dieser Trilogie fand ich eigentlich faszinierend. Dennoch ist mir bereits der Einstieg in die Geschichte schwer gefallen, denn die Autorin schafft es nicht recht, ihre Welt auch stimmig erscheinen zu lassen, was für mich der größte aller Kritikpunkte ist.
Alice besucht den „Soul Beach“ über ihren Computer, er ist eine Seite im Internet, auf der sie sich einloggt und die sie dann von ihrem Stuhl in ihrem Zimmer durch einen Bildschirm beobachtet. Doch das scheint die Autorin immer wieder zu vergessen – sie musste nicht nur mich ständig dran erinnern, es schien mir auch, als würde sie sich selbst immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen.

Denn sie beschreibt den Soul Beach so, als wäre Alice wirklich dort. Beschreibt Brisen, die Alice auf der Haut spürt, beschreibt den Sand unter Alice Füßen, beschreibt Gerüche, die Alice wahrnimmt – und weist dann direkt im nächsten Satz darauf hin, dass all diese Sinneseindrücke natürlich nur „virtuell“ vorhanden seien. Aber wie? Wie riecht man virtuell, wie spürt man einen virtuellen Luftzug? Hätte die Autorin diesen überhaupt beschreiben dürfen? Eigentlich nicht, denn Alice betritt diesen Strand nie wirklich, sie sitzt in ihrem Zimmer. Wie soll das funktionieren, wie stellt sich die Autorin diese Welt vor? Das Traurige ist, ich habe 350 Seiten gelesen und habe nicht die geringste Ahnung. Und die kleinen Hinweise auf die Virtualität zwischendurch, nach fast jedem Sinneseindruck der eigentlich nicht hätte sein dürfen, haben bei mir den Eindruck erweckt, dass es der Autorin selbst kaum anders erging.

Das Grundgerüst der Geschichte funktioniert an sich leider schon einmal nicht. Die Autorin hätte in meinen Augen sehr viel mehr Magie zulassen müssen. Hätte Alice zum Beispiel von ihrem Schreibtischstuhl an den Strand zaubern müssen. Aber das tut sie nicht und deswegen kollidieren ihre Beschreibungen mit der Realität und bilden unüberwindbare Brüche in der Logik, die bei einem guten Fantasy-Roman eigentlich nicht vorkommen dürfen.

Auch der Handlungsverlauf holpert ein wenig. Zunächst baut sich die große Spannung eigentlich dadurch auf, dass Alice in ihren Treffen mit Meggie eine neue Chance sieht, den Mörder ihrer Schwester endlich zu finden. Dass eine 16-jährige Londonerin meint, den Mord, an dessen Aufklärung die Polizei seit Monaten verzweifelt, auf eigene Faust lösen zu können, ist dabei vielleicht ein bisschen weit hergeholt, aber trotz alledem ist es spannend, zumal der Mörder in einigen gruseligen, kurzen und durch eine andere Schriftart hervorgehobenen Kapiteln seine Tat aus seiner Sicht schildert und dabei auch in Bezug auf Alice immer bedrohlicher erscheint.

Doch Alice selbst schwenkt zwischendurch um. Zwar bleibt der Mord an ihrer Schwester das übergeordnete Thema des Buches, doch in diesem ersten Band widmet sie sich plötzlich deutlich mehr der Aufklärung eines anderen Todes. Dieser Umschwung von einem Interesse zum nächsten ging dabei so schnell, dass mich beim zweiten Fall die Spannung nicht mehr recht packen wollte – ich war doch noch dabei zu grübeln, wer wohl Meggies Mörder sein könnte, eine Frage, von der ich nun vermute, dass sie sich über die gesamte Trilogie ziehen wird, während Alice sich noch einigen anderen armen Seelen des Soul Beachs widmen und ihre völlig unglaubwürdige Liebesgeschichte auskosten wird.

Wie diese Liebesgeschichte funktionieren kann, kann die Autorin leider ebenso wenig erklären, wie sie ihre paranormale Welt der Toten erklären kann. Zusätzlich dazu ist es kitschig und vorherzusehen – ach ja, und die ebenfalls gutaussehende und reiche Ergänzung zur obligatorischen Dreiecksbeziehung steht auch schon in den Startlöchern. Das erschien mir alles in allem doch ein wenig plump, obwohl die Charaktere jeder für sich sympathisch und/oder interessant und vielschichtig sind.

Auch im Gesamten betrachtet ist „Soul Beach“ an sich kein schlechtes Buch. Es ist spannend, es unterhält gut und der Schreibstil ist zwar nicht außergewöhnlich, aber flüssig zu lesen, sodass die Geschichte, die zudem einige wirkliche Gänsehautmomente zu bieten hat, schon zu einem kurzweiligen Vergnügen wurde, aus dem ich aber durch all die kleinen und größeren Logiklücken immer wieder hinausgerissen wurde. Insgesamt kann ich der Geschichte eine ordentliche Spannung und eine gewisse Sogwirkung allerdings nicht absprechen. Das Ende war dann aber leider wieder eher durch Kitsch und noch größere Logikfehler gekennzeichnet und konnte mich gar nicht mehr überzeugen.

Fazit: „Soul Beach – Frostiges Paradies“ ist ein zweischneidiges Schwert. Die Grundidee ist sehr interessant, die Umsetzung weist aber zu viele logische Fehler auf. Die Handlung ist sehr spannend, verliert aber den Fokus und wechselt zu schnell auf ein neues Kernthema. Die Charaktere sind sympathisch, die Liebesgeschichte überzeugt aber nicht. Insgesamt hinterlässt dieser Trilogie-Auftakt einen durchwachsenen Eindruck. Ich vergebe 3 Sterne. 



 Die "Soul Beach"-Trilogie (mit Links zu Amazon)
  1. "Frostiges Paradies" (Juni 2013, englischer Originaltitel "Soul Beach")
  2. noch nicht bekannt (englischer Originaltitel "Soul Fire")
  3. noch nicht bekannt (englischer Originaltitel "Soul Storm")

Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden
Seiten: 352
Verlag: Loewe
Altersempfehlung: ab 13 Jahren
ISBN: 978-3785573860
Preis: € [D] 17.95

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage

 

Montag, 5. August 2013

Rezension zu "Die Erleuchtete - Das Dunkel der Seele" von Aimee Agresti



Dunkle Seelen hinter schönen Gesichtern

„Die Erleuchtete – Das Dunkel der Seele“ von Aimee Agresti ist der erste Band einer Trilogie und gleichzeitig auch das Debüt der amerikanischen Autorin. Angesiedelt ist die Handlung dieser Urban-Fantasy im modernen Chicago, wo der ewige Kampf zwischen Himmel und Hölle in eine neue Runde gehen wird, denn, wie das wunderschöne Cover schon vermuten lässt: Es geht um Engel und ihre Widersacher…
 
Zum Inhalt: Haven Terra wurde als kleines Kind am Waldrand gefunden, mit Narben auf Brust und Rücken, die sie immer noch sehr belasten. Mittlerweile führt die 16jährige ein glückliches Leben bei ihrer Pflegemutter und gehört zu den besten Schülern ihres Jahrgangs. Zusammen mit ihrem besten Freund Dante und einem weiteren Schüler ihrer High School, dem verschlossenen Lance, wird sie für ein Stipendium ausgewählt und zu einem mehrmonatigen Praktikum in ein bald neu eröffnendes Hotel in Chicago geschickt. Nicht nur der Luxus des Prestige-Objekts beeindruckt Haven und ihre beiden Mitschüler, sondern auch die jungen Mitarbeiter, die allesamt aussehen wie Topmodels. Doch hinter der schönen Fassade verbergen sich dunkle Abgründe…

Zunächst wirkte der allgemeine Aufbau des Romans ziemlich unglaubwürdig. Drei Schüler werden mitten im Schuljahr aus dem Unterricht gerissen, um in einem Hotel, unqualifiziert wie sie sind, Hilfsarbeiten oder Jobs außerhalb ihrer Möglichkeiten zu erledigen? Zudem landen sie nicht in irgendeinem Hotel, sondern in dem neuen Luxustempel der Stadt, einem Hotel, in dem in den 20er Jahren schon Al Capone gelebt haben soll. Das ist doch vollkommen unrealistisch und so wunderte es mich auf den ersten hundert Seiten ganz besonders, dass keiner der Protagonisten hier wirklich stutzig werden wollte – die nahmen das alles so einfach hin? Stattdessen sind die Ich-Erzählerin und ihre beiden Begleiter, Lance und Dante, völlig geblendet von ihrer neuen Umgebung und besonders von ihren Mentoren aus den Reihen des Syndikats, wie sich die Hotelmitarbeiter selbst nennen. Die Chefin Aurelia ist wunderschön, ebenso ihr Assistent Lucian, der zu Havens Überraschung auch noch mit ihr zu flirten beginnt.

Obwohl die Autorin sehr stark schreibt, bildhaft und atmosphärisch, und den Flair des Hotels mit all dem Luxus und dem den 20er Jahren nachempfundenen Stil wundervoll einfängt, war es doch ein wenig müßig, das erste Drittel des Buches zu lesen. Es ist nicht schwer zu erraten, in welche Richtung sich „Die Erleuchtete“ entwickeln wird. Auch wenn die Autorin im Laufe des Romans einige gute Wendungen einbaut, die Grundzüge müssten jeden Leser, der einen Blick auf das Cover geworfen hat und dem Urban-Fantasy als Genre nicht vollkommen unbekannt ist, von vorn herein vertraut sein. Da war der Hang der Autorin, Details, die leider auch zahlreiche Wiederholungen im Arbeitsalltag der Schüler mit einschlossen, sehr ausführlich zu schildern, schon ein wenig lästig. Nicht zuletzt auch aus dem Grund, weil die Grundidee und die Ausgangssituation – Schüler arbeiten im Hotel statt zur Schule zu gehen - erst dann Sinn ergeben, wenn das manipulative Beiwerk des Hotelier-Syndikats sich zunehmend offenbart.

Ein wenig mehr Schwung hätte dem Buch zu Beginn also meiner Meinung nach wirklich gut getan, hätte auch das Interesse von Lucian an Haven und das gesamte Umfeld dieses merkwürdigen Hotels, in dem 16jährige Praktikanten in Nachtclubs feiern gehen dürfen, weniger nach Kitsch aussehen lassen, denn der Sinn dahinter zeigt sich – nur leider recht spät. Nach etwa einem Drittel findet die Autorin dann allerdings ein gutes Erzähltempo. Immer noch beschreibt sie recht bedacht, tastet sich langsam vor, sie versteht es aber, den Leser mit kleinen Hinweisen so hinzuhalten, dass es nicht langweilig sondern hochspannend wird.
 
Haven, die Ich-Erzählerin ist ein solider Charakter und zeichnet sich besonders durch ihr rationales Verhalten aus. Vertrauen und Misstrauen sind bei ihr wohlüberlegte Prozesse, sie entwickelt sich in angemessener Weise und ist auf angenehme Art intelligent und aufmerksam. Für mich ist diese Protagonistin eine sehr erfrischende Figur gewesen, der ich gerne tiefer in die immer mysteriöser und teilweise sehr gruselig werdende Welt gefolgt bin. Gänsehautmomente hat „Die Erleuchtete“ haufenweise – ein echtes Paradebeispiel für eine gute Urban-Fantasy-Geschichte. Diese Elemente ließen mich den etwas schleppenden und nicht ganz logischen Start auch schnell wieder vergessen, zumal dieser Trilogie-Auftakt mit einigen Wendungen und Überraschungen auf ein wirklich gelungenes, packendes Finale zusteuerte, das mich noch einmal richtig mitreißen konnte.
Auch die Nebencharaktere punkten. Sowohl Dante als auch Lance, Havens Mitschüler, sind abwechslungsreiche Figuren, wie auch die Hotelleiterin Aurelia oder ihr Assistent Lucian.

Fazit: „Die Erleuchtete – Das Dunkel der Seele“ ist ein gelungener Auftakt mit spannenden und mysteriösen Urban-Fantasy-Reihe, die durch starke Charaktere und ein interessantes Setting überzeugen kann. Wäre der Anfang weniger schleppend und an einigen Stellen glaubwürdiger gewesen, wäre ich rundum begeistert. So vergebe ich mit kleinen Abstrichen gute 4 Sterne und freue mich schon auf den zweiten Band. 



Die "Die Erleuchtete"-Trilogie (mit Links zu Amazon)

1. "Das Dunkel der Seele" (Mai 2013, englischer Originaltitel "Illuminate")
2. "Der Ruf des Bösen" (Dez. 2013, englischer Originaltitel "Infatuate")
3. noch nicht bekannt


Allgemeine Informationen

Ausgabe: Klappenbroschur
 Seiten: 576
Verlag : Goldmann
ISBN: 978-3442477548
Preis: € [D]12.99

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage
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Mittwoch, 17. April 2013

Rezension zu "Aeternum" von Andrea Bottlinger



Engel und Dämonen begeistern in Berlin

‟Aeternum“, der Debütroman von Andrea Bottlinger, ist eine in Berlin spielende Urban-Fantasy rund um den ewigen Konflikt zwischen Engeln und Dämonen. Als einer der eher seltenen deutschen Vertreter dieses Genres konnte er mich überzeugen.
 
Kurz zum Inhalt: Ohne Vorwarnung stürzt eines Tages der Alexanderplatz mitten in Berlin ein. Auch die Engel und Dämonen können sich nicht erklären, woher der riesige Krater plötzlich kommt. Obwohl die beiden Gruppen Frieden geschlossen haben, herrscht großes Misstrauen und so beschließen sie, dass beide je einen Vertreter in den Abgrund schicken, um ihn zu erkunden. Ausgewählt werden die Magierin Amanda, die von einem Dämon in seine Dienste gezwungen wurde, als dieser von ihren Fähigkeiten erfahren hatte, und der ausgestoßene Engel Jul. Was die beiden unter Berlin finden, gefährdet nicht nur den Frieden zwischen Dämonen und Engeln sondern könnte auch den Untergang der Erde bedeuten...

Beim Lesen hatte mich ‟Aeternum“ fast von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen. Die 570 Seiten flogen nur so an mir vorüber, was mit Sicherheit zu einem großen Teil auch an der sehr ausgewogenen, flüssig zu lesenden und sehr bildhaft beschreibenden Sprache lag, die meine Vorstellungskraft direkt anregte. Als Perspektive wurde die dritte Person, abwechselnd aus der Sicht des Engels Jul und der menschlichen Magierin Amanda gewählt, was die Geschichte bedingt durch die verschiedenen Einstellungen der beiden Charaktere vielseitig und durchgehend interessant machte.

Amanda und Jul sind dabei beide bis ins kleinste Detail durchdachte, vielschichtige Charaktere, die man als Leser nur zu gern durch die komplexe Handlung dieser Urban-Fantasy begleitet. Obwohl sie augenscheinlich auf verschiedenen Seiten stehen, haben sie doch auch einiges gemeinsam, was sie auf ihrer Reise natürlich auch einander näher bringen wird. So sind beide in gewisser Weise ungewollte Außenseiter. Amanda, die sich nicht freiwillig in die Dienerschaft eines hohen Dämons begeben hat, und Jul, dem die anderen Engel die Flügel genommen und ihn so zu einem Leben auf der Erde gezwungen haben, gehören beide nicht mehr richtig dazu und würden alles dafür tun, ihrem jeweiligen Schicksal zu entkommen. Ein tolles Duo, beide stark auf der einen, aber manchmal auch schwach auf der anderen Seite.

Besonders gelungen ist des Weiteren auch der Fantasy-Anteil des Romans. Engel und Dämonen, ohnehin kein uninteressantes Gebiet, sind hier als Thema sehr konfliktreich umgesetzt. Beide Seiten folgen egoistischen Zielen, beide haben durchaus bösartige Züge, beide werden in diesem Roman zur Gefahr. Die verschiedenen Standpunkte wirkten sehr komplex und gut durchdacht, sodass es mich beim Lesen begeistert hat, wie sich Jul und Amanda zwischen den Stühlen bewegen, sich gegen beide Seiten zur Wehr setzen und dabei auch immer wieder persönliche Konflikte zu bewältigen haben, bis der Roman letztendlich in einem großen, an Spannung kaum zu überbietenden Finale endet, das durchaus Momente zum Nachdenken hatte und zudem auch noch bildgewaltig umgesetzt war.

Denn das Setting des Romans, die gesamte Atmosphäre, hatte es in sich. Berlin, in Schutt und Asche, und ein Untergrund, voller übernatürlicher Phänomene und merkwürdiger Gestalten, wo Jul und Amanda ihre weitreichende Entdeckung machen werden, die dem Krieg zwischen Engel und Dämonen neu entfachen, die Erde in Gefahr bringen und sie selbst von einer spannenden Situation in die nächste katapultieren wird. Besonders in den Abschnitten, in denen sich Jul und Amanda unter der Erde bewegen, hatte ich Gänsehaut, so unheimlich war es dort, und dieses Gruseln erreichte mich durch den eindringlich beschreibenden Schreibstil auch sofort. Allerdings gibt es in diesem Roman auch sehr positive Gänsehautmomente, nämlich in der Beziehung zwischen Amanda und Jul, die sich wundervoll entwickelt, sich aber nicht als Liebesgeschichte zu sehr in den Vordergrund drängt und die Fantasy-Handlung somit zu keiner Zeit überlagert.

Fazit:
Gefühlvoll, spannend und mit komplexen Fantasy-Elementen. Dieser deutsche Urban-Fantasy-Roman hat mich absolut begeistert und mit einer ausdrucksstarken Sprache und durchdachten Charakteren überzeugt. Ich kann es nur weiterempfehlen. 5 Sterne. 




 
Allgemeine Informationen

Ausgabe: Taschenbuch (April 2013)
Seiten: 576
Verlag: Knaur
ISBN: 978-3-426-51179-4
Preis: € [D] 12.99

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage

Montag, 15. April 2013

Rezension zu "Rette mich" - Engel der Nacht 3 - von Becca Fitzpatrick



Der dunkle Engel ist endlich zurück...

‟Rette mich“ ist der lang erwartete dritte Band der insgesamt vierbändigen ‟Engel der Nacht“-Reihe von Becca Fitzpatrick. Nach einem starken ersten Band, ‟Engel der Nacht“, und einer nervenaufreibend endenden Fortsetzung, ‟Bis das Feuer die Nacht erhellt“, ist es jetzt nach fast eineinhalb Jahren soweit – die düstere Urban-Fantasy mit der mitreißenden Liebesgeschichte zwischen der High-School-Schülerin Nora und dem geheimnisvollen gefallenen Engel Patch geht in die nächste Runde. Und ich liebe es immer noch...
 
Inhalt: Nora wurde entführt. Als sie endlich freigelassen wird, befindet sie sich auf dem Friedhof am Grab ihres Vaters und ihr fehlen die Erinnerungen an die vergangenen fünf Monate. Ihre Mutter ist zu allem Überfluss mit Hank Miller zusammen, dem Vater ihrer verhassten Mitschülerin Marcie. Doch so sehr Nora sich bemüht, die Erinnerungen wollen nicht zurückkehren, selbst Patch ist wie ausgelöscht. Ihre beste Freundin Vee lässt kaum ein gutes Haar an ihrem angeblichen Ex-Freund, aber mit der Zeit ahnt Nora das man ihr nicht die Wahrheit sagt, bis sie Scott wieder trifft. Dieser befindet sich immer noch auf der Flucht vor der Schwarzen Hand und führt Nora zurück in die Welt der Nephilim, der gefallenen Engel und zurück zu Patch. Und sie erinnert sich an Hanks wahre Identität...

Zunächst war ich durch den angekündigten Inhalt durchaus etwas skeptisch. Nora hat keine Erinnerungen mehr an den gesamten Handlungszeitraum der ersten beiden Bände. Kann das die Geschichte wirklich voran bringen oder bedeutet es einen Rückschritt, möglicherweise sogar etwas Langeweile für den Leser, wenn dieser gezwungenermaßen der Ich-Erzählerin dabei folgen muss, wie sie Erinnerungen zurück holt, die dem aufmerksamen Leser aus dem ersten beiden Bänden nach wie vor präsent sind? Letztendlich konnte mich die Autorin aber mit diesem Bruch in der Handlung überzeugen. Das Fehlen von Patch in Noras Leben zu Beginn dieses Romans gibt der Geschichte eine glaubhafte Wendung und eine neue Perspektive, gibt der Beziehung der beiden die Gelegenheit, sich neu zu entwickeln, und hält die Handlung am Leben, ohne sie zu monoton werden zu lassen. Gerade die Distanz zwischen Patch und Nora war ein echter Gewinn, denn sie ließ mich von der ersten Seite an mitfiebern – wann finden sie sich wieder?

Besonders aber hat mir diese Wendung auch Nora näher gebracht, die sonst immer ein wenig hinter dem starken männlichen Protagonisten Patch zurückstehen musste. Patch ist natürlich nach wie vor der immer etwas düstere, geheimnisvolle Typ, bei dem jeder Flirt ein Hauch Gefahr bedeutet, aber Nora entwickelt sich von dem hilflosen Mädchen ohne Gedächtnis, mit dem man sehr leicht und sehr intensiv mitfühlen kann, in eine starke Kämpfernatur, die sich – natürlich – auch zurück an Patch' Seite kämpft. Ihr Charakter gewann für mich während dieses Buches deutlich an Profil und wurde Patch immer stärker ebenbürtig – allerdings ohne, dass Patch' Charakterzüge in irgendeiner Form verwässert wurden oder er an Profil verlor.
 
Neben der sehr spannenden Haupthandlung, die wieder den Kampf zwischen den Nephilim und den gefallenen Engeln thematisiert und einen sehr durchdachten Eindruck macht, nimmt die Liebesgeschichte eine mitreißende, aber dennoch nicht alles überschattende Rolle ein. Die Hauptprotagonisten sind nicht blind vor Liebe, ringen mit ihrer eigenen Persönlichkeit um jeden Kompromiss und ergeben so ein Duo mit interessanter Dynamik, das sich aber auch zu tiefer Romantik hinreißen lassen kann. Dieses Liebespaar erzeugt Schmetterlinge im Bauch, ohne jeden Anflug von kitschiger Selbstaufgabe.

Die eigentliche Handlung, das Bündnis der Schwarzen Hand und ihren Plänen zur Befreiung der Nephilim von den gefallenen Engeln, entwickelt sich mit einigen Wendungen und gelungenen Überraschungen zu einem rasanten wie auch vollkommen unerwarteten Finale, das mich absolut begeistert hat. Die Autorin schreibt mit einer sehr ausgefeilten Sprache einen Roman, dessen Fantasy-Elemente zu jeder Zeit glaubwürdig bleiben und flüssig ineinander greifen. Was die ‟Engel der Nacht“-Reihe wieder einzigartig macht, ist die Dunkelheit, diese unfassbar düstere Bedrohung, die in der Atmosphäre dieser Geschichte auf jeder Seite mitschwingt. Man kann nicht aufhören zu lesen und trotz eines eher ruhigeren, dafür gefühlvolleren, Einstiegs in die Handlung, hatte das Buch für mich zu keiner Zeit Längen.

Fazit: Brillanter dritter Band. Die Geschichte erfindet sich selbst neu, die Charaktere entwickeln sich stark und die Liebesgeschichte könnte kaum packender sein – düster und romantisch zugleich. 5 Sterne – jeder Fan der Urban-Fantasy, der diese Reihe noch nicht kennt, sollte das schnell ändern. Es lohnt sich... 



Die "Engel der Nacht"-Reihe (Links zu Amazon.de):
  1. "Engel der Nacht" (Aug. 2010, engl. Originaltitel "Hush, Hush") - Meine Rezension
  2. "Bis das Feuer die Nacht erhellt" (Nov. 2011, engl. Originaltitel "Crescendo") - Meine Rezension
  3. "Rette mich" (März 2013, engl. Originaltitel "Silence")
  4. noch nicht bekannt (engl. Originaltitel "Finale")


Allgemeine Informationen


Ausgabe: Klappenbroschur
Seiten: 448
VerlagPage & Turner
ISBN: 978-3-442-20407-6
Preis: € [D] 16.99
Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage





Dienstag, 1. Januar 2013

Rezension zu "Noir" von Jenny-Mai Nuyen


 Mutig und faszinierend anders

"Noir" von Jenny-Mai Nuyen ist ein spannender, düsterer Fantasy-Roman der mich mit einer gehörigen Portion Mystik vollkommen für sich einnehmen konnte.

Inhalt: Ninos Eltern starben bei einem Autounfall als er noch ein Kind war. Er selbst besitzt die Gabe zu erkennen, wann jemand sterben wird. Auch sein eigener Tod steht kurz bevor, denn er hat gesehen, dass er mit 24 Jahren sterben wird, und sein Geburtstag rückt näher. Auf der Suche nach einem Ausweg interessiert sich Nino für das Paranormale, hält das meiste allerdings für Scharlatanerie. Doch er gerät an einen Mann, der sich Monsieur Samedi nennt, der ihn dazu bringt, seine Ansichten zu überdenken, und ihm Hoffnung macht. Fasziniert ist Nino aber auch von einer jungen Frau, die für Samedi arbeitet. Sie umgibt ein Geheimnis und sich in sie zu verlieben, bringt ihn in Gefahr...

Mit "Noir" entfernt sich Nuyen eindeutig von ihren bisherigen Veröffentlichungen. Dies sind in erster Linie High-Fantasy-Romane für Jugendliche und unterscheiden sich somit in beiden Punkten von ihrem neuen Roman. Denn "Noir" spielt nicht in einer völlig erdachten Welt, sondern im modernen Berlin und ist zudem nicht als Jugendbuch einzustufen sondern zweifelsohne ein Roman für eine erwachsene Leserschaft. Ein so radikaler Schnitt mit der eigenen literarischen Vergangenheit ist mutig, aber er ist der Autorin auch hervorragend gelungen. "Noir" ist mit seiner düsteren Stimmung ein Roman, wie ich ihn noch nicht gelesen habe, und konnte mich mit seiner Einzigartigkeit an sich fesseln und begeistern.

Der Handlungsverlauf teilt sich in zwei Stränge auf. In den "normalen" Kapiteln wird Ninos Geschichte aus der dritten Person erzählt. Diese werden unterbrochen durch von einem zersplitterten Bild, dem ähnlich, welches das Cover zeigt, eingeleiteten und auch durch ein anderes Schriftbild hervorgehobenen Kapiteln, die mit "Jetzt" überschrieben sind, und nicht nur aus der Ich-Perspektive geschildert sind, sondern auch deutlich diffuser, später rasanter und gerade zu Beginn schwer einzuschätzen sind. Ich war beeindruckt davon, wie die Autorin diese verschiedenen Stränge zusammenführt, denn das Ende ist atemberaubend und gemeinsam mit einer auch insgesamt sehr gelungenen Sprache, zeugt dieser Aufbau für mich von einem großen Talent und einer bemerkenswerten Kreativität, die das Lesen für mich zu einer absoluten Freude machten.

Sehr angetan war ich auch von der Hauptfigur des Buches. Nino ist nicht unbedingt ein sympathischer Protagonist, aber durch seine zynisch-bissige Art unterhaltsam und zudem sehr facettenreich. Sein Charakter allein ist schon spannend, doch auch die meisten Nebencharaktere können mit ihm mithalten, insbesondere natürlich Monsieur Samedi und seine Bediensteten, zu denen Noir gehört. Die sich langsam entwickelnde Beziehung zwischen den beiden, die sich dann rasant steigert, hat mich überzeugen können. Allerdings muss man wohl auch eine kleine Warnung aussprechen: Wer moralische Unantastbarkeit bei seinen Protagonisten sucht, wird von denen in diesem Roman wahrscheinlich weniger angetan sein. Drogen, Gewalt und Sex spielen in "Noir" keine unwesentliche Rolle, unterstützen die Geschichte aber und sind dadurch nicht etwa unnötiges und verwerfliches schmückendes Beiwerk für Aufmerksamkeit.

Häufig zeichnet sich die Handlung von "Noir" durch das Rätselhafte aus. Der Leser bewegt sich innerhalb dieses Netzes aus Nicht-Verstehen, Düsternis und Übernatürlichem und wird zusammen mit Nino nur langsam in diese mysteriöse Welt eingeführt. Für mich entstand so eine greifbare Spannung und eine unheimliche Atmosphäre, die immer wieder Gänsehaut hervorrief. "Noir" ist ein Roman, der beim Lesen eine gewisse Aufmerksamkeit fordert, denn auch in den vermeintlichen Kleinigkeiten liegt manchmal eine Tiefe verborgen, die einem besser nicht entgehen sollte.

Fazit: Kein Wunder, dass dieses Buch gespaltene Reaktionen auslöst. Es ist ganz anders, als die bisherigen Bücher der Autorin. Leser, die nicht nur das Gewohnte suchen, sondern sich gerne auch einmal auf neues Terrain begeben und auf kleine Experimente einlassen, kann dieses Buch vielleicht ebenso faszinieren wie mich. Es ist düster, manchmal ein einziges Rätsel, aber es ist spannend, intensiv und kaum aus der Hand zu legen. 5 Sterne 


 "Noir" von Jenny-Mai Nuyen bei Amazon.de
Allgemeine Informationen

Ausgabe: Klappenbroschur
Erschienen:  1. Oktober 2012
Seiten: 384
ISBN: 978-3862520282
Preis: € [D] 14.95

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch

Dienstag, 21. August 2012

Rezension zu "Die Besessene" von S.B. Hayes


 Das Problem mit den falschen Fährten...

"Die Besessene" von S.B. Hayes ist ein spannender Psychothriller für Jugendliche, der aber auch mich als Mittzwanzigerin vollkommen gefesselt hat. Leider nicht bis zum Ende...

Aber erstmal zum Inhalt: Katy ist ein künstlerisch begabtes Mädchen mit einer psychisch labilen Mutter, das das Gefühl hat, nirgends richtig dazuzugehören. Selbst bei ihren beiden engsten Freundinnen fühlt sie sich etwas außen vor. Doch alles scheint sich zum Guten zu wenden, denn sie besucht ein gutes College und Merlin, ihr absoluter Traumtyp, verliebt sich in sie. Doch dann taucht Genevieve auf, ein Mädchen mit auffällig grünen Augen, das Katy verfolgt und alles über sie zu wissen scheint. Sie mischt sich in Katys Unterricht, ihren Freundeskreis und sogar in ihre Beziehung zu Merlin ein und lässt keinen Zweifel daran, dass sie Katys Leben zerstören will. Katy beschließt sich ihr zu widersetzen und stellt mit ihrem besten Freund aus Kindertagen und Nachbarn Luke Nachforschungen zu Genevieves Vergangenheit an. Dabei stößt sie auf mysteriöse Geheimnisse...

"Die Besessene" hat mich direkt auf den ersten Seiten in ihren Bann gezogen. Es war spannend, mit hohem Gänsehautfaktor, und sehr geheimnisvoll. Wer ist Genevieve, wo kommt sie her und warum drängt sie sich in Katys Leben und droht sie zu zerstören? Genevieve ist ein sehr gelungener, rätselhafter Charakter. Sie wirkt eiskalt, ist berechnend und scheint Katy immer einen Schritt voraus zu sein. Sie kennt ihre Pläne und sabotiert sie, wo sie nur kann. Genevieve und ihre Geheimnisse geben dem ganzen Roman die drückende, mysteriöse Atmosphäre und die Spannung, die mich an dieses Buch fesselten.

Mit Katy und Luke begeben sich zwei sehr unterschiedliche Charaktere auf die Suche nach Genevieves Vergangenheit. Katy ist unsicher und eher ängstlich, Luke ist rational, erwachsener und durch seine Ausbildung zum Journalisten in Sachen Recherche vom Fach. Doch die Geheimnisse, auf die die beiden stoßen, sind mehr als nur überraschend. Genevieves Lebensweg war düster und wenig normal. Neben ihren Recherchen versucht Katy Genevieve davon abzuhalten ihr Leben zu zerstören. Mit mäßigen Erfolg. Außerdem schlägt Katy sich mit ihrer ängstlichen, labilen Mutter herum, die sie kaum aus dem Haus lassen möchte.

Neben den Charakteren überzeugte auch ein flüssiger, für ein Jugendbuch angemessener, aber nicht zu einfacher Schreibstil, der sich gut lesen ließ. Die Geschichte lebt besonders von dem Geheimnisvollen, das Genevieve umgibt, das Unerklärliche und Mysteriöse, auf das auch Katy und Luke in ihrer Vergangenheit treffen. Dadurch wird die Handlung in eine bestimmte Richtung gelenkt, inklusive falscher Fährten natürlich, wie es in einem Thriller ja nicht unüblich ist.

Doch da kam die Enttäuschung: Falsche Fährten müssen sich am Ende dennoch logisch in die Auflösung der großen Geheimnisse einfügen lassen und das ist bei "Die Besessene" nicht der Fall. Der Schluss lässt sich mit der vorherigen Handlung nicht vereinen und viele Ungereimtheiten in Genevieves Taten in Gegenwart und Vergangenheit wurden nicht einmal mehr thematisiert. Dabei ist das Ende an sich nicht einmal schlecht - es hat mir sogar recht gut gefallen. Nur in der Kombination mit Katys und Lukes "Ermittlungen" war es unausgereift und die überraschenden Wendungen wirkten irgendwie platt und an den Haaren herbeigezogen, da sie den Handlungsverlauf nicht im Mindesten erklären konnten.

Fazit: Ein sehr gelungener Psychothriller mit hohem Gänsehautfaktor und einer düsteren Atmosphäre. Leider lassen sich die falschen Fährten und die Wendungen am Ende nicht unter einen Hut bringen und erstere wurden daher gleich noch totgeschwiegen, was bei mir zu einer Enttäuschung führte. Gerade noch 4 Sterne, aufgrund des plumpen Endes eher mit Tendenz nach unten. Eingeschränkte Leseempfehlung.


"Die Besessene" von S.B. Hayes bei Amazon.de 

Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden, 1. September 2012
 Seiten: 420
Verlag: Deutscher Taschenbuchverlag
englische Originalausgabe: Poison Heart
ISBN: 978-3423760614
Preis: € [D] 14.95

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage

 Übrigens gibt es auch einen Trailer zum Buch



Mittwoch, 20. Juni 2012

Rezension zu "Die Nacht von Shyness" von Leanne Hall

Eine Nacht voller Geheimnisse

Mit "Die Nacht von Shyness" beginnt die australische Autorin Leanne Hall eine Trilogie über einen Stadtteil, in dem die Sonne niemals scheint. Der Roman besticht schon äußerlich mit seinem im Dunklen leuchtenden Cover, aber vor allem auch inhaltlich mit seiner Andersartigkeit...

Inhalt: In einer Bar trifft ein gutaussehender Junge auf ein aufgeschlossenes Mädchen mit großem Mundwerk. Sie stellen sich einander mit Wolfboy und Wildgirl vor und er nimmt sie mit in den Stadtteil Shyness, einem Ort, an dem die Sonne niemals scheint. Dort verbringen sie die Nacht und treffen auf zuckersüchtige Jugendbanden, Hehler, Wahrsagerinnen und besuchen düstere Clubs. Aus einer Nacht wird das Abendteuer ihres Lebens...

"Die Nacht von Shyness" birgt eine außergewöhnliche Geschichte, die sich durch ihre Skurrilität deutlich von anderen Jugendbüchern abhebt. Nichts wird in Frage gestellt. In Shyness, einem fast verwaisten Stadtteil, geht seit Jahren die Sonne nicht auf? Wolfboy hat eine überdurchschnittlich starke Körperbehaarung und heult wie ein Wolf? Dann ist das eben so. Wildgirl lässt sich ohne zu zögern auf diese unwirkliche Welt ein und entdeckt an Wolfboy und auch an sich selbst in nur einer Nacht sehr viel neues.

Das Abendteuer, das sie gemeinsam erleben, ist voller Rätsel und Geheimnisse, und viele davon bleiben ungelöst. Mir hat dieser offene Stil bei diesem Buch sehr gut gefallen, da es einen Großteil der geheimnisvollen Atmophäre Shyness' ausmacht, eben nicht alles zu wissen. Auch Wolfboy und Wildgirl pflegen ihre Geheimnisse. Richtige Namen sind überflüssig, sie geben sich für diese eine Nacht dem Zauber des Unbekannten hin und vergessen ihre Probleme im wirklichen Leben - davon haben die beiden nämlich jeweils mehr als genug, wie sich nach und nach herausstellt.
Wer allzu offene Geschichten nicht mag, wird bei der Fülle an Rätseln und verrückten Gestalten, aber besonders an dem meiner Meinung nach sehr gelungenen Ende dieses Buches vielleicht keine große Freude habe.

Vor allem gefallen hat mir, dass dieses Buch nicht zu sehr auf Fantasy oder actionreiche Spannung setzt, sondern einen etwas nachdenklicheren Ton anschlägt. Die beiden Protagonisten wissen wenig von einander, aber dennoch helfen sie sich gegenseitig ihr eigenes Leben in einem neuen Licht zu sehen und sich mit Problemen auseinanderzusetzen, denen sie sonst aus dem Weg gehen würden. Eine Frage steht natürlich im Mittelpunkt: Können die Erlebnisse einer solchen, so unwirklichen Nacht auch noch bestehen, wenn zumindest außerhalb von Shyness die Sonne wieder aufgeht? Wie die Autorin das Ende löst, hat mir dann außergewöhnlich gut gefallen.

In Anbetracht dessen, dass es sich bei "Die Nacht von Shyness" um ein Jugendbuch handelt, fand ich den Schreibstil schon fast herausragend, auf jedenfalls aber unterwartet, gut. Die beiden Protagonisten Wildgirl und Wolfboy treten als Ich-Erzähler auf und auch wenn ich mir am jeweiligen Kapitelanfang manchmal eine kleine Vorwarnung gewünscht hätte, zum Beispiel in Form einer Überschrift, die mir sagt, wer der beiden gerade erzählt, konnte ich der Handlung ohne größere Verwirrungen gut folgen. Die Autorin schafft es mit ihrer Sprache, die jugendlichen Charaktere gelungen dazustellen, dem immer in Dunkelheit liegenden Shyness eine skurrile Atmosphäre zu verpassen und auch die Beziehung zwischen Wolfboy und Wildgirl sehr gefühlvoll zu beschreiben. Die beiden sind wirklich ein schönes Paar, ganz ohne den üblichen Kitsch.

Fazit: Sehr skurril, spannend, mit glaubhaften Gefühlen und vielen Geheimnissen. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung, finde "Die Nacht von Shyness" aber auch als Einzelband lesenswert. 5 Sterne



Die "Shyness"-Trilogie (mit Links zu Amazon.de)
  1. "Die Nacht von Shyness" (März 2012, englischer Originaltitel: "This is Shyness")
  2. noch nicht bekannt (englischer Originaltitel: "Queen of the Night")
  3. nicht bekannt
 Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden, März 2012
 Seiten: 289
Verlag : Aufbau-Verlag
ISBN: 978-3351041540
Preis: € [D] 16.99

Buchtrailer und weitere Informationen auf der Verlagshomepage




Samstag, 19. Mai 2012

Rezension zu "Als die schwarzen Feen kamen" von Anika Beer


Fantasy mit Gänsehaut-Garantie


"Als die schwarzen Feen kamen" von Anika Beer ist eine Jugendroman, angesiedelt im Fantasygenre, der auch mich als Mitzwanzigerin faszinieren und verzaubern konnte.

Zum Inhalt: Die 15-jährige Marie ist seit dem Tod ihres Vater in psychotherapeutischer Behandlung. Ihre Nagstzustände, die eigentlich überwunden schienen, kehren nach einem Streit mit ihrer Freundin plötzlich zurück. Nur der zwei Jahre ältere Gabriel erkennt, was sich bei Marie verändert hat. Er sieht die Wesen, die sich im Schatten eines jeden Menschen aufhalten und Maries schwarze Feen sind dabei ihren Schatten zu verlassen und sich einen Weg in die reale Welt zu schaffen. Als er sie warnen will, ist es schon zu spät. Um die Feen wieder unter Kontrolle zu bekommen muss Marie sich einer Phantasiewelt aus ihrer Kindheit stellen, die sie seit dem Tod ihres Vaters nicht mehr besucht hat: Die Stadt aus Obsidian...

Die Geschichte beginnt gleich sehr spannend und gruselig. Der Prolog entführt den Leser in eine fremde Welt. Dort lebt Lea mit ihrem einzigen Freund, dem stummen und gesichtslosen "Maskierten". Sie muss mit ansehen, wie ihre Stadt im Nebel verschwindet, einem Nebel, der alles verschlingt und nicht und niemanden wieder frei gibt. In ihrer Verzweiflung bleibt ihr nichts anderes übrig, als das Hilfsangebot der schwarzen Feen, richtig unheimliche Wesen mit spitzen Zähnen und ledrigen, faltigen Gesichtern, anzunehmen, ohne aber wirklich zu wissen, was dieser Pakt wirklich bedeutet.

Dann ist der Leser plötzlich in der Realität. Die 15-jährige Marie ist abgesehen von ihren Angstattacken ein ganz normales Mädchen, das sich mit ihrer Mutter und nun auch mit ihrer besten Freundin Theresa streitet und sich - typisch Pubertät - einfach nur missverstanden fühlt. Dass Gabriel, der Junge aus der Oberstufe für den Theresa schon seit Ewigkeiten schwärmt, plötzlich Interesse an ihr zeigt, macht ihre Situation nicht besser und, was er ihr zu offenbaren hat, von schwarzen Wesen in ihrem Schatten und einem Tor in eine andere Welt, kann und will sie nicht glauben. Marie ist nämlich nicht nur ein sympathischer Charakter, sondern auch ein sehr authentisch wirkendes junges Mädchen, das nicht naiv und hilflos ist, sondern anfängt, eigene Prioritäten zu setzen und für ihre Überzeugungen einzustehen. Eine wirklich gelungene Protagonistin, die man schon nach wenigen Seiten ins Herz geschlossen hat.

Erst als sich in Maries Umfeld unheimliche Dinge ereignen, beginnt sie, Gabriel Glauben zu schenken, lernt ihn dabei besser kennen und entdeckt ungeahnte Gefühle für ihn. Gabriel ist der undurchsichtigere Charakter in diesem Roman. Er verbirgt ein großes Geheimnis. Er kann die Schattenwesen der anderen Menschen sehen und hat es überdies geschafft, seine eigene Bestie zu unterwerfen. Gabriel ist hilfsbereit und trotz seines eigenen schweren Schicksals mitfühlend. Beide Protagonisten, sowohl Marie als auch Gabriel, die durch einen personalen Erzähler abwechselnd im Fokus der Kapitel stehen, sind somit abwechslungsreich, sympathisch und interessant.

Die Gefühle, die beide füreinander entwickeln, sind nicht übereilt oder kitschig, sondern sehr zurückhaltend, sodass sie ebenso natürlich wirken wie die Charaktere selbst und den glaubwürigen Beginn einer jungen Liebe darstellen, ohne die Fantasyelemente der Geschichte in den Hintergrund zu drängen. Sehr erfrischend ist auch, dass sich das Buch durch seine rein menschlichen Liebenden, von denen nicht einer, wie sonst so häufig, einer anderen Spezies angehört, deutlich von den meisten anderen Fantasy-Jugendbüchern abhebt und außerdem ganz entgegen dem Trilogie-, Tetralogie-, "Endloslogie"-Trend als Einzelband daherkommt, der trotz offenem Ende auch keine Fortsetzung verlangt.

Die Fantasywelt, die in "Als die schwarzen Feen kamen" erschaffen wird, ist recht ungewöhnlich und lebt von gruseligen Momenten und der kreativen wie auch unheimlichen Idee, dass hinter jedem Menschen ein bestialischer Schatten lauert. Die Geschichte lässt wie auch das Ende viel Raum für die eigene Phantasie und erzeugt durch eine hohe Spannung und eine wundervolle Atmosphäre beim Lesen fast durchgehend Gänsehaut. Dazu trägt natürlich auch der detailiert beschreibende, schöne Schreibstil der Autorin bei, der dem Roman eine ganz besondere, bedrohliche Stimmung verleit und einen die winterliche Kälte als Leser beinahe selbst spüren lässt. Auch der Prolog und die "Interludien" lassen die geheimnisvolle fremde Welt im Nebel hinter Maries Schattentor sehr real erscheinen und rufen dem Leser die traurige Stimmung dort immer wieder vor Augen.

Fazit: Interessante Idee, schön umgesetzt, mit liebenswerren Charakteren und viel Gefühl. Ein Roman mit hohem Gänsehaut-Potential und viel Spannung. 5 Sterne.


"Als die schwarzen Feen kamen" von Anika Beer bei Amazon.de

 
Allgemeine Informationen

Ausgabe: Broschiert, 1. Auflage (März 2012)
Seiten: 448
Verlag :cbj
ISBN: 978-3570401477
Preis: € [D] 12.99

 Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage