Freitag, 25. Mai 2012

Rezension zu "Blutrote Schwestern" von Jackson Pearce


 Starre Charaktere und vorhersehbare Handlung

"Blutrote Schwestern" von Jackson Pearce ist ein Werwolf-lastiger Jugendroman aus dem Contemporary-Fantasy-Bereich, der mir aufgrund mangelnder Entwicklungen bei den Charakteren, fehlender Sympathieträger und langweiliger Liebesgeschichte nicht gefallen hat.

Vor den Details, aber erst einmal der Inhalt: Vor sieben Jahren wurden die 11-jährige Scarlett und ihre jüngere Schwester Rosie im Haus ihrer Großmutter Opfer eines Werwolfangriffs. Die Großmutter stirbt und Scarlett überlebt schwer verletzt. Für den Rest ihres Lebens wird sie von Narben gezeichnet sein. Sieben Jahre später jagt Scarlett die Fenris (Werwölfe), die es auf junge, schöne Frauen abgesehen haben. Auch die 16-jährige Rosie ist zur Jägerin geworden, ist aber längst nicht so überzeugt von dieser Lebensaufgabe wie ihre Schwester. Als Silas, Scarletts bester Freund und Jagdgefährte, von einer längeren Reise in den kleinen Heimatort zurückkehrt und Rosie sich in ihn verliebt, beginnen die Gewissensbisse gegenüber der Schwester, denn Rosie wünscht sich vom Leben mehr als die Jagd. Vorerst muss sie jedoch weiter jagen, denn die Fenris sind gerade ungewöhnliche viele und werden stärker. Scarlett und Rosie machen sich auf die Suche nach der Ursache...

Der Prolog hat mir noch wirklich gut gefallen. Spannend wie er ist, machte er mir wirklich Hoffnung auf einen spannenden Roman. Die Hoffnung wich nur leider schon bald der Ernüchterung. 
Schon der Schreibstil, der formulierungstechnisch teilweise noch für Lichtblicke sorgte, aber auch gelegentlich ins Pathetische abrutschte, war nicht einfach zu lesen. War der Prolog noch aus der dritten Perspektive erzählt, so wechselten sich in den folgenden Kapiteln die Schwestern Scarlett und Rosie als Ich-Erzählerinnen im Präsens ab. Normalerweise habe ich mit solchen Erzählerwechseln wenig Probleme, aber, obwohl jedes Kapitel mit dem Namen der Erzählerin überschrieben war, konnte ich in diesem Buch nur schwer den Überblick behalten. Sprachlich unterscheiden sich die beiden nicht und zudem halten sie sich in der Regel am gleichen Ort auf. Auch die spezifischen Gedankengänge waren oft nicht eindeutig genug. Die einzige Unterscheidungsmöglichkeit, wenn die erste Seite des Kapitels erst einmal umgeblättert ist, bietet sich, wenn eine Schwester die andere namentlich erwähnt. Unterbrechungsfreies, flüssiges Lesen fiel mir daher schwer, da ich des Öfteren an den Kapitelanfang zurückblättern musste.

Die Charaktere konnten mich leider auch nicht begeistern. "Heldinnen", wie die Buchrückseite es verspricht, gibt es nicht, höchstens eine "Heldin" im Singular und auch das nur mit Einschränkung. Diese Vielleicht-Heldin ist Scarlett. Sie lebt für die Jagd, ist stark, unerbittlich und kennt ihre Ziele. Ihre Narben, ihr entstelltes Gesicht und die Kompromisslosigkeit mit der sie die Jagd verfolgt, verleihen der älteren der beiden Schwestern die Ecken und Kanten, der einen Charakter interessant, menschlich und somit auch sympathisch machen könnten. "Könnten", denn was Scarlett fehlt, ist alles andere. Die Grundsubstanz aus anderen Eigenschaften, die ihre Ecken ausgleichen würden. Doch Scarlett ist einfach nur schwarz-weiß und bleibt es auch. Die Momentaufnahme der toughen, zurückgezogenen Killerin, die nichts und niemanden - erst recht keine Liebe - an sich heranlässt, entwickelt sich nicht weiter. Das war sehr enttäuschend.

Rosie ist das genaue Gegenteil von Scarlett, dabei aber genauso schwarz-weiß. Sie ist nett, hübsch, naiv und hilfsbedürftig. Was sie noch weniger zur Heldin macht, als Scarlett, ist, dass sie keine greifbare Persönlichkeit hat und sogar widersprüchlich ist. Die jagt nur, weil sie, die bei dem Angriff vor sieben Jahren unverletzt blieb, sich der vernarbten Schwester gegenüber verpflichtet fühlt, will dann aber - obwohl sie ja angeblich gar nicht jagen will - unbedingt allein auf die Jagd gehen und ist wütend, wenn Scarlett sie nicht lässt. Sie wünscht sich ein anderes Leben, braucht aber Silas, den plötzlichen Traumtypen, der ihr sagt, was sie sich wünscht. Rosie braucht einfach immer jemanden, an den sie sich klammern kann, sie will gerettet werden. Ihre Entwicklung ist zwar etwas größer als Scarletts, sie war mir mit ihrem triefenden Selbstmitleid aber einfach nur zuwider.

Also zwei Protagonistinnen und beide sind eindimensional. Der entstellte, mörderische Eisklotz und das "Rette-mich/Hilf-mir"-Engelchen. Die Summe aus beiden wäre bestimmt ein wundervoll facettenreicher Charakter, einzeln sind beide uninteressant. 
Was hat der Roman sonst noch zu bieten? Die Liebesgeschichte? Das hübsche Mädchen kriegt den wahnsinnig attraktiven Typen. Das Mädchen mit den Narben liebt ja ohnehin nur die Jagd. Klischees, wohin das Auge reicht. Spannender wäre wohlmöglich gewesen, wenn sich die emotional verschlossene Scarlett öffnet, aber die Autorin wählt den offensichtlichen, einfachen Weg. Silas ist dadurch auch nicht wirklich ein spannender Charakter - er beschützt das "Rette-mich"-Häschen. Der Prinz, der das arme Ding aus seinem schrecklichen Leben befreit. Gähn. Mich konnte diese Liebesgeschichte nicht berühren, ich fand sie sehr frustrierend.

Da auch die Rotkäppchenhafte Gestaltung des Covers sich inhaltlich, abgesehen von ein paar schlechten "böser Wolf"-Andeutungen, nicht wiederfinden ließ, waren die Kämpfe mit den Fenris und die Fenris selbst das einzige, was mich zwischenzeitlich überzeugen konnte. Die Fenris sind zwar auch eindimensional böse, aber immerhin sorgt ihr gelegentliches Auftauchen für etwas Spannung. Die Haupthandlung, die Suche nach der Ursache für die steigende Anzahl und zunehmende Stärke der Fenris, war dagegen einfach entsetzlich vorhersehbar; falsche Fährten wirkten halbherzig und Versuche, die Entschlüsselung der Wahrheit durch die Protagonisten hinauszuzögern, nur plump. 

Fazit: Lange Schreibe, kurzer Sinn - kein überzeugender Roman. Die Charaktere sind langweilig, die Handlung ist vorhersehbar, die Liebesgeschichte herzlos. Kurze Lichtblicke waren die Kämpfe, sodass es wenigstens in Sachen Action ein bisschen was zu lesen gab. 2 Sterne für diesen versuchten Rotkäppchen-Abklatsch.


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Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden, Okt. 2011
Seiten: 368
Verlag : PAN
englische Originalausgabe: "Sisters Red"
ISBN: 978-3426283523
Preis: € [D] 16.99

 Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage

3 Kommentare:

  1. Hey

    Ich bin gerade eine Leserin von dir geworden :) über Gegenbesuch würde ich mich freuen :)
    Schöne Rezi. Das Buch liegt seit gefühlten drei Jahren auf meinem SuB. Die Wahrscheinlichkeit das ich es irgedwann mal lesen werde ist sehr gering.

    LG

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  2. Hallo Sarah,

    Danke für diese aussagekräftige Rezi, dann lasse ich mal lieber die Finger dazu und spare das Geld für was besseres.

    LG..karin

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  3. Das ist ja mal interessant - das Buch hätte ich auf jeden Fall irgendwann gelesen, wenn ich deine Rezi nicht gesehen hätte. So kann man sich im Cover täuschen...

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