Mehr Action, weniger Kitsch
"Göttlich verloren" ist der zweite Band einer
Trilogie von Josephine Angelini aus dem Bereich Contemporary/Romantic Fantasy.
Nachdem mich der erste Band, "Göttlich verdammt", wenig überzeugen
konnte, habe ich lange überlegt, ob ich den zweiten Band überhaupt lesen
sollte. Letztendlich überwiegte die Neugier und ich wurde überrascht:
"Göttlich verloren" gefällt mir deutlich besser als Band Eins.
Zum Inhalt: Während Helens Mutter Daphne zusammen mit Hector
untergetaucht ist, hat Helen selbst es sich zur Aufgabe gemacht, die Scions von
den Furien und damit von ihrer Blutrache zu befreien. Dazu begibt sie sich
jeden Abend in die Unterwelt, die sie auf der Suche nach den Furien
durchwandert. Dort trifft sie eines Tages auf Orion, einen anderen Scion, der
ihr seine Hilfe anbietet. Tagsüber verbringt Helen immer noch viel Zeit mit der
Familie Delos, auch wenn das bedeutet, dass sie Lucas, ihren vermeintlichen
Cousin, jeden Tag sehen muss, ohne mit ihm zusammen sein zu können. Doch auch
ihre Bekanntschaft zu Orion birgt Gefahren, denn bei der Vereinigung der vier
Häuser der Scions droht immer noch ein gewaltiger Krieg gegen die Götter...
Ich denke, der Hauptgrund, warum mit "Göttlich
verloren" deutlich besser gefallen hat als "Göttlich verdammt",
ist, dass sich der Schwerpunkt der Geschichte verschoben hat und in diesem
zweiten Band nicht mehr die romantischen Aspekte im Vordergrund stehen, sondern
die Fantasy. Die Liebesgeschichte, die ich im ersten Band deutlich zu kitschig
fand, wurde ja bereits dort dadurch beendet, dass Helen und Lucas sich dank
einer Lüge von Helens Mutter Daphne für Cousin und Cousine halten. Natürlich
wartete ich in "Göttlich verloren" darauf, dass irgendein Protagonist
Daphnes Lüge aufdecken würde - immerhin wäre das keine Kunst, sondern einfache
Mathematik - aber solange sich die Vorstellung einer engen Verwandtschaft hält,
entfallen zum Glück auch die unnatürlichen, gestelzten Dialoge zwischen den
beiden, die mich im ersten Teil häufig mit den Augen rollen ließen. Ob sich in
diesem Roman aber dennoch jemand findet, der frührer oder später dazu in der
Lage ist die Nobelpreis-würdige Meisterleistung zu vollbringen, einen
Unterschied zwischen den 19 Jahren, die Ajax, Helens angeblicher Vater und
Lucas' Onkel, tot ist, und den 17 Jahren, die Helen alt ist, festzustellen und
damit dieses etwas ärgerliche, weil nicht besonders überzeugende, Konstrukt der
verbotenen Liebe aufzulösen, muss der zukünftige Leser schon selbst
herausfinden.
Durch den Wegfall der Liebesgeschichte entstand jedenfalls
viel Raum für eine andere, spannendere Handlung. Helens Wanderungen durch die
Unterwelt waren für mich die Stärke dieses zweiten Bandes. Sie sind nicht nur
spannend, düster und teilweise richtig gruselig, sondern - erstaunlicherweise -
auch sehr eindringlich, detailreich und überzeugend beschrieben. Warum ich das
erstaunlich finde? Weil ich "Göttlich verdammt" sprachlich alles
andere als gelungen fand. Insgesamt ist der Schreibstil zwar an einigen Stellen
immer noch nicht ganz das, was ich von einem wirklich guten Roman erwarte, aber
er hat sich merklich verbessert - vielleicht mal wieder ein Indiz dafür, dass
sich viele Autoren nach ihrem Debütromanen noch deutlich weiterentwickeln
können. Ein Schwachpunkt im Stil der "Göttlich"-Reihe bleibt für mich
dagegen nach wie vor der Aufbau. Im ersten Band erschien mir der
Handlungsverlauf häufig schon recht unzusammenhängend - ein Ereignis folgte auf
das nächste, ohne, dass stimmige Übergänge zu erkennen waren - und auch in
"Göttlich verloren" hatte ich des Öfteren diesen irritierenden
Eindruck. Zusammen mit den nicht immer gelungenen Perspektivwechseln störten
mich besonders diese nicht vorhandenen Verbindungsstücke im Lesefluss.
Die Handlung selbst dagegen ist in diesem Band noch einmal
deutlich stärker von der griechischen Mythologie geprägt, die gut erläutert und
nachvollziehbar ist. Besonders die Passagen, in denen sich Helen mit Orion in
der Unterwelt aufhält sind sehr abwechslungsreich gestaltet. Durch Orion kommt
zudem ein interessanter neuer Charakter in die Geschichte, der auch Ansätze
einer neuen Liebesgeschichte und damit natürlich auch einer Dreiecksgeschichte
hervorruft. Orion war neben Helen allerdings auch einer der wenigen Charaktere,
die sich die meiste Zeit über glaubwürdig verhalten. Einige andere,
insbesondere Helens Freunde und Mitglieder der Familie Delos, allen voran
Lucas, verhalten sich oft irrational sprunghaft und machen Helen aus heiterem
Himmel Vorwürfe, in unpassenden Momenten aus nicht nachvollziehbaren Gründen. Das
ist ein weiterer Punkt, der dazu beitrug, dass "Göttlich verloren"
mich trotz eines gelungenen neuen Charakters (Orion) und eines spannenden,
stimmigen Handlungsverlaufs nicht hundertprozentig überzeugen konnte.
Fazit: Weniger Kitsch, mehr Spannung und sprachlich besser.
Im Vergleich zum ersten Band der Trilogie ist "Göttlich verloren"
deutlich besser gelungen. Durch einen etwas holprigen Handlungsverlauf und
manchmal nicht nachzuvollziehende Verhaltensweisen einiger Charaktere, konnte
es mich allerdings nicht vollständig überzeugen. Knappe 4 Sterne.
Die Göttlich-Trilogie (mit Links zu Amazon.de)
- "Göttlich verdammt" (Mai 2011, engl. Originaltitel: "Starcrossed") - meine Rezension
- "Göttlich verloren" (Mai 2012, engl. Originaltitel: "Dreamless")
- "Göttlich verliebt" (März 2013, engl. Originaltitel: "Goddess")
Allgemeine Informationen
Ausgabe: Gebunden
Seiten: 512
Verlag: Dressler
ISBN: 978-3791526263
Preis: € [D] 19.95
Weitere Informationen auf der Verlagshomepage
Leseprobe auf der Homepage zur Trilogie
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