Sonntag, 26. Januar 2014

Rezension zu "Frostblüte" von Zoë Marriott



Schuld, Krieg und Liebe

„Frostblüte“ von Zoë Marriott ist ein Fantasy-Roman – High-Fantasy, um genau zu sein – der mit einer Altersempfehlung ab 14 Jahren als Jugendroman einzuordnen ist, sich jedoch nicht darauf beschränken muss. All-Age-geeignet erzählt die britische Autorin eine Geschichte von persönlichen Schicksalen, Krieg, Schuld und Liebe…

Inhalt: Frost zieht trotz ihrer jungen Jahre allein durch ein fremdes Land. Sie trägt einen Wolfsdämon in sich, der sie zur Gefahr für jeden in ihrer Umgebung macht. Als sie auf ihrer Reise jedoch den jungen Hauptmann Luca trifft, kann sie sich seiner einnehmenden Art kaum entziehen. Er bietet ihr an, als Soldatin bei seinen Leuten zu bleiben, die in den Bergen nach einer grausamen Bande Abtrünniger suchen. Doch kann Frost ihren Wolf beherrschen, vor allem, wenn Gefühle ins Spiel kommen?

„Frostblüte“ hat mich wirklich überrascht – in einem ausnahmslos positiven Sinne. Die Geschichte erwies sich als deutlich weniger fokussiert auf die Fantasy-Elemente, als ich angenommen hatte. Sicherlich sind sie vorhanden. Im insgesamt für die High-Fantasy typisch-mittelalterlichen Setting, das sich stark auf das Leben einer kleinen Gruppe von Kriegern in den Bergen konzentriert, sind sie aber weit weniger vordergründig als erwartet. Vielmehr waren sie Ausdruck von Frosts Innerem und verliehen dem ansonsten auch sehr actionreichen, kämpferischen Roman eine tiefgründig-nachdenkliche Seite, die überzeugen konnte.


Die Charaktere sind neben der schlüssigen, interessanten Handlung, die abgesehen von dem Kampf gegen Frosts Dämon und der – obligatorischen, aber romantischen – Liebesgeschichte vor allem aus der Suche nach den raubenden und mordenden Aufrührern besteht, das tragende Element des Romans. Gleich mehrere Figuren finden sich, auf deren Schultern ein schweres Schicksal lastet. Vor allen anderen ist da natürlich Frost, das Mädchen mit dem Wolf in sich, das gefährlich werden kann, kämpft wie ein wildes Tier und ohne Unterschied zwischen Freund und Feind, wenn sie die Kontrolle verliert. Nach langer Einsamkeit ist sie zurückhaltend und sucht ihre Rettung in der Flucht vor anderen Menschen. Die Ich-Erzählerin macht – fast – einen sehr durchdachten, ausgereiften Eindruck. Fast, denn an einigen Stellen fehlte dem Charakter der letzte Schliff. Das Verhalten war in Anbetracht der geschilderten Erfahrungen des Mädchens in der Vergangenheit manchmal doch ein wenig zu rund, zu einfach, zu angepasst. Man hätte mit mehr Konflikten rechnen können, stattdessen formte sich der Charakter gelegentlich eine Spur zu schnell um und verbog sich dabei ein wenig.

Gleiches gilt auch für andere Charaktere wie Luca und Arian, beide ebenfalls ausgestattet mit wenig erträglichen Vergangenheiten. Spannende Charaktere, die manchmal doch eine Spur zu sehr überzeichnet waren oder sich zu sehr veränderten - nicht entwickelten, sondern regelrechte Sprünge machten.
Was ansonsten in den Charakteren steckt, hat allerdings das Zeug den Leser mitzureißen. Ausdrucksstarke Interaktionen, gefühlsintensive Momente und viele ruhige, tiefgründige Passagen überzeugen zwischen Kampfszenen. Behandelt werden Fragen nach Schuld, aber auch eine zarte Liebesgeschichte fehlt nicht. Das alles ist sehr gelungen und auch der Umgang und die Darstellung von Frosts Wolf stechen als hervorragend eingebrachte Elemente heraus.

Für Spannung sorgt vor allem der Aufbau des Romans, der Frosts Geschichte in der Gegenwart sowie in der Vergangenheit durch Rückblicke parallel erzählt. So wartet der Leser auf die Einzelheiten von Frosts Leben vor dem Zusammentreffen mit der Armee in den Bergen – was hat sie zu dem Menschen gemacht, der sie dort ist, woher kommen ihre Unsicherheit und ihr Fluchtinstinkt? Da überzeugt die Autorin durch den Wechsel, der immer genau den richtigen Punkt für die richtigen Informationen findet, die den Leser weiterbringen ohne zu viel zu verraten und die Spannung zu nehmen.

Auch der Schreibstil machte einen ausgereiften, im richtigen Maße anspruchsvollen Eindruck, kollidierte für mein Gefühl aber an einigen Stellen durch zu moderne Begriffe mit den doch eher mittelalterlich anmutenden Beschreibungen des Lebens und der Umgebung. Außerdem hatte der Roman noch einen weiteren kleinen Wermutstropfen: Wiederholungen. Bei aller Einfühlsamkeit der Erzählung, bei aller Tiefgründigkeit der Charaktere, das ein oder andere Mal wiederholen sich Gedankengänge zu oft.

Fazit: Im Großen und Ganzen konnte mich „Frostblüte“ begeistern. Meistens. Leider schlichen sich Kleinigkeiten ein, kleine Unstimmigkeiten bei den Charakteren und der Sprache, die erst in ihrer Summe meine Euphorie immer wieder ein wenig dämpften. Daher kann ich „nur“ wirklich gute 4 Sterne vergeben – auch wenn über lange Abschnitte mehr drin gewesen wäre, ist das immer noch eine klare Leseempfehlung.




Allgemeine Informationen

Ausgabe: Klappenbroschur
Erschienen: Oktober 2013
Seiten: 464
Verlag: Carlsen
ISBN: 978-3-551-31270-9
Preis: € [D] 14.99

Bestellen, Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch. 
Das Buch findet ihr auch bei Blogg Dein Buch.

1 Kommentar:

  1. Hallo, Sarah! Ich habe das Buch ebenfalls gelesen - und mich genau wie du über die sich so extrem verwandelnden Charaktere gewundert. Es als "Charaktere verbiegen sich" zu beschreiben, trifft es genau. Mich konnte das Buch nur deswegen nicht zu 100 % überzeugen - und, weil ich nicht kapiert habe, ob sich Frost jetzt wirklich in einen Wolf verwandelt oder ob das nur in ihrem Geist geschieht. Bin übrigens über Blogg Dein Buch auf deinen Blogg gestoßen. Schöne Rezension! Gruß, Liane!

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