Montag, 1. Dezember 2014

Kochbuch-Rezension zu "Peace Food - Vegano Italiano: Das Kochbuch" von Ruediger Dahlke


Italienisch und vegan - eine durchwachsene Umsetzung

„Peace Food – Vegano Italiano: Das Kochbuch“ von Ruediger Dahlke ist ein Kochbuch, das mir aufgrund meiner Vorliebe für die italienische Küche aufgefallen ist und mir – so zumindest meine Intention – als Nicht-Veganerin die Möglichkeit geben sollte, überzeugende Rezepte zu finden, die auf den Einsatz tierischer Produkte vollständig verzichtet.


Im Rahmen einer Kochrunde konnte ich die Zusammenstellungen dieses Buches auch bereits ausgiebig testen – zur Übersicht habe ich all meine so nah am Rezept wie möglich nachgekochten Gerichte bildlich festgehalten und in einem kurzen Video auch für die Leser dieser Rezension zusammengestellt.

Die optische Gestaltung des Kochbuches ist sehr klassisch gehalten. Schwarze Schrift auf weißen Grund und recht schnörkellose Bilder der Gerichte präsentieren sich dem Leser. Damit macht das Kochbuch zwar keinen besonders modernen Eindruck, allerdings ist alles leserlich und die Gerichte wirken ansprechend. Auch die Angabe einer Zubereitungsdauer bei den Rezepten sowie eine übersichtliche Zutatenliste sind positiv hervorzuheben.
Die Rezepte sind in vier Kapitel unterteilt: Bei „Antipasti“ werden Vorspeisen vorgestellt, anschließend im Kapitel „Primi Piatti“ ein erster Hauptgang sowie im Kapitel „Secondi Piatti & Contorni“ ein zweite Gang und Beilagen. Den Abschluss bilden die „Dolci“, Desserts und Gebäck.


Schon beim ersten Durchsehen fiel mir allerdings die große Zahl an Suppen und Eintöpfen auf, wobei gerade einmal drei davon feinere, pürierte Cremesuppen waren, während circa zehn weitere Rezepte aus oft Hülsenfrucht lästigen gröberen Zusammenstellungen bestanden, was recht einseitig wirkte. Zudem ziehen sich diese Rezepte gleichermaßen durch das zweite und dritte Kapitel, was die Unterteilung für mich nicht ganz sinnvoll erscheinen ließ.

Pasta-Rezepte gibt es zwar einige, ebenfalls sowohl im zweiten wie auch im dritten Kapitel, allerdings fehlen selbstgemachte Nudeln vollkommen, ebenso ein selbstgemachter Pizzateig oder ein selbstgemachtes Eis bei den Süßspeisen – bei einem Kochbuch, dass sich italienische Authentizität auf die Fahne geschrieben hat und dem Leser bereits in der Einleitung von der Pasta und Pizza zubereitenden italienischen „Mamma“ vorschwärmt, hätte ich das eigentlich als untersten Standard erwartet. Schöne selbstgemachte Ravioli hätten das Kochbuch jedenfalls für mich sicher deutlich aufgewertet.


Inhaltlich lag eine erste Fehleinschätzung des Buches meinerseits möglicherweise schon darin begründet, dass ich den Autor, Ruediger Dahlke, wie auch seine „Peace Food“-Bücher bisher nicht kannte. Bei der Einleitung jedenfalls erwartete ich eine kurze, gerne leidenschaftliche, Schilderung der Gründe für die Entstehung des Kochbuches, dann aber unbedingt auch eine ausführlichere Warenkunde, ein paar Einschätzungen zu Ersatzprodukten oder eine kleine Sammlung von Ratschlägen, speziell in Bezug auf Besonderheiten einmal der italienischen wie auch der veganen Küche. Stattdessen bekam ich knapp 30 Seiten lang einen Monolog des Autors mit sehr starkem esoterischen Einschlag zu lesen, der – reich an Wiederholungen - das italienische Lebensgefühl in den Himmel lobte, Heilversprechen zur veganen Ernährung ohne Angabe jeglicher wissenschaftlicher Quellen abgab und sich nicht zuletzt wie eine Kaffeefahrt durch das Ruediger-Dahlke-Buch- und Seminar-Angebot anfühlte.
Passend zu diesem Eindruck ist die Zusammenstellung der bisherigen Veröffentlichungen des Autors am Ende des Buches leider auch genau so umfangreich geraten wie das gerade für ein spezialisiertes Kochbuch sehr mager ausfallende Glossar, das nur unzulänglich einige Produkte anschneidet.

Knapp 30 Seiten des ohnehin eher dünnen Kochbuches für eine solche Einleitung? Das sehe ich eher als verschwendet an. Mehr Rezepte oder Übersichten und Tipps für Bezugsquellen, nicht nur von veganen Ersatzprodukten, sondern auch von eher ungewöhnlichen Gemüsesorten, Mehlen und Zuckern hätten für mich einen deutlich größeren Mehrwert dargestellt.

Der Bezug einiger Lebensmittel stellte sich tatsächlich selbst für mich als mobiles Großstadtkind mit einigen Filialen größerer und kleinerer Supermarktketten, Wochenmärkten, Drogeriemärkten und sogar zwei recht großen gut sortierten Bio-Supermärkten in Reichweite als schwierig heraus. Vieles bekam ich erst nach längerem Suchen in mehreren Geschäften, doch zweimal musste selbst ich, obwohl ich mehr als motiviert war, die mir bis dahin noch unbekannten Zutaten zu testen, und dafür das Abklappern vieler Regale in Kauf nahm, das Handtuch werfen. Wie es dann erst für Bewohner ländlicherer Regionen aussieht, mag ich mir gar nicht ausmalen.


Allerdings empfinde ich es auch als fraglich, ob man zum Zubereiten weniger Desserts und Backwaren wirklich gut ein halbes Dutzend verschiedener Süßungsmittel verwenden muss. Ich gehöre jedenfalls nicht zu den Befürwortern des Trends den normalen Haushaltszucker durch andere, teilweise stark überteuerte und dabei wenig ergiebige Zucker wie Reismalz oder Agavendicksaft zu ersetzen, vor allem nicht dann, wenn man sich wie in diesem Buch nicht auf ein, vielleicht zwei dieser Süßungsmittel konzentrieren kann. Selbiges gilt für den Einsatz diverser Mehle, die häufig nur in sehr wenigen Rezepten in Kleinstmengen auftauchen. „Vegano Italiano“ ist unter anderem nicht nur ein Kochbuch sondern auch eine Herausforderung an die Lagerkapazitäten einer durchschnittlichen Küche.
Eine Ursache für diese Uneinheitlichkeit mag es sein, dass die Rezepte nicht aus einer Feder stammen. Ruediger Dahlke zeichnet sich wohl nur für die Einleitung verantwortlich, die Rezepte allerdings stammen von vier weiteren Damen und Herren, die unter drei verschiedenen Kürzeln (zwei der Damen arbeiten im Team) Gerichte beisteuerten.

Beim Nachkochen der Rezepte fiel vor allem auf, dass diese nicht immer italienische Authentizität – jedenfalls zumindest in dem Rahmen, in dem es in der veganen Küche möglich wäre – vor Augen hatte. Das „Bruschetta-Brot“ war beispielsweise zwar schnell zubereitet und recht schmackhaft, allerdings war es für mich eher ein deutsches, halbdunkles Brot zum Frühstück. Mit der leichten italienischen Küche, die wie viele südländische Küchen vor allem auf helle Teigwaren aus Weizen setzt, hatte das stark sättigende Brot nicht mehr gemeinsam als den Namen, und ein Tomaten-Bruschetta wurde mit diesem Brot auch nicht mehr zur kleinen „Antipasti“ sondern zum vollwertigen Abendessen.
Auch die Verwendung von Vollkornnudeln in vielen Rezepten sticht ins Auge – zumindest beim Lesen des Rezepttextes. Auf den Bildern zu den jeweiligen Gerichten sieht es nicht danach aus, als hätten sich die Autoren hier in jedem Detail an ihre eigenen Rezepte gehalten.


Des Weiteren gab es einige Rezepte, die orientalische Assoziationen hervorriefen oder, zum Beispiel durch Currysaucen, sogar eher in den asiatisch/indischen Raum zu gehören schienen.
Daher empfand ich den kleinen Zusatz „90 vegane Rezepte der italienischen Küche“ als recht irreführend, impliziert er doch, dass sich hier echte italienische Rezepte finden ließen, obwohl die Rezepte oft mit veganen Ersatzprodukten von Sojamilch bis Tofu zubereitet und in Richtung „Vollwert“ angepasst wurden.

Auch auf kleinere Fehler in den Rezepttexten oder optimierbare Arbeitsabläufe sollte man achten. Es empfiehlt sich, den gesamten Rezepttext vor der Zubereitung aufmerksam zu lesen. Ein versierter Hobbykoch kann bei einigen Rezepten viel Zeit sparen, bei den „Auberginen-Rouladen“ lässt sich nur durch eine sinnvollere Abfolge der Arbeitsschritte die benötigte Zeit schnell halbieren.


Abgesehen davon waren viele Rezepte schmackhaft und sind gut nachzukochen, sofern man die Produkte beziehen oder ersetzen kann. Obwohl ich die Zusammenstellung zum Beispiel durch den hohen Suppenanteil nicht unbedingt als rundum gelungen empfinde, habe ich doch viele Rezepte gefunden, die mich angesprochen haben und bei der Zubereitung mehr oder weniger gehalten haben, was sie versprachen. Ein paar Enttäuschungen gab es, wie etwa der zu wenig nach Schokolade schmeckende „Schokoladenpudding“ oder die „Blumenkohlcremesuppe“, bei der ich den Nachgeschmack des eingesetzten Soja-Drinks unangenehm bis erschlagend fand. Allerdings gab es auch sehr positive Überraschungen wie die „Polenta mit Peperonata“, die „Schokocreme im knusprigen Teigbecher“, die „Panna Cocco“, die „Focaccia“ oder das „Risotto mit Pilzen“, die mich auch in der veganen Variante überzeugen konnten. 

Fazit: Ruediger Dahlkes „Peace Food – Vegano Italiano: Das Kochbuch“ ist ein durchwachsenes Kochbuch. Die Zusammenstellung der Rezepte könnte durchdachter und ausgeglichener sein. Italienische Klassiker wie etwa selbstgemachte Pasta fehlen vollkommen, dafür wirken andere Rezepte wenig authentisch. Leider fehlt auch eine nennenswerte Warenkunde und das sehr lange Vorwort offenbart einen starken Hang zur Esoterik. Insgesamt vergebe ich daher knappe 3 Sterne. Ich hatte deutlich mehr erwartet.

Allgemeine Informationen


Ausgabe: Gebunden
Erschienen: Sept. 2014
Seiten: 192
ISBN: 978-3833841972
Preis: € [D] 19.90

3 Kommentare:

  1. Sehr schöne Rezi. Mir schmeckte das Lauch Risotto mit Walnüssen sehr gut. Aber ansonsten sprechen mich weniger Rezepte an. Da meine Familie aus Italien stammt kenne ich die meisten italienischen Rezepte und die finde ich im Buch leider nicht. Also wirklich italienisch ist das Buch leider nicht :/

    LG, Sandrina

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  2. Kann mich dem Kommentar von Sandrina nur anschließen, mit italienischer Küche hat Vegano Italiano nur phasenweise was zu tun. Wo ist die Pizza, wo die Lasagne, wo das Tiramisu?

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    1. So sehe ich das auch nach wie vor. Vielleicht hätte man das Buch eher "Vegane Vollwertküche mit mediterranem Einschlag" nennen sollen. ;)

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