Mittwoch, 8. Februar 2012

Rezension zu "Eine unbeliebte Frau" von Nele Neuhaus


Von allem zuviel

Ich habe lange überlegt, ob ich überhaupt etwas über "Eine unbeliebte Frau" schreiben möchte. Jetzt tue ich es und kann nur zwei Sterne geben, obwohl die Bodenstein-Kirchhoff-Reihe der Autorin meiner Meinung nach in den Folgeromanen nach und nach ihr wirkliches Potential zeigt - leider ist der erste Teil aber eher abschreckend. Zu viele Fehler schleichen sich ein, es gibt zu viele Straftaten, zu viele Tatverdächtige, insgesamt zu viele Personen - das einzige, was zu wenig vorhanden ist, ist Spannung.

Kurz zum Inhalt: Die junge, äußerst attraktive und kürzlich getrennte Ehefrau eines Tierarztes wird tot aufgefunden. Die gemeinsame Tochter ist verschwunden und kurz zuvor hat sich der Oberstaatsanwalt selbst erschossen. Das neue Ermittlerteam im Taunus, Chef Oliver von Bodenstein und seine neue Kollegin Pia Kirchhoff, finden bald heraus, wie unbeliebt die Ermordete war...

Um mit dem Positiven zu beginnen: Das Buch ist flüssig geschrieben, die Charaktere Bodenstein und Kirchhoff sind sympathisch und interessant. Auch die Geschichte ist interessant - bei der Vielzahl von Handlungssträngen und kriminellen Protagonisten geht nur einfach die Spannung ein wenig flöten.

Und damit wären wir bei meinen negativen Kritikpunkten:

- So ziemlich jeder Protagonist ist kriminell und/oder zumindest bei den Ermittlungen nicht hilfreich. Jeder, der etwas weiß, behält es für sich und versucht lieber durch Selbstjustiz oder Intrigen selbst etwas zu unternehmen. Auch die Ermittlungen dümpeln so vor sich hin. Keiner der Ermittler scheint irgendwie den Überblick zu haben, man stellt die entscheidenden Fragen, auf die der Leser schon verzweifelt wartet, vorsorglich nicht, hinterfragt zwar Aussagen gerne, unternimmt dann aber nichts und wartet einfach nur ab, dass irgendjemand einen anderen in die Pfanne haut.

- Manchmal treten zu offensichtliche Ungereimtheiten auf. Wenn ein Mord mit einem Nakosemittel begangen wurde, das nicht leicht erhältlich ist und über dessen Verwendung Protokoll geführt werden muss, und die Ermittler zusehen, wie ein Pferd mit eben diesem Mittel eingeschläfert werden soll, aber die Ampulle dann wirkungslos ist...was denkt sich dann der Leser? Ich habe gedacht: Oh, Mordwaffe gefunden? Wurde die Ampulle vielleicht ausgetauscht, um das Protokoll zu umgehen und befindet sich in der Placebo-Ampulle daher überhaupt kein Wirkstoff mehr? Jetzt wird das Ding bestimmt sofort beschlagnahmt, ermittelt, wer wie wann und wo Zugriff gehabt haben könnte und ... aber nein. Es wird einfach eine neue Ampulle geholt und das wars. Die Ermittler denken sich nichts dabei, der Vorfall wird einfach übergangen.
Genauso wird eine weitere Leiche, die kurz zum Spannungsaufbau dient, kurz darauf wieder völlig links liegen gelassen - noch eine Tote im Einzugsgebiet? Ach, wir haben doch schon eine.

- Die Ermittler zeichnen sich die meiste Zeit dadurch aus, dass sie erstaunlich wenig handfestes unternehmen. Aber dann - urplötzlich - lässt man sich zu völlig übereilten Handlungen hinreißen, die eigentlich gar nicht auf den Ermittlungsergbnissen beruhen, sondern nur auf fixen Ideen.

Zusammenfassend kann ich nur noch einmal sagen, dass ich von dem Buch eher enttäuscht war. Ich habe mich nur nicht von der Reihe abbringen lassen, da ich den vierten Teil, "Schneewittchen muss sterben", bereits gelesen hatte. Ansonsten wäre ein solcher Krimi-Auftakt für mich das klare Aus für eine Reihe. Besonders ärgerlich ist es für mich als Leser, wenn viele Handlungsstränge aufgebaut werden und dann kommentarlos wieder verschwinden.

Fazit: Ich kann dieses Buch daher eigentlich nicht empfehlen, möchte aber dennoch erwähnen, dass sich die Reihe lohnt. Es wird besser und wenn man trotz einer etwas zu undurchdachten Handlung, aber dafür mit einem guten, lesbaren Schreibstil, durchhält, wird man anschließend durch bessere Krimis aus dem Taunus belohnt. 


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