Jeder hat eine Vergangenheit
"Das Mädchen mit den gläsernen Füßen" ist der Debütroman von Ali Shaw
und, nachdem ich es gelesen habe, wundert mich nicht mehr, dass es ein
solcher Überraschungserfolg wurde.
Zum Inhalt: Ida kehrt etwa ein
halbes Jahr nach ihrem Sommerurlaub dort auf die Inselgruppe St. Hauda's
Land zurück, denn sie sucht Antworten auf die Frage, was mit ihr
passiert. Ihre Füße haben angefangen sich in Glas zu verwandeln. Sie Henry Fuwa zu finden, den sie immer Sommer dort kennenlernte
und der mehr über die Geheimnisse der Inseln zu wissen scheint. Zuerst trifft sie
aber auf Midas, einen stillen und zurückgezogenen Hobbyfotografen, der
sofort von ihren großen Stiefeln beeindruckt ist. Doch auch Midas kämpft
innerlich mit seiner Vergangenheit und kann sich Ida nicht sofort
öffnen...
Meine Meinung: Das Buch hat mich überrascht, denn, da es in der Jugendbuchabteilung meiner Buchhandlung stand und auch der Klappentext durchaus ein Buch des Genres Romantic-Fantasy ankündigen könnte, hatte ich wie so oft eine leicht kitschige Tennie-Liebe mit spannenden Wendungen erwartet, aber dieser Roman fällt deutlich aus der Reihe. Zuerst einmal sind die Protagonisten Ida und Midas ganz untypisch keine Teenager mehr sondern beide in ihren Zwanzigern. Außerdem ist das Buch sehr ruhig, oft traurig und melanchonisch und jeder, der die Auflösung der großen Geheimnisse und die spannende Reise durch ein verzaubertes Land auf der Suche nach Idas Rettung sucht, wird wahrscheinlich nicht das finden, was er erwartet.
Doch wenn man sich auf diese ganz besonderen Geschichte einlässt, ist sie einfach traumhaft. Man merkt schnell, dass die Inseln von St. Hauda's Land nicht normal sind, ihre Geheimnisse aber gut hüten. Es gibt Gerüchte über ein Tier, dessen Blick alles in Weiß verwandelt, es gibt gefährliche, glühende Quallen an den Küsten und geflügelte Stiere in den Mooren, die außer Henry Fuwa noch niemand zu Gesicht bekommen hat. Und es gibt das Glas an Idas Füßen und sie ist nicht die Einzige. Doch kann ihr überhaupt geholfen werden? Kennt jemand die Ursache? Idas und Midas' Suche schwankt zwischen Hoffnung, Verzweiflung und Akzeptanz des eigenen Schicksals.
Aber nicht nur Ida hat mit Problemen zu kämpfen. Alle Protagonisten haben ihre Vergangenheit und das Buch springt oft in der Zeit zurück, um aus dieser zu erzählen. St. Hauda's Land ist ein Hort der Traurigkeit und Melanchonie. Viele haben Angst sich mit der Vergangenheit zu konfrontieren, leben mit ihren bedrückenden Geheimnissen zurückgezogen, in Wut und Frust oder in resignierter Gleichgültigkeit. Das ist die eigentliche Geschichte, die dieses Buch erzählt. Idas Suche nach Hilfe führt dazu, dass einige dieser gebrochenen Menschen sich aus ihren Höhlen begeben, miteinander sprechen und sich ihrer Vergangenheit stellen. So geht es auch Midas, der seit Jahren mit dem Schicksal seiner Familie hadert und dabei vergessen hat, sein eigenes Leben in die Hand zu nehmen.
Zwischen all den anderen mit ihren tiefen Narben auf der Seele ist die kranke Ida eigentlich der stärkste Charakter. Sie geht mit ihrem Schicksal ruhig und mutig um und zieht dabei auch noch Midas aus seinem Schneckenhaus.
Der Roman hält bis zum Ende diese mal leicht, mal sehr bedrückende Stimmung bei und ist in dieser nur mit ein wenigen Fantasyelementen gespickten Welt sehr glaubwürdig. Kitsch gibt es nicht, auch nicht den großen, alles auflösenden Paukenschlag. Vieles bleibt ungesagt und nicht alle Geheimnisse, die der Leser erfährt, erreichen auch die Protagonisten, während sie ihre Vergangenheit aufarbeiten. Ich habe beim Lesen richtig mitgefühlt und war bis zum Ende einfach nur gebannt von diesem feinfühligen Umgang mit großen Gefühlen, enttäuschter Liebe, zerstörtem Vertrauen und starker Trauer.
Der Schreibstil in "Das Mädchen mit den gläsernen Füßen" ist durchaus anspruchsvoll, die Sätze sind oft lang und verschachtelt, die Sprache ist geschwungen und fast poetisch, arbeitet viel mit Metaphern und vermittelt sehr gut die bedrückende und gleichzeitig märchenhafte Atmosphäre dieses Romans. Mir hat sie sehr gut gefallen, auch wenn (oder gerade weil) man sie nicht schnell sondern aufmerksam lesen sollte, damit die Scheinheit darin richtig zur Geltung kommt.
Darüber hinaus ist auch das Äußere des Buchs schön und passend gestaltet. Der Schnitt ist silbern gefärbt und das Titelbild unterstützt diese verträumte und gleichzeitig etwas traurige, farblose Welt, die in der Handlung aufgebaut wird.
Mein Fazit also: Der Roman hat mir richtig gut gefallen, auch wenn ich ursprünglich etwas anderes erwartet hatte. Doch es ist der Kontrast zwischen dem Schwermut der Protagonisten mit den Unglücken in ihrer Vergangenheit und der schönen, märchenhaften Welt der geheimnisvollen St. Hauda's Land Inseln, der diese Geschichte so lesenswert macht. Es ist ein Roman zum Nachdenken, ein Roman, der bei mir auch noch lange, nachdem ich den Buchdeckel zu geschlagen hatte, eine Stimmungsmix aus Bedrückung und Erleichterung hinterließ.
Einfach traumhaft schön! Eine mehr als klare Leseempfehlung!
Meine Meinung: Das Buch hat mich überrascht, denn, da es in der Jugendbuchabteilung meiner Buchhandlung stand und auch der Klappentext durchaus ein Buch des Genres Romantic-Fantasy ankündigen könnte, hatte ich wie so oft eine leicht kitschige Tennie-Liebe mit spannenden Wendungen erwartet, aber dieser Roman fällt deutlich aus der Reihe. Zuerst einmal sind die Protagonisten Ida und Midas ganz untypisch keine Teenager mehr sondern beide in ihren Zwanzigern. Außerdem ist das Buch sehr ruhig, oft traurig und melanchonisch und jeder, der die Auflösung der großen Geheimnisse und die spannende Reise durch ein verzaubertes Land auf der Suche nach Idas Rettung sucht, wird wahrscheinlich nicht das finden, was er erwartet.
Doch wenn man sich auf diese ganz besonderen Geschichte einlässt, ist sie einfach traumhaft. Man merkt schnell, dass die Inseln von St. Hauda's Land nicht normal sind, ihre Geheimnisse aber gut hüten. Es gibt Gerüchte über ein Tier, dessen Blick alles in Weiß verwandelt, es gibt gefährliche, glühende Quallen an den Küsten und geflügelte Stiere in den Mooren, die außer Henry Fuwa noch niemand zu Gesicht bekommen hat. Und es gibt das Glas an Idas Füßen und sie ist nicht die Einzige. Doch kann ihr überhaupt geholfen werden? Kennt jemand die Ursache? Idas und Midas' Suche schwankt zwischen Hoffnung, Verzweiflung und Akzeptanz des eigenen Schicksals.
Aber nicht nur Ida hat mit Problemen zu kämpfen. Alle Protagonisten haben ihre Vergangenheit und das Buch springt oft in der Zeit zurück, um aus dieser zu erzählen. St. Hauda's Land ist ein Hort der Traurigkeit und Melanchonie. Viele haben Angst sich mit der Vergangenheit zu konfrontieren, leben mit ihren bedrückenden Geheimnissen zurückgezogen, in Wut und Frust oder in resignierter Gleichgültigkeit. Das ist die eigentliche Geschichte, die dieses Buch erzählt. Idas Suche nach Hilfe führt dazu, dass einige dieser gebrochenen Menschen sich aus ihren Höhlen begeben, miteinander sprechen und sich ihrer Vergangenheit stellen. So geht es auch Midas, der seit Jahren mit dem Schicksal seiner Familie hadert und dabei vergessen hat, sein eigenes Leben in die Hand zu nehmen.
Zwischen all den anderen mit ihren tiefen Narben auf der Seele ist die kranke Ida eigentlich der stärkste Charakter. Sie geht mit ihrem Schicksal ruhig und mutig um und zieht dabei auch noch Midas aus seinem Schneckenhaus.
Der Roman hält bis zum Ende diese mal leicht, mal sehr bedrückende Stimmung bei und ist in dieser nur mit ein wenigen Fantasyelementen gespickten Welt sehr glaubwürdig. Kitsch gibt es nicht, auch nicht den großen, alles auflösenden Paukenschlag. Vieles bleibt ungesagt und nicht alle Geheimnisse, die der Leser erfährt, erreichen auch die Protagonisten, während sie ihre Vergangenheit aufarbeiten. Ich habe beim Lesen richtig mitgefühlt und war bis zum Ende einfach nur gebannt von diesem feinfühligen Umgang mit großen Gefühlen, enttäuschter Liebe, zerstörtem Vertrauen und starker Trauer.
Der Schreibstil in "Das Mädchen mit den gläsernen Füßen" ist durchaus anspruchsvoll, die Sätze sind oft lang und verschachtelt, die Sprache ist geschwungen und fast poetisch, arbeitet viel mit Metaphern und vermittelt sehr gut die bedrückende und gleichzeitig märchenhafte Atmosphäre dieses Romans. Mir hat sie sehr gut gefallen, auch wenn (oder gerade weil) man sie nicht schnell sondern aufmerksam lesen sollte, damit die Scheinheit darin richtig zur Geltung kommt.
Darüber hinaus ist auch das Äußere des Buchs schön und passend gestaltet. Der Schnitt ist silbern gefärbt und das Titelbild unterstützt diese verträumte und gleichzeitig etwas traurige, farblose Welt, die in der Handlung aufgebaut wird.
Mein Fazit also: Der Roman hat mir richtig gut gefallen, auch wenn ich ursprünglich etwas anderes erwartet hatte. Doch es ist der Kontrast zwischen dem Schwermut der Protagonisten mit den Unglücken in ihrer Vergangenheit und der schönen, märchenhaften Welt der geheimnisvollen St. Hauda's Land Inseln, der diese Geschichte so lesenswert macht. Es ist ein Roman zum Nachdenken, ein Roman, der bei mir auch noch lange, nachdem ich den Buchdeckel zu geschlagen hatte, eine Stimmungsmix aus Bedrückung und Erleichterung hinterließ.
Einfach traumhaft schön! Eine mehr als klare Leseempfehlung!
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Allgemeine Informationen
Ausgabe: Gebunden, 1. Auflage, Jan. 2012
Seiten: 400
Verlag: script5
englische Originalausgabe: The Girl with Glass Feet
ISBN: 978-3-8390-0131-8
Preis: € [D] 19.95
Ausgabe: Gebunden, 1. Auflage, Jan. 2012
Seiten: 400
Verlag: script5
englische Originalausgabe: The Girl with Glass Feet
ISBN: 978-3-8390-0131-8
Preis: € [D] 19.95
Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagsseite zum Buch
Hallo Sarah, hab gerade gesehen, dass du Leserin auf meinem Blog geworden bist und verfolge dich auch gleich mal ;-) Du schreibst schöne Rezensionen, "Das Mädchen mit den gläsernen Füßen" hat mir auch wirklich gut gefallen! Bin gespannt, was wir noch alles von dir zu lesen bekommen, viel Erfolg mit deinem Blog!
AntwortenLöschenHallo,
Löschendanke schön. Habe mich gefreut, dass ich einen ersten Leser habe. Juhu!