Ungewöhnlicher Stil, gewöhnliche Handlung
„Im Pyjama um halb vier“ ist ein Jugendbuch, vom Verlag empfohlen ab 12
Jahren und ein Gemeinschaftsprojekt der Autoren Gabriella Engelmann und
Jakob M. Leonhardt.
Einige Worte zum Inhalt: Lulu ist bei
Facebook auf der Suche nach Ben Schumann, dem besten Freund ihrer
heimlichen Liebe Marco. Sie findet auch einen Ben, doch der gesuchte ist
es nicht. Obwohl sie sich nicht kennen und hunderte Kilometer
auseinander wohnen, schreiben sie sich beinahe täglich und beschließen
sich, gerade weil sie sich nicht persönlich kennen, all die Dinge zu
erzählen, die sie sonst niemandem erzählen würden. Mit der Zeit
entwickeln sie Gefühle für den Fremden im Internet – kann das
funktionieren?
Ich denke, bei einer solchen Beschreibung eines Buches, ist selbst für die jugendlichen Leser direkt klar, worauf diese Geschichte hinauslaufen wird. Zwar gibt es gegen Ende eine Überraschung, die nicht so leicht vorherzusehen ist und sehr gut umgesetzt wurde, aber es wird die einzige sein. Insgesamt es „Im Pyjama um halb vier“ ein klassisches „Junge-trifft-Mädchen/Junge-mag-Mädchen“-Buch, das durch einen durchgehenden Chat-Stil ein außergewöhnliche Element und durch eine bunte Gestaltung auch optische Besonderheiten mit sich bringt, aber inhaltlich eben doch recht vorhersehbar ist.
Zugegebenermaßen, ich bin mit Mitte Zwanzig auch etwas älter als die tatsächliche Zielgruppe und, obwohl ich viele Jugendbücher gerne lese und auch einige Erwachsene kenne, die dieses Buch hier geliebt haben oder lieben würden, ganz unabhängig von ihrem tatsächlichen Alter, muss ich sagen, dass ich persönlich für diese zuckersüßen Geschichten einfach nicht zugänglich bin, auch als Jugendliche schon nicht wirklich zugänglich dafür war. Doch auch bei dem Versuch einer objektiveren Betrachtung fehlt mir bei diesem Buch einfach einiges, dass es zu mehr machen würde, als zu einer netten Geschichte für zwischendurch.
Ben ist 17, Lulu, übrigens die Abkürzung für das leicht prollige Luca-Luisa, soll 16 Jahre alt sein. Hätten die Figuren das aber nicht irgendwann selbst erwähnt, ich wäre nicht zu dieser Einschätzung bezüglich ihres Alters gekommen. Zuerst wirkten sie sehr kindlich, vor allem Lulu. Sie ist beinahe ein Klischee-Mädchen: Oberflächlich, Modepüppchen, Ballerina, kein Verständnis für Videospiele. Dass der Chantalismus-mit-Bindestrich, der ihren Vornamen darstellt, noch dazu ein etwas neuerer Trend ist, wofür eine 16-jährige vielleicht doch ein wenig zu alt ist, ist dann noch eine Zugabe an Klischee und nicht ganz stimmiger Glaubwürdigkeit.
Auch Ben hat in Sachen Authentizität so seine Schwierigkeiten. Zwar wirkt er älter als Lulu, aber während auch bei ihm manchmal das kindliche durchkommt, wirken beide zusammen häufig zu erwachsen, reden in fast geschwollener Sprache über hoch-philosophische Themen und moralische Grundsatzdiskussionen – in denen beide natürlich ausschließlich eine reine, weiße Weste präsentieren, obwohl sie in Wirklichkeit lügen, was das Zeug hält. Sympathisch Figuren? Nö, größtenteils nicht.
Neben dem in Jugendbüchern fast obligatorischen Thema des ersten Freundes und des ersten Males haben die beiden wenig Altersgerechtes zu besprechen. Schule, Freunde oder Hobbys sind höchstens am Rande mal Thema. Interessant wurde die Handlung dadurch leider nur selten, nur in der Nähe des offen gehaltenen Endes wurde sie kurzzeitig richtig stark. Das hat mir gut gefallen. Davor fehlt ihr oft der rote Faden. Teilweise arg konstruierte Pinnwand-Diskussionen mit anderen Freunden lockern das Gesamtbild zwar auf, können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die privaten Nachrichten zwischen Ben und Lulu sich in die Länge ziehen.
Die Chat-Form dieses Romans bedingt es einfach, dass es genau genommen gar keine Handlung gibt, jedenfalls keine direkte. Sie findet nur als indirekte Wiedergabe in Bens und Lulus Gesprächen statt. Das ist ziemlich trocken (Lulu und ihr Freund, Ben und seine Freundin, der Sinn des Lebens…) und endet in der Regel damit, dass Ben und Lulu nicht mehr miteinander reden und sich anschließend gegenseitig anbetteln es doch wieder zu tun. Der Roman geht hier an sich nicht schlecht mit der Frage um, ob das Gegenüber im Internet immer das ist, wofür man es hält, gerade, wenn es dann um ein persönliches Treffen geht, fehlten mir aber die Vorsichtsmaßnahmen, gerade bei einem Jugendroman für junge Leserinnen, und die Zweifel wurden zugunsten einer ordentlichen Portion Naivität und süßem Kitsch begraben.
Sprachlich ist der Roman flüssig zu lesen, für Jugendliche empfand ich die Wortwahl von Ben und Lulu allerdings nicht immer als glaubhaft. Es war mir oft zu gewählt ausgedrückt. Das hat nichts damit zu tun, dass ich bei einem Roman in Chat-Form die übliche Vernachlässigung der deutschen Rechtschreibung fordern würde, wie man sie bei realen Jugendlichen erwarten müsste – das wäre für jeden Leser eine Zumutung. Dennoch hätte es Ben und Chantalismus-Lulu sicher nicht geschadet, ein wenig lockerer zu sprechen, vielleicht doch die ein oder andere Internetabkürzung häufiger zu verwenden und ihre Smiley-Kenntnisse, bei jedem Jugendlichen garantiert vorhanden, großzügiger auszuschöpfen. Da die Chat-Form eigentlich das Einzige ist, das „Im Pyjama um halb vier“ von der Masse abhebt, hätte man sich auf die Glaubwürdigkeit dieses Elements vielleicht stärker konzentrieren können.
Fazit: Abgesehen von einem gelungenen Ende hat mir persönlich der rote Faden gefehlt und die Figuren waren nicht authentisch genug. Die Chat-Form ist ungewöhnlich, hätte aber konsequenter genutzt werden können. Mehr als eine nette Geschichte für zwischendurch, die ich allerdings nur jungen Mädchen (oder jung-gebliebenen Leser im Allgemeinen), die wirklich auf klassische Junge-trifft-Mädchen-Liebesgeschichten stehen, empfehlen könnte, ist leider nicht daraus geworden. 3 Sterne.
Ich denke, bei einer solchen Beschreibung eines Buches, ist selbst für die jugendlichen Leser direkt klar, worauf diese Geschichte hinauslaufen wird. Zwar gibt es gegen Ende eine Überraschung, die nicht so leicht vorherzusehen ist und sehr gut umgesetzt wurde, aber es wird die einzige sein. Insgesamt es „Im Pyjama um halb vier“ ein klassisches „Junge-trifft-Mädchen/Junge-mag-Mädchen“-Buch, das durch einen durchgehenden Chat-Stil ein außergewöhnliche Element und durch eine bunte Gestaltung auch optische Besonderheiten mit sich bringt, aber inhaltlich eben doch recht vorhersehbar ist.
Zugegebenermaßen, ich bin mit Mitte Zwanzig auch etwas älter als die tatsächliche Zielgruppe und, obwohl ich viele Jugendbücher gerne lese und auch einige Erwachsene kenne, die dieses Buch hier geliebt haben oder lieben würden, ganz unabhängig von ihrem tatsächlichen Alter, muss ich sagen, dass ich persönlich für diese zuckersüßen Geschichten einfach nicht zugänglich bin, auch als Jugendliche schon nicht wirklich zugänglich dafür war. Doch auch bei dem Versuch einer objektiveren Betrachtung fehlt mir bei diesem Buch einfach einiges, dass es zu mehr machen würde, als zu einer netten Geschichte für zwischendurch.
Ben ist 17, Lulu, übrigens die Abkürzung für das leicht prollige Luca-Luisa, soll 16 Jahre alt sein. Hätten die Figuren das aber nicht irgendwann selbst erwähnt, ich wäre nicht zu dieser Einschätzung bezüglich ihres Alters gekommen. Zuerst wirkten sie sehr kindlich, vor allem Lulu. Sie ist beinahe ein Klischee-Mädchen: Oberflächlich, Modepüppchen, Ballerina, kein Verständnis für Videospiele. Dass der Chantalismus-mit-Bindestrich, der ihren Vornamen darstellt, noch dazu ein etwas neuerer Trend ist, wofür eine 16-jährige vielleicht doch ein wenig zu alt ist, ist dann noch eine Zugabe an Klischee und nicht ganz stimmiger Glaubwürdigkeit.
Auch Ben hat in Sachen Authentizität so seine Schwierigkeiten. Zwar wirkt er älter als Lulu, aber während auch bei ihm manchmal das kindliche durchkommt, wirken beide zusammen häufig zu erwachsen, reden in fast geschwollener Sprache über hoch-philosophische Themen und moralische Grundsatzdiskussionen – in denen beide natürlich ausschließlich eine reine, weiße Weste präsentieren, obwohl sie in Wirklichkeit lügen, was das Zeug hält. Sympathisch Figuren? Nö, größtenteils nicht.
Neben dem in Jugendbüchern fast obligatorischen Thema des ersten Freundes und des ersten Males haben die beiden wenig Altersgerechtes zu besprechen. Schule, Freunde oder Hobbys sind höchstens am Rande mal Thema. Interessant wurde die Handlung dadurch leider nur selten, nur in der Nähe des offen gehaltenen Endes wurde sie kurzzeitig richtig stark. Das hat mir gut gefallen. Davor fehlt ihr oft der rote Faden. Teilweise arg konstruierte Pinnwand-Diskussionen mit anderen Freunden lockern das Gesamtbild zwar auf, können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die privaten Nachrichten zwischen Ben und Lulu sich in die Länge ziehen.
Die Chat-Form dieses Romans bedingt es einfach, dass es genau genommen gar keine Handlung gibt, jedenfalls keine direkte. Sie findet nur als indirekte Wiedergabe in Bens und Lulus Gesprächen statt. Das ist ziemlich trocken (Lulu und ihr Freund, Ben und seine Freundin, der Sinn des Lebens…) und endet in der Regel damit, dass Ben und Lulu nicht mehr miteinander reden und sich anschließend gegenseitig anbetteln es doch wieder zu tun. Der Roman geht hier an sich nicht schlecht mit der Frage um, ob das Gegenüber im Internet immer das ist, wofür man es hält, gerade, wenn es dann um ein persönliches Treffen geht, fehlten mir aber die Vorsichtsmaßnahmen, gerade bei einem Jugendroman für junge Leserinnen, und die Zweifel wurden zugunsten einer ordentlichen Portion Naivität und süßem Kitsch begraben.
Sprachlich ist der Roman flüssig zu lesen, für Jugendliche empfand ich die Wortwahl von Ben und Lulu allerdings nicht immer als glaubhaft. Es war mir oft zu gewählt ausgedrückt. Das hat nichts damit zu tun, dass ich bei einem Roman in Chat-Form die übliche Vernachlässigung der deutschen Rechtschreibung fordern würde, wie man sie bei realen Jugendlichen erwarten müsste – das wäre für jeden Leser eine Zumutung. Dennoch hätte es Ben und Chantalismus-Lulu sicher nicht geschadet, ein wenig lockerer zu sprechen, vielleicht doch die ein oder andere Internetabkürzung häufiger zu verwenden und ihre Smiley-Kenntnisse, bei jedem Jugendlichen garantiert vorhanden, großzügiger auszuschöpfen. Da die Chat-Form eigentlich das Einzige ist, das „Im Pyjama um halb vier“ von der Masse abhebt, hätte man sich auf die Glaubwürdigkeit dieses Elements vielleicht stärker konzentrieren können.
Fazit: Abgesehen von einem gelungenen Ende hat mir persönlich der rote Faden gefehlt und die Figuren waren nicht authentisch genug. Die Chat-Form ist ungewöhnlich, hätte aber konsequenter genutzt werden können. Mehr als eine nette Geschichte für zwischendurch, die ich allerdings nur jungen Mädchen (oder jung-gebliebenen Leser im Allgemeinen), die wirklich auf klassische Junge-trifft-Mädchen-Liebesgeschichten stehen, empfehlen könnte, ist leider nicht daraus geworden. 3 Sterne.
Allgemeine Informationen
Ausgabe: Klappenbroschur
Erschienen: Jan. 2013
Seiten: 237
Altersempfehlung: ab 12 Jahre
Verlag: Arena
ISBN: 978-3401067933
Preis: € [D] 12.99
Entstehungsgeschichte und weitere Informationen auf der Verlagshomepage zum Buch
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