Freitag, 30. Mai 2014

Rezension zu "Die Analphabetin, die rechnen konnte" von Jonas Jonasson



Dem Stil treu geblieben

„Die Analphabetin, die rechnen konnte“ ist nach dem Bestsellererfolg „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ der zweite Roman des schwedischen Autors Jonas Jonasson.

Zum Inhalt: Nombeko, ein Mädchen im südafrikanischen Slum, kann nicht lesen, ist aber im Kopfrechnen jedem überlegen. So schafft sie es raus aus dem trostlosen Armutsviertel, ist am Bau von Atomwaffen beteiligt und gelang über Umwege nach Schweden, wo Zwillinge leben, von denen nur einer existiert – der andere nicht…

Die eindeutig beabsichtigte Ähnlichkeit der Titel, die sich auch in der Covergestaltung wiederfindet, deutet es schon an: In neue Gefilde wagt sich Jonasson nicht vor. Er bleibt seinem Schema aus einer weltumspannenden Handlung über längere Handlungszeiträume treu. Auch an Absurdität steht das zweite Werk dem erfolgreichen Debüt in nichts nach.

Wer den Hundertjährigen mochte, wird in der Analphabetin, verkörpert durch die Südafrikanerin Nombeko, eine Nachfolgerin finden, deren Geschichte stilistisch weder eine Weiterentwicklung noch einen Rückschritt darstellt. Die distanzierte Sprache mit überwiegend indirekter Rede, der auf Missverständnissen und unerwartete Direktheit in skurrilen Situationen beruhende Humor, die Kreativität, die sich in den einzelnen liebevoll erdachten und wie zufällig eingestreuten Figuren verbirgt – die Gemeinsamkeiten beider Romane überwiegen deutlich.

Die intelligente Nombeko selbst ist zwar völlig anders als der naiv-gutgläubige Allan, zu einem „normalen“ Leben verhilft ihr dies allerdings auch nicht. Zwar tangiert ihre Lebensgeschichte nicht annähernd so viele und ebenso bedeutende und bekannte historische Ereignisse und Persönlichkeiten, wie Allans es getan hat, und umfasst auch nicht diesen gewaltigen zeitlichen Umfang von 100 Jahren, mit dem der Debütroman aufwarten konnte, weit herum kommt die Hauptprotagonistin jedoch ebenfalls und zusammen mit den Holgers, Zwillingen, die sich eine Identität teilen, ergeben sich Konstellationen, die – fast – mit einem Elefanten, unfähigen Gangstern und einem Koffer voller Geld mithalten können.

http://www.piratforlaget.se/bocker/analfabeten-som-kunde-rakna/
Dennoch: Obwohl ich den Roman mit Freude und vielen Lachern gelesen habe, ganz erreichen konnte er seinen Vorgänger, den Hundertjährigen, nicht. Ob dies jetzt an der etwas zurückgenommenen weltgeschichtlichen Verwicklung lag, daran, dass Nombeko mit ihrer unschuldig wirkenden und dabei doch oft sehr berechnenden Überlegenheit nicht den Charme des alten Sprengstofffreundes Allan hatte, oder schlicht und ergreifend mit dem Gefühl zusammenhing, nur die zweite Version einer bereits dagewesenen Geschichte zu lesen, kann ich nicht eindeutig sagen. Es war eine Mischung aus jedem dieser Punkte sowie Längen in der Handlung, die das Debüt nicht aufwies, die dazu führten, dass „Die Analphabetin, die rechnen konnte“ zwar gut, aber doch nicht mehr so überraschend anders und brillant war wie „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“.

Fazit: Wer „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ mochte, wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch an „Die Analphabetin, die rechnen konnte“ Gefallen finden, denn obwohl das zweite Werk nicht ganz so rund wirkt wie das Debüt, überwiegen die Parallelen. Jonas Jonasson bleibt seinem Stil bis in die Details hinein treu. Überzogen skurrile Situationen und ein oft böser Humor zeichnen auch dieses Buch aus und unterhalten denjenigen, der nicht nach Realität und bedingungsloser Glaubwürdigkeit sucht, erneut auf hohem Niveau. Ich vergebe gute 4 Sterne.




Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden, mit Schutzumschlag
Originaltitel: Analfabeten som kunde räkna
Erschienen: 15. November 2013
Seiten: 448
Verlag: carl's books
ISBN: 978-3-570-58512-2
Preis: € [D] 19.99


Leserpobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch. 




2 Kommentare:

  1. Ich hab noch nichts von dem Autor gelesen, will das aber unbedingt noch nachholen :) Schon allein die Titel der Bücher finde ich klasse :)

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  2. Hallo Sarah,
    ich schließe mich Binzi an, ich habe auch noch nichts von diesem Autor gelesen. Aber dieses Buch, und auch sein erstes, laufen mir immer wieder über den Weg. Danke für deine Vorstellung ...
    LG,
    Damaris

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