Dienstag, 1. Januar 2013

Rezension zu "Noir" von Jenny-Mai Nuyen


 Mutig und faszinierend anders

"Noir" von Jenny-Mai Nuyen ist ein spannender, düsterer Fantasy-Roman der mich mit einer gehörigen Portion Mystik vollkommen für sich einnehmen konnte.

Inhalt: Ninos Eltern starben bei einem Autounfall als er noch ein Kind war. Er selbst besitzt die Gabe zu erkennen, wann jemand sterben wird. Auch sein eigener Tod steht kurz bevor, denn er hat gesehen, dass er mit 24 Jahren sterben wird, und sein Geburtstag rückt näher. Auf der Suche nach einem Ausweg interessiert sich Nino für das Paranormale, hält das meiste allerdings für Scharlatanerie. Doch er gerät an einen Mann, der sich Monsieur Samedi nennt, der ihn dazu bringt, seine Ansichten zu überdenken, und ihm Hoffnung macht. Fasziniert ist Nino aber auch von einer jungen Frau, die für Samedi arbeitet. Sie umgibt ein Geheimnis und sich in sie zu verlieben, bringt ihn in Gefahr...

Mit "Noir" entfernt sich Nuyen eindeutig von ihren bisherigen Veröffentlichungen. Dies sind in erster Linie High-Fantasy-Romane für Jugendliche und unterscheiden sich somit in beiden Punkten von ihrem neuen Roman. Denn "Noir" spielt nicht in einer völlig erdachten Welt, sondern im modernen Berlin und ist zudem nicht als Jugendbuch einzustufen sondern zweifelsohne ein Roman für eine erwachsene Leserschaft. Ein so radikaler Schnitt mit der eigenen literarischen Vergangenheit ist mutig, aber er ist der Autorin auch hervorragend gelungen. "Noir" ist mit seiner düsteren Stimmung ein Roman, wie ich ihn noch nicht gelesen habe, und konnte mich mit seiner Einzigartigkeit an sich fesseln und begeistern.

Der Handlungsverlauf teilt sich in zwei Stränge auf. In den "normalen" Kapiteln wird Ninos Geschichte aus der dritten Person erzählt. Diese werden unterbrochen durch von einem zersplitterten Bild, dem ähnlich, welches das Cover zeigt, eingeleiteten und auch durch ein anderes Schriftbild hervorgehobenen Kapiteln, die mit "Jetzt" überschrieben sind, und nicht nur aus der Ich-Perspektive geschildert sind, sondern auch deutlich diffuser, später rasanter und gerade zu Beginn schwer einzuschätzen sind. Ich war beeindruckt davon, wie die Autorin diese verschiedenen Stränge zusammenführt, denn das Ende ist atemberaubend und gemeinsam mit einer auch insgesamt sehr gelungenen Sprache, zeugt dieser Aufbau für mich von einem großen Talent und einer bemerkenswerten Kreativität, die das Lesen für mich zu einer absoluten Freude machten.

Sehr angetan war ich auch von der Hauptfigur des Buches. Nino ist nicht unbedingt ein sympathischer Protagonist, aber durch seine zynisch-bissige Art unterhaltsam und zudem sehr facettenreich. Sein Charakter allein ist schon spannend, doch auch die meisten Nebencharaktere können mit ihm mithalten, insbesondere natürlich Monsieur Samedi und seine Bediensteten, zu denen Noir gehört. Die sich langsam entwickelnde Beziehung zwischen den beiden, die sich dann rasant steigert, hat mich überzeugen können. Allerdings muss man wohl auch eine kleine Warnung aussprechen: Wer moralische Unantastbarkeit bei seinen Protagonisten sucht, wird von denen in diesem Roman wahrscheinlich weniger angetan sein. Drogen, Gewalt und Sex spielen in "Noir" keine unwesentliche Rolle, unterstützen die Geschichte aber und sind dadurch nicht etwa unnötiges und verwerfliches schmückendes Beiwerk für Aufmerksamkeit.

Häufig zeichnet sich die Handlung von "Noir" durch das Rätselhafte aus. Der Leser bewegt sich innerhalb dieses Netzes aus Nicht-Verstehen, Düsternis und Übernatürlichem und wird zusammen mit Nino nur langsam in diese mysteriöse Welt eingeführt. Für mich entstand so eine greifbare Spannung und eine unheimliche Atmosphäre, die immer wieder Gänsehaut hervorrief. "Noir" ist ein Roman, der beim Lesen eine gewisse Aufmerksamkeit fordert, denn auch in den vermeintlichen Kleinigkeiten liegt manchmal eine Tiefe verborgen, die einem besser nicht entgehen sollte.

Fazit: Kein Wunder, dass dieses Buch gespaltene Reaktionen auslöst. Es ist ganz anders, als die bisherigen Bücher der Autorin. Leser, die nicht nur das Gewohnte suchen, sondern sich gerne auch einmal auf neues Terrain begeben und auf kleine Experimente einlassen, kann dieses Buch vielleicht ebenso faszinieren wie mich. Es ist düster, manchmal ein einziges Rätsel, aber es ist spannend, intensiv und kaum aus der Hand zu legen. 5 Sterne 


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Allgemeine Informationen

Ausgabe: Klappenbroschur
Erschienen:  1. Oktober 2012
Seiten: 384
ISBN: 978-3862520282
Preis: € [D] 14.95

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch

3 Kommentare:

  1. Von der Autorin hat mir Nijura sehr gut gefallen, dieses Werk ist schon auf meiner Wunschliste :)

    LG, Sandrina

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  2. Freut mich, endlich noch eine begeisterte Meinung zu lesen! Mir hat es auch sehr gut gefallen :)

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  3. Danke für die Rezension. Ich habe mich bisher von Jenny-Mai Nuyen ferngehalten, da High-Fantasy-Jugendbücher in der Regel nicht so mein Fall sind. Aber das hier klingt gut.

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