Grandioser Anfang, schwaches Ende
"Das geheime Prinzip der Liebe" von Hélène Grémillon ist ein beeindruckender Roman voller Gefühle und Überraschungen, der von der Freundschaft und dem Kinderwusch zweier sehr unterschiedlicher Frauen in Frankreich zur Zeit des zweiten Weltkriegs erzählt.
Zum Inhalt: Nach dem Tod ihrer Mutter erhält Camille, eine Mittdreizigerin die 1975 in Paris lebt, absenderlose Briefe eines ihr unbekannten Louis. Er erzählt darin die Geschichte seiner großen Jugendliebe Annie, die in jungen Jahren viel Zeit mit der reichen Madame M verbrachte und berichtet wie eine fatale Entscheidung die beiden Freundinnen für immer entzweite. Zuerst hält Camille die Briefe für einen Irrtum, dann für den geschickten Schachzug eines Autors, der sie als Verlegerin für sich gewinnen möchte. Doch sie spürt schnell, dass die Briefe mehr mit ihr zu tun haben könnten, als ihr lieb ist...
Schon auf den ersten Seiten hat mich dieser Roman in seinen Bann gezogen. Der Wechsel zwischen den Kapiteln Camilles und den Briefen lässt den Leser teilhaben an Camilles langsamer Entschlüsselung ihrer Rolle in dieser Geschichte und gleichzeitig auch im Hintergrund an der Entwicklung ihres eigenen Lebens, in dem sie mehr Veränderungen bewerkstelligen muss, als nur den Verlust ihrer Mutter.
Auf der anderen Seite stehen die Briefe, die neben der jugendlichen Verliebtheit Louis' die verwirrende Beziehung von Annie und Madame M schildern. Diese überraschen mit Wendungen, die mich als Leser immer wieder dazu zwangen, mein Bild der Rollen von "Gut" und "Böse" neu zu überdenken, denn die Charaktere sind nicht immer das, was sie zuerst schienen, und in diesen Wechseln liegt die wirkliche Stärke des Romans, die ihn spannend, fesselnd und mitreißend macht. Gerade die Charaktere in der Handlung der Briefe, also Madame M und Annie, bekommen sehr viel Tiefe und konnten überraschen.
Leider bekommt Camille gerade in der zweiten Romanhälfte von dieser Charaktertiefe nichts ab. Die Ich-Erzählerin der "Gegenwart" bleibt blass, tritt immer mehr in den Hintergrund und verschwindet über weite Teile sogar beinahe vollständig aus den Augen des Lesers. Das war insbesondere nach der starken ersten Hälfte eine Enttäuschung. Auch einige von Camilles Versuchen Zusammenhänge darzustellen, gestalten sich eher schwierig, sind manchmal konstruiert, sehr weit hergeholt oder strotzen vor Klischees. So konnte mich nach langem Überlegen und mehrmaligem Lesen das Ende einfach gar nicht überzeugen. War der Charakter Camille zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon zur Nebensächlichkeit geworden und neben dem starken Wechselspiel zwsichen Madame M und Annie in der 35 Jahre früher spielenden Handlung kaum noch der Rede wert, wurden ihre symboldeuterischen Fähigkeiten auf den letzten Seiten für mich einfach nur noch abstrus und verdarben mir das Ende der anstonsten tollen Geschichte mit dem Nachgeschmack von Kitsch und Klischee.
Der Schreibstil dagegen hat mir wirklich gut gefallen. Er ist eher einfach gehalten, unspektakulär, aber nicht langweilig oder flach. Der ganze Roman las sich sehr flüssig und vermittelte eine passende Atmosphäre zur düsteren Lebensgeschichte der Frauen. Ebenso überzeugend sind die schlichte Covergestaltung und die Verarbeitung des Buches.
Mein Fazit: Wirklich stark am Anfang, aber leider mit schwachem Ende und einer verblassenden Ich-Erzählerin Camille, die mir leider auch das ein oder andere Klischee nicht ersparte. 4 Sterne.
Zum Inhalt: Nach dem Tod ihrer Mutter erhält Camille, eine Mittdreizigerin die 1975 in Paris lebt, absenderlose Briefe eines ihr unbekannten Louis. Er erzählt darin die Geschichte seiner großen Jugendliebe Annie, die in jungen Jahren viel Zeit mit der reichen Madame M verbrachte und berichtet wie eine fatale Entscheidung die beiden Freundinnen für immer entzweite. Zuerst hält Camille die Briefe für einen Irrtum, dann für den geschickten Schachzug eines Autors, der sie als Verlegerin für sich gewinnen möchte. Doch sie spürt schnell, dass die Briefe mehr mit ihr zu tun haben könnten, als ihr lieb ist...
Schon auf den ersten Seiten hat mich dieser Roman in seinen Bann gezogen. Der Wechsel zwischen den Kapiteln Camilles und den Briefen lässt den Leser teilhaben an Camilles langsamer Entschlüsselung ihrer Rolle in dieser Geschichte und gleichzeitig auch im Hintergrund an der Entwicklung ihres eigenen Lebens, in dem sie mehr Veränderungen bewerkstelligen muss, als nur den Verlust ihrer Mutter.
Auf der anderen Seite stehen die Briefe, die neben der jugendlichen Verliebtheit Louis' die verwirrende Beziehung von Annie und Madame M schildern. Diese überraschen mit Wendungen, die mich als Leser immer wieder dazu zwangen, mein Bild der Rollen von "Gut" und "Böse" neu zu überdenken, denn die Charaktere sind nicht immer das, was sie zuerst schienen, und in diesen Wechseln liegt die wirkliche Stärke des Romans, die ihn spannend, fesselnd und mitreißend macht. Gerade die Charaktere in der Handlung der Briefe, also Madame M und Annie, bekommen sehr viel Tiefe und konnten überraschen.
Leider bekommt Camille gerade in der zweiten Romanhälfte von dieser Charaktertiefe nichts ab. Die Ich-Erzählerin der "Gegenwart" bleibt blass, tritt immer mehr in den Hintergrund und verschwindet über weite Teile sogar beinahe vollständig aus den Augen des Lesers. Das war insbesondere nach der starken ersten Hälfte eine Enttäuschung. Auch einige von Camilles Versuchen Zusammenhänge darzustellen, gestalten sich eher schwierig, sind manchmal konstruiert, sehr weit hergeholt oder strotzen vor Klischees. So konnte mich nach langem Überlegen und mehrmaligem Lesen das Ende einfach gar nicht überzeugen. War der Charakter Camille zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon zur Nebensächlichkeit geworden und neben dem starken Wechselspiel zwsichen Madame M und Annie in der 35 Jahre früher spielenden Handlung kaum noch der Rede wert, wurden ihre symboldeuterischen Fähigkeiten auf den letzten Seiten für mich einfach nur noch abstrus und verdarben mir das Ende der anstonsten tollen Geschichte mit dem Nachgeschmack von Kitsch und Klischee.
Der Schreibstil dagegen hat mir wirklich gut gefallen. Er ist eher einfach gehalten, unspektakulär, aber nicht langweilig oder flach. Der ganze Roman las sich sehr flüssig und vermittelte eine passende Atmosphäre zur düsteren Lebensgeschichte der Frauen. Ebenso überzeugend sind die schlichte Covergestaltung und die Verarbeitung des Buches.
Mein Fazit: Wirklich stark am Anfang, aber leider mit schwachem Ende und einer verblassenden Ich-Erzählerin Camille, die mir leider auch das ein oder andere Klischee nicht ersparte. 4 Sterne.
"Das geheime Prinzip der Liebe" von Hélène Grémillon bei Amazon.de
Allgemeine Informationen
Ausgabe: Gebunden, Feb. 2012
Seiten: 255
Verlag: Hoffmann und Campe
Französischer Originaltitel: Le confident
Französischer Originaltitel: Le confident
ISBN: 978-3455400960
Preis: € [D] 19.99
Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage
Tolle Rezension. Klingt interessant :)
AntwortenLöschenFrohe Ostern!
- ich freue mich, wenn du vorbeischaust!
Ich habe das Buch auch gestern beendet und war sehr begeistert. Du hast recht, Camille tritt ziemlich in den Hintergrund neben den anderen starken Frauencharakteren. Aber im Gegensatz zu dir war ich auch mit dem Ende sehr zufrieden :-) Ich muss gleich mal gucken gehen, ob es noch mehr Bücher von der Autorin geben wird.
AntwortenLöschenHi,
Löschenich würde auch jederzeit wieder was von der Autorin lesen. Der Stil hat mir richtig gut gefallen. Das Ende ist wahrscheinlich Geschmackssache. Mir war es einfach ein wenig zu blumig für die Geschichte und ich konnte die Gedanken, die dorthin geführt haben, einfach nicht mehr schlüssig finden. Das stört mich dann leider.
Aber insgesamt war es schon ein richtig tolles Buch.
Gruß
Ich überlege schon länger, das Buch zu lesen, da im Mai eine Lesung der Autorin in meiner Nähe dazu stattfindet.
AntwortenLöschenVlt werde ich es mir ja doch holen? ;D
Bin gerade zufällig, durch eine Blogroll, auf deinen Blog gestoßen und gleich mal Leserin geworden. ;)
Ich freue mich immer über Besuch und neue Leser! ;D
http://dieweltderbuecher.blogspot.com/
Liebe Grüße,
Linn