Zu naiv, zu vorhersehbar
Der "Arena"-Verlag gibt als Altersempfehlung für Alina Bronskys "Spiegelkind" "ab 11 Jahre" an, bei Amazon.de steht "11-13 Jahre". Wäre ich in diesem Alter, vielleicht hätte mir dieser Auftakt einer neuen
Jugendbuchreihe um die 15jährige Ich-Erzählerin Juli besser
gefallen - das kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Meine Schmerzgrenze für Naivität und konstruierte Spannungsverläufe ist aber mit Mitte Zwanzig sicher eine andere als mit elf oder zwölf und mir war das in diesem Roman einfach zuviel des Guten, weswegen er meiner Meinung nach definitiv nicht "All-Age"-geeignet ist.
Jetzt aber erstmal zum Inhalt: Julis Eltern haben sich vor einigen Monaten getrennt und teilen sich seitdem das Sorgerecht für Juli und ihre siebenjährigen Zwillingsgeschwister Kassie und Jaro. Doch plötzlich verschwindet ihre Mutter und, obwohl das Wohnzimmer verwüstet ist und es für Juli offensichtlich ist, dass ihre Mutter nicht freiwillig gegangen ist, scheinen sich weder die Polizei noch Julis Vater wirklich dafür zu interessieren. Mit der Zeit erfährt Juli auch den Grund: Ihre Mutter ist eine Phee und diese haben in der Gesellschaft aus "Normalen", zu denen auch Julis Familie zählt, und "Freaks" keine Rechte und weder mit Argwohn betrachtet. Julis "normale" Welt gerät ins Wanken, erst recht, als sie in der Schule Ksü kennenlernt, die mit ihrem Aussehen so gar nicht in die Norm passt.
Ich möchte mal mit dem positiven anfangen: Ksü und ihr Bruder Ivan sind interessante Charaktere und auch die Handlung an sich hat spannende Momente und genug Potential, den Leser wirklich mitzureißen. Das Gleiche gilt für die Welt, in der diese Geschichte angesiedelt ist. Sie ist geteilt zwischen "Normalen", die sich schlicht kleiden, unauffällig benehmen, die guten Schulen besuchen und nichts tun, was außerhalb der Norm liegen könnte, und den "Freaks", die mit bunter Kleidung auffallen und in den weniger schönen Stadtteilen leben. Damit springt die Autorin auf den aktuell herrschenden Dystopie-Trend auf, denn natürlich geraten die Fugen dieser Welt, die zumindest im Kopf der 15jährigen Juli bis dahin sehr gefestigt waren, gehörig ins Wanken. Aus diesen guten Grundlagen wurde aber einfach viel zu wenig gemacht.
Leider bleibt in der Geschichte nämlich gleichzeitig vieles unerklärt und oberflächlich. Julis Verhalten ist alles andere als rational, sie flippt in den falschen Momenten aus und gibt dann plötzlich wieder das brave, verschüchterte und nichtwissende Mädchen, sodass mich ihr Charakter allein schon wenig ansprach und mit vor allem auch nicht glaubwürdig erscheint. Besonders ihre Unwissenheit ist dabei auch nicht zu erklären, denn alle, und zwar wirklich ALLE, kennen das Wort "Phee" und seine Bedeutung, es wird in der Schule sogar als Schimpfwort benutzt! Nur Juli will noch nie etwas davon gehört haben.
Und auch bei der Suche nach Erklärungen benimmt sie sich anstrengend unlogisch (um nicht zu sagen dämlich) und naiv, stellt immer die falschen Fragen, löst die Rätsel erst, wenn ich mir als Leser dank diverser Andeutungen, welche die Ich-Erzählerin anstrengenderweise immer gewissenhaft ignoriert, diese schon lange zusammengereimt habe. Der Roman strotzt dadurch vor Wendungen, die nur noch für die Protagonistin überraschend sind, während ich als Leser die Seiten umblättere und denke: "Ach ne, Mädel, endlich hat es bei dir auch mal 'klick' gemacht". Dieser Stil eine Geschichte zu erzählen - vermeintlich durch Andeutungen, die alle außer der Protagonistin verstehen, die Handlung spannend zu machen und Erklärungen plötzlich zu unterbrechen und dann das Interesse daran zu verlieren, um ihre Auflösung in die Länge zu ziehen - stört mich, da es unecht wirkt.
Ein gutes Beispiel dafür ist Julis Versuch mit einer unerlaubten, von ihrer neuen, unorthodoxen Freundin Ksü gehackten Suchmaschine im Internet etwas über Pheen herauszufinden. Sie liest den Bericht bis zu einer bestimmten Stelle, an der es um die Söhne der Pheen geht und was aus diesen wird. Dann muss sie abbrechen, um nicht entdeckt zu werden. Juli denkt sich am Anfang noch, dass sie diesen Bericht unbedingt weiterlesen sollte, hat aber keine Gelegenheit mehr dazu. Später gibt ihr jemand in fast demselben Wortlaut den Inhalt des Berichtes noch einmal wieder - und sie bemerkt das auch. Aber anstatt zu warten oder sogar gezielt nach den noch fehlenden Informationen zu fragen, unterbricht sie ihren Gesprächspartner wieder just an der Stelle, die interessant werden könnte, mit Banalitäten und schleppt die Erklärung so in die Folgebände. Das ist eine so schrecklich konstruiert wirkende Methode Spannung zu erzeugen, dass es mir beim Lesen wehtat.
Jetzt aber erstmal zum Inhalt: Julis Eltern haben sich vor einigen Monaten getrennt und teilen sich seitdem das Sorgerecht für Juli und ihre siebenjährigen Zwillingsgeschwister Kassie und Jaro. Doch plötzlich verschwindet ihre Mutter und, obwohl das Wohnzimmer verwüstet ist und es für Juli offensichtlich ist, dass ihre Mutter nicht freiwillig gegangen ist, scheinen sich weder die Polizei noch Julis Vater wirklich dafür zu interessieren. Mit der Zeit erfährt Juli auch den Grund: Ihre Mutter ist eine Phee und diese haben in der Gesellschaft aus "Normalen", zu denen auch Julis Familie zählt, und "Freaks" keine Rechte und weder mit Argwohn betrachtet. Julis "normale" Welt gerät ins Wanken, erst recht, als sie in der Schule Ksü kennenlernt, die mit ihrem Aussehen so gar nicht in die Norm passt.
Ich möchte mal mit dem positiven anfangen: Ksü und ihr Bruder Ivan sind interessante Charaktere und auch die Handlung an sich hat spannende Momente und genug Potential, den Leser wirklich mitzureißen. Das Gleiche gilt für die Welt, in der diese Geschichte angesiedelt ist. Sie ist geteilt zwischen "Normalen", die sich schlicht kleiden, unauffällig benehmen, die guten Schulen besuchen und nichts tun, was außerhalb der Norm liegen könnte, und den "Freaks", die mit bunter Kleidung auffallen und in den weniger schönen Stadtteilen leben. Damit springt die Autorin auf den aktuell herrschenden Dystopie-Trend auf, denn natürlich geraten die Fugen dieser Welt, die zumindest im Kopf der 15jährigen Juli bis dahin sehr gefestigt waren, gehörig ins Wanken. Aus diesen guten Grundlagen wurde aber einfach viel zu wenig gemacht.
Leider bleibt in der Geschichte nämlich gleichzeitig vieles unerklärt und oberflächlich. Julis Verhalten ist alles andere als rational, sie flippt in den falschen Momenten aus und gibt dann plötzlich wieder das brave, verschüchterte und nichtwissende Mädchen, sodass mich ihr Charakter allein schon wenig ansprach und mit vor allem auch nicht glaubwürdig erscheint. Besonders ihre Unwissenheit ist dabei auch nicht zu erklären, denn alle, und zwar wirklich ALLE, kennen das Wort "Phee" und seine Bedeutung, es wird in der Schule sogar als Schimpfwort benutzt! Nur Juli will noch nie etwas davon gehört haben.
Und auch bei der Suche nach Erklärungen benimmt sie sich anstrengend unlogisch (um nicht zu sagen dämlich) und naiv, stellt immer die falschen Fragen, löst die Rätsel erst, wenn ich mir als Leser dank diverser Andeutungen, welche die Ich-Erzählerin anstrengenderweise immer gewissenhaft ignoriert, diese schon lange zusammengereimt habe. Der Roman strotzt dadurch vor Wendungen, die nur noch für die Protagonistin überraschend sind, während ich als Leser die Seiten umblättere und denke: "Ach ne, Mädel, endlich hat es bei dir auch mal 'klick' gemacht". Dieser Stil eine Geschichte zu erzählen - vermeintlich durch Andeutungen, die alle außer der Protagonistin verstehen, die Handlung spannend zu machen und Erklärungen plötzlich zu unterbrechen und dann das Interesse daran zu verlieren, um ihre Auflösung in die Länge zu ziehen - stört mich, da es unecht wirkt.
Ein gutes Beispiel dafür ist Julis Versuch mit einer unerlaubten, von ihrer neuen, unorthodoxen Freundin Ksü gehackten Suchmaschine im Internet etwas über Pheen herauszufinden. Sie liest den Bericht bis zu einer bestimmten Stelle, an der es um die Söhne der Pheen geht und was aus diesen wird. Dann muss sie abbrechen, um nicht entdeckt zu werden. Juli denkt sich am Anfang noch, dass sie diesen Bericht unbedingt weiterlesen sollte, hat aber keine Gelegenheit mehr dazu. Später gibt ihr jemand in fast demselben Wortlaut den Inhalt des Berichtes noch einmal wieder - und sie bemerkt das auch. Aber anstatt zu warten oder sogar gezielt nach den noch fehlenden Informationen zu fragen, unterbricht sie ihren Gesprächspartner wieder just an der Stelle, die interessant werden könnte, mit Banalitäten und schleppt die Erklärung so in die Folgebände. Das ist eine so schrecklich konstruiert wirkende Methode Spannung zu erzeugen, dass es mir beim Lesen wehtat.
Trotz der guten Sprache, die zwar einfach, aber auch sehr flüssig zu lesen ist, hat mir "Spiegelkind" inhaltlich daher einfach nicht gefallen. Ich hatte eher das Gefühl, dass hier eine Geschichte, die für einen einzelnen Roman gereicht hätte, mit aller Macht auf drei Teile in die Länge gezogen wird - und das funktioniert nur, wenn alle Protagonistin sich ein bisschen dumm anstellen, nicht sofort die Rätsel knacken und möglichst selten wirkliches Interesse an Informationen zeigen, die sie zu sehr weiterbringen könnten.
Daher mein Fazit: Ich habe kaum noch Interesse am Weiterlesen. Es hat mir trotz guter Grundidee nicht wirklich gefallen. Der Schreibstil ist zwar einfach, aber dennoch gut, nur das reicht nicht. Die Handlung ist oft konstruiert, die Protagonistin handelt zu häufig entgegen jeder Logik, wodurch alles in der Regel noch konstruierter wird, und aus den interessanten Nebencharakteren wurde wenig bis gar nichts gemacht. Vielleicht findet man es im "Prä-Teenager-Alter" noch nicht so anstrengend, wenn zu Gusten der nicht wirklich aufgebauten Spannung Handlungsstränge bis zum Geht-nicht-mehr konstruiert werden, Erklärungen künstlich verschleppt werden oder Andeutungen das Rätsel schon lösen bevor die Protagonisten es tun. Ich weiß es nicht, aber vorstellen kann ich es mir auch nicht wirklich.
Daher gebe ich nur zwei Sterne für die gute Grundidee. Die Schwächen überwiegen für mich leider einfach zu sehr. Dabei hatte ich beim Klappentext noch auf eine schöne, neue Trilogie gehofft.
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