Donnerstag, 14. Juni 2012

Rezension zu "Schweig still, süßer Mund" von Janet Clark


Naives Mädchen spielt Detektiv

"Schweig still, süßer Mund" von Janet Clark ist ein Thriller für Jugendliche und am Anfang auch noch recht spannend. Doch schnell lief mir beim Lesen die Schwachstelle dieses Werkes über den Weg: Darf ich jetzt schon einmal vorstellen? Naiv, naiver, Jana - die Protagonistin.

Zuerst aber zum Inhalt: Die 18-jährige Ella aus München verschwindet spurlos. Ihre beste Freundin Jana ist außer sich vor Sorge und als die Polizei aufgrund der Volljährigkeit der Vermissten keine Suche einleiten will, nimmt Jana die Dinge selbst in die Hand. Was sie bei ihrer Suche aber über Ella erfährt, überrascht sie selbst sehr. Wie konnte es soweit kommen, dass das Leben ihrer besten Freundin ihr so fremd wurde? Trotzdem gibt Jana bei der Suche nicht auf und bringt sich dabei selbst in Gefahr...

Da ich damit ja schon begonnen hatte, mache ich auch gleich mit der Protagonistin Jana weiter. Sie ist naiv, sprunghaft, (angeblich) 17 Jahre alt und auf dem Weg zum Abitur - so wie sie sich benimmt, bin ich bei beidem eher skeptisch - und war mir überhaupt nicht sympathisch. Wie oft wird sie gewarnt, wie oft reden ihr andere gut zu, aufzupassen und - wenn sie doch schon bedroht wurde - nicht allein bei Fast-Fremden nach Ella zu forschen? Zu oft! Und trotzdem ist es ein wiederkehrendes Motiv in "Schweig still, süßer Mund", dass Jana bei aller Gefahr ihren Verstand abschaltet und sich benimmt wie ein naives Kleinkind, das blindlinks vertraut. Jana ist ein Partyhäschen mit wenigen grauen Zellen und oberflächlich bis zum Geht-nicht-mehr. An einer solchen Protagonistin habe ich einfach keinen Spaß und durch die mangelnde Tiefe dieses Charakters fehlte mir einfach immer etwas bei diesem Thriller.

Sprachlich ist "Schweig still, süßer Mund" nämlich wirklich gut und auch die Spannung funktioniert die meiste Zeit. Ein wenig vorhersehbar ist es und neben Jana sind auch die meisten anderen Charaktere sehr flach, zumal die Beziehungen zueinander oft nur oberflächlich angeschnitten werden und ich das Gefühl hatte, dass kaum eine Idee zu Ende geführt wurde. Vollständig überzeugt haben mich dagegen die Perpektiven des Romans. Der Täter erzählt in kurzen Kapiteln als Ich-Erzähler, die spannungstechnisch sehr intensiv sind, während der Rest von einem personalen Erzähler hauptsächlich aus Janas Sicht berichtet wird, unterbrochen durch kurze Abschnitte aus der Sicht des Entführtungsopfers. Das sorgt für Abwechslung und ein paar falsche Fährten, auch wenn diese sich leider nicht lange halten können.

Auch die Grundidee des Thrillers hat wirklich Potential. Eine verschwundene beste Freundin, die anscheinend ein Doppelleben führte, eine Suche auf eigene Faust, weil die Polizei zumindest am Anfang nicht an ein Verbrechen glaubt...doch der Umsetzung fehlen die Emotionen und eine glaubhafte Protagonistin, die ihrem Alter entsprechend agiert. Auch die Motive zum Schluss wirkten nicht realistisch und die Versuche moderne Medienphänomene wie Facebook oder Castingsshows einzubinden fand ich sehr gewollt und holprig in der Umsetzung.
In einem Jugendbuch darf natürlich auch die Liebesgeschichte nicht fehlen, aber in diesem Buch hätte man besser auf sie verzichtet. Es wirkt nicht authentisch, gerade das Ende ist an den Haaren herbeigezogen. Das alles machte den gut geschriebenen, spannenden Thriller immer platter und mittelmäßiger.

Fazit: Leider nur mittelmäßig, trotz gutem Schreibstil und überzeugender Erzählweise mit wechselnden Perspektiven. Die Protagonistin ist unerträglich naiv und für ihr Alter nicht glaubhaft, was neben der Vorhersehbarkeit und der überflüssigen, kitschigen Liebesgeschichte die größten Schwachstellen des Thrillers sind. Gerade so noch 3 Sterne.


"Schweig still, süßer Mund" von Janet Clark bei Amazon.de

 Allgemeine Informationen

Ausgabe: Broschiert, Jan. 2012
Seiten: 349
Verlag : Loewe
ISBN: 978-3785572740
Preis: € [D] 12.00
 Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage

1 Kommentar:

  1. Schöne Rezension, da sind wir der gleichen Meinung (ich fand es auch nur mittelmäßig).

    LG
    Sabine

    AntwortenLöschen