Montag, 15. Oktober 2012

Rezension zu "Die Königliche" von Kristin Cashore


Wirrer, enttäuschender Abschluss

"Die Königliche" ist der Abschluss der "Die sieben Königreiche"-Trilogie von Kristin Cashore. Auch wenn mir der zweite Teil, "Die Flammende", nicht mehr annähernd so gut gefallen hat wie der Auftakt der Reihe, "Die Beschenkte", so habe ich mir von dem dritten Band doch einiges erwartet - und wurde sehr enttäuscht.

Zum Inhalt: Bitterblue ist 18 Jahre alt und herrscht seit dem Tod ihres Vaters in Monsea. Doch Bitterblue hat das Gefühl, dass ihre Berater, die schon König Leck dienten, ihr wichtige Dinge vorenthalten, besonders, wenn es um die Vergangenheit geht. Bitterblue möchte herausfinden, was ihr Vater wirklich getrieben hat und welche der Geschichten über ihn wahr sind. Dazu beginnt sie sich nachts heimlich aus dem Palast zu schleichen, wo sie unter anderem den jungen Beschenkten Saf kennen lernt...

Nachdem "Die Flammende" also die sieben Königreiche verlassen und den Leser in die Vergangenheit und die östlich hinter den Bergen gelegenen Dells entführt hatte, kehrt "Die Königliche" zurück nach Monsea und spielt 8 Jahre nach dem Tod des beschenkten, bösen Königs Leck. Neben seiner Tochter Bitterblue kehren auch viele der anderen Charaktere aus beiden Vorgängerbänden zurück, darunter natürlich Katsa, "Die Beschenkte", ihr Freund Bo und auch Fire, das menschliche Monster aus "Die Flammende". So schließt dieser letzte Band den Kreis und verbindet die beiden ersten Bände, die bisher abgesehen von Leck keine Zusammenhänge zeigten. Die Idee, alle Figuren noch einmal zusammen zu holen und gemeinsam Lecks letzte Geheimnisse zu entschlüsseln, hat mir wirklich gut gefallen.

Am Anfang des Buches konnte mich auch die Umsetzung noch überzeugen und nach den ersten 150 oder 200 Seiten war ich fast sicher, dass "Die Königliche" von den drei Bänden mein liebster werden würde. Besonders Bitterblue hat mir als Charakter gut gefallen. Überfordert mit der Herrschaft über ein tief zerrüttetes Königreich, belogen von ihren Beratern und mit unsicheren Erinnerungen an den eigenen Vater, leidet die junge Königin sehr unter dem Druck, den ihr Titel mit sich bringt. Sie beginnt sich nachts raus zu schleichen und neue Freundschaften zu schließen, sich sogar zum ersten Mal zu verlieben, wobei sie allerdings ihre wahre Identität verheimlicht. Dabei versucht sie auch herauszufinden, welche Ausmaße die Gräueltaten ihres Vaters wirklich hatten und welche Hilfe das Land braucht - Dinge, bei denen sie das Gefühl hat, ihren Beratern nicht trauen zu können.

Doch gerade diese Suche nach der Wahrheit um Lecks Taten ist in meinen Augen vollkommen misslungen. Je weiter die Handlung voran schritt, desto verworrener wurde sie. Es gab keinen roten Faden in Bitterblues Erkenntnissen, dafür aber viele Wiederholungen, unübersichtliche Charakterentwicklungen und schlicht und ergreifend zu viele Baustellen gleichzeitig. Die Autorin lässt ihre Protagonistin umherirren, von einer Geheimschrift zur nächsten, lässt sie jedoch keine davon tatsächlich beenden, lässt sie Informationen in winzigen Häppchen finden, die sich oft ähneln, aber kein stimmiges Gesamtbild ergeben wollen. Dabei fehlt der letztendlichen Aufdeckung von Lecks Taten jeder Wow-Effekt. Sie ist nicht annähernd so spannend oder überraschend, wie ich es nach dem endlos erscheinenden Rätseln erwartet hatte und vor allem auch nicht besonders umfangreich.

Dazu kommen viele Nebenhandlungen; sehr, sehr viele Nebenhandlungen, die für Bitterblue selbst, aber auch für ihre Freunde, kaum relevant sind. Es geht um Konflikte in anderen Teilen der sieben Königreiche, um Einzelschicksale der Figuren aus vorangegangenen Bänden, insbesondere aus "Die Beschenkte", die Bitterblue jedoch nie selbst erlebt, sondern von Besuchern erzählt bekommt. Beim Lesen fragte ich mich ständig, ob diese oder jene weit entfernte, aber oft diskutierte Nebenhandlung irgendwo hinführen wird - aber es stellte sich leider heraus, dass sie fast allesamt im Sand verlaufen, ungelöst bleiben und den Roman einfach nur künstlich aufbauschen und in die Länge ziehen.

Auf die Rückkehr der altbekannten Charaktere hatte ich mich sehr gefreut, aber auch hier wurde ich eher enttäuscht. Katsa und Bo sind älter geworden, benehmen sich aber wie bockige Kleinkinder. Ihre Liebe hat nichts mehr von dem romantischen Gefühl, die sie in "Die Beschenkte" hatte, stattdessen wirkt ihr Zusammensein hauptsächlich albern. Eine gealterte Fire war da schon eher ein Highlight, aber auch sie konnte den Abschluss der Trilogie für mich nicht mehr retten. Und die neuen Charaktere? Vor allem Saf, ein Beschenkter, ein Dieb und ein Hitzkopf, der Bitterblues Herz erobert, war am Anfang viel versprechend, doch auch diese leichte Liebesgeschichte enttäuschte am Ende vollkommen. 

Das Ende war für mich ohnehin die größte Enttäuschung. Nachdem Lecks Geheimnisse über viele lange Umwege, aber ohne einen wirklichen Spannungshöhepunkt entschlüsselt wurden, schien sich das Buch für mich gerade erst seinem eigentlichen Höhepunkt zu nähern, doch dann war es plötzlich zu Ende. Ich habe nach der letzten Seite irritiert weitergeblättert, auf der Suche nach einem weiteren Kapitel, aber abgesehen von einem Personenverzeichnis und etwas unübersichtlichen, da zu überfüllten Karten von der Stadt und dem Palast, fand sich nichts mehr. Das Ende ist nicht offen gehalten, in meinen Augen ist es nicht einmal vorhanden. Der Roman endet gefühlt in einem Mittelteil und das nach mehr als 500 langen Seiten.

Fazit: Ich bin enttäuscht und beende die Trilogie mit Fragezeichen. Das soll ein Ende gewesen sein? Dem Buch fehlt der rote Faden und die Handlung ist unübersichtlich und hätte deutlich gekürzt werden können. Es gibt keine großen Überraschungen, die Spannung fehlt und es gibt zu viele Nebenhandlungen. Den Anfang fand ich gut und Bitterblue ist ein gelungener Charakter, aber nichts davon reicht, um aus diesem Abschluss ein gutes Buch zu machen. Wer zwei Teile einer Trilogie gelesen und gemocht hat, wird sie natürlich beenden wollen, doch ich empfehle zumindest nicht mit zu hohen Erwartungen zu diesem Buch zu greifen. Es hat nicht gehalten, was es versprochen hat. Nicht einmal mehr Mittelmaß, dazu ist der Handlungsverlauf nicht konzentriert genug. 2 Sterne


"Die sieben Königreiche"-Trilogie (mit Links zu Amazon):
  1. "Die Beschenkte" (Sep. 2009, engl. Originaltitel: "Graceling")
  2. "Die Flammende" (Jan. 2011, engl. Originaltitel: "Fire")
  3. "Die Königliche" (Sep. 2012, engl. Originaltitel: "Bitterblue")

Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden
Seiten: 567
Verlag: Carlsen Verlag
ISBN: 978-3551582683
Preis: € [D] 19.90

Weitere Informationen auf der Verlagshomepage

Fazit zum HYPE DES MONATS

 
  "Die Königliche" wurde für den Monat September bei Amelie und Tanja zum "Hype des Monats" gewählt. Wie ich schon in der Rezension oben schrieb, war ich zu Beginn des Romans auch wirklich davon überzeugt, dass dieses Buch zurecht eine solche Erwartungshaltung ausgelöst hatte. 
Allerdings sehe ich das jetzt anders. Der Roman hat keinen roten Faden, der Handlungsverlauf ist unfassbar ungeordnet und ein stimmiges Ende ist eigentlich gar nicht vorhanden. Wenn alles ein wenig entwirrt ist und plötzlich mal wieder etwas spannendes geschieht, ist einfach Schluss. 
Es gibt kaum Romantik, kaum Action...ich bin einfach nur enttäuscht. Ehrlich gesagt liest sich "Die Königliche", als hätte hier jemand gezwungenermaßen einen dritten Teil mit mindestens 500 Seiten abliefern müssen - egal wie, Hauptsache es stehen Buchstaben auf den Seiten. Ob sich alles ständig wiederholt und oder die Seiten mit Nebenhandlungen ohne Relevanz vollgestopft werden, war vielleicht einfach egal.
Für mich eher ein "Flop des Monats", den Hype hat es jedenfalls nicht verdient. Schade um die Reihe.


1 Kommentar:

  1. Ach, wie schade! Ich fand Band 3 zwar auch etwas schwächer, aber nicht annähernd so enttäuschend wie Du. Allerdings hege ich doch noch die Hoffnung, dass all die Verweise auf die anderen Königreiche einen Hinweis auf mögliche weitere Bände darstellen soll :)

    Lieben Gruß

    Rica

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