Donnerstag, 10. Mai 2012

Rezension zu "Sternenschimmer" von Kim Winter


Außerirdisch gute Idee, mit Schwächen umgesetzt

"Sternenschimmer" ist der Auftakt einer Jugendbuch-Trilogie von Kim Winter, die eine außerirdische Liebesgeschichte erzählt und im ScieneFiction-Bereich anzusiedeln ist.

Zum Inhalt: Die 17-jährige Mia lebt in der Zukunft auf der Erde, die sich durch den Klimawandel stark verändert hat. Die Kontinente sind teilweise überschwemmt, der Platz in den Städten ist knapp und Kuppeldächer beschützen die Menschen vor zu hoher Ozon-Strahlung. Auf dem fünf Lichtjahre entfernten Planeten Loduun, der mit der Erde diplomatische Beziehungen unterhält, ist Krieg ausgebrochen. Man beschließt, die Kinder der Loduuner aus der Gefahrenzone zu bringen und vorübergehend auf der Erde zu beheimaten. Mia meldet sich freiwillig, als Ehrenamtliche nach der Schule einige der Kinder zu betreuen, und lernt dabei Iason kennen, einen 18-jährigen Wächter von Loduun, der sie sofort fasziniert. Trotz vieler Differenzen entsteht zwischen beiden eine schicksalhafte Verbundenheit, die sie jedoch gegen die äußeren Umstände verteidigen müssen...

Die äußere Gestaltung des Buches, mit dem wunderschönen Cover auf einem hochwertigen Schutzumschlag über der eigentlich reinweißen Bindung und den skizzenhaften Blumen und Sternen an jedem Kapitelanfang, ist sehr gelungen. Auch der Schreibstil ist für ein Jugendbuch angemessen und überzeugend und hat durch die frische, manchmal ein wenig sarkastische Ich-Erzählerin Mia auch einige Schmunzler zu bieten.
Ansonsten wird in "Sternenschimmer" nicht lange gefackelt. Ohne eine längere Vorgeschichte ist man als Leser unmittelbar im Geschehen, wird durch eine Radiosendung über die eintreffenden Kinder von Loduun informiert und begleitet die Schülerin und Ich-Erzählerin Mia auf ihrem Weg als ehrenamtlichen Helferin. Auch der Spannungsverlauf blieb eigentlich während der gesamten Handlung recht hoch, sodass es nie langatmig wurde.

Die Grundidee, die sich hinter dieser Romanreihe verbirgt, empfinde ich als überaus durchdacht und sehr interessant. Der Kontakt zu einer außerirdischen Spezies, die den Menschen auf den ersten Blick sehr ähnlich sieht, sich durch ihre Lebensumstände und Einstellungen aber doch grundlegend von ihnen unterscheidet und zudem Fähigkeiten besitzt, die man wohl nur übernatürlich nennen kann. Auch die Lebensumstände der Loduuner scheinen sehr gut überlegt und konsequent und logisch umgesetzt zu sein. Die Loduuner leben in anderen Gemeinschaften, als auf der Erde, bevorzugen die Kälte und haben die Frage nach ihrem "Sinn", die die Menschheit seit Anbeginn ihrer Zeit mit Religiösität und Spiritualität zu beantworten versucht, für sich längst geklärt.

Durch die Grundidee der veränderten Erde in der Zukunft und der Ankunft der Außerirdischen selbst, finden außerdem einige wichtige Themen automatisch Einzug in die Geschichte, nämlich Rassenhass und Integration auf der einen und der Klimawandel, dessen Bekämpfung zur heutigen Zeit aus Sicht dieser Zukunftvision als unzureichend und gescheitert bezeichnet werden muss, auf der anderen Seite. Diese Themen werden jugendgerecht und nicht allzu moralisierend angesprochen und von den Protagonisten diskutiert, was mir gut gefallen hat, da es der Geschichte auch ein wenig aktuelle Relevanz gab. 

Leider, und damit komme ich zu einem der Dinge, die mir weniger gefielen, wurde des weiteren versucht, auch andere kontroverse Themen in die Geschichte einzubauen, was ich als überflüssig bis störend empfand. Der Grundsatz "weniger ist mehr" hätte hier ruhig beherzigt werden können. Stattdessen werden Themengebiete wie Tierversuche, Vegetarismus oder Feminismus bröckchenweise in die Handlung eingeworfen und beinahe beiläufig diskutiert, nur um anschließend doch in ihrer Irrelavanz für die eigentliche Entwicklung der Geschichte unterzugehen. 
Die Tierversuche und der Vegetarismus waren für mich einfach nur überflüssig und bestenfalls Stolpersteine im Lesefluss, während mich der Feminismus in Form der kompromisslos Männer-hassenden Greta, die mit ihrer Wut schon fast als cholerisch zu bezeichnen ist und mit ihrer Art einfach nur eintönig langweilig war, sehr störte und persönlich auch abstieß.

Die Liebesgeschichte zwischen Mia und Iason ist dagegen sehr gelungen, schön romantisch, manchmal leicht, aber auf eine erträgliche Weise, kitschig und vor allem nicht allzu übertrieben kindlich, wie es sonst manchmal in Jugendbüchern vorkommt und mich an dem Alter der Protagonisten zweifeln lässt. Vor allem Iason fand ich als Charakter auch sehr überzeugend, da er zwischen Mia und seinen Verpflichtungen gegenüber seiner Heimat hin- und hergerissen ist und Mia es ihm auch nicht immer leicht macht. Iason ist gleichzeitig charmant und abwechslungsreich, manchmal witzig und manchmal stur. Eine sehr schöne männliche Hauptfigur, die für mich andere, weniger gelungene Charaktere wie zum Beispiel besagte Greta ausgleichen konnte.
Auch andere Nebencharaktere fand ich sehr gelungen, darunter zum Beispiel Bert, den Betreuer der Kinder von Loduun, die Loduuner Kinder selbst oder Mias Mitschüler Frank, der sich ebenfalls ehrenamtlich in der Kinderbetreuung engagiert und durch seinen überlegten Umgang mit jeder Situation so manche Schwachstelle der Ich-Erzählerin ausgleichen konnte.

Ich wünschte nämlich, ich könnte von der Ich-Erzählerin Mia ähnlich positives berichten, wie von vielen anderen Charakteren - das kann ich aber nicht. Sie ist für mich die zweite Schwachstelle des Romans. Mit ihrem selbstlosen Weltverbesserertum, das sie anderen aufzudrängen versucht, und sich dabei sehr selbstverliebt und allwissend präsentiert, war sie mir schon nach einigen Seiten sehr unsympathisch und daran änderte sich nicht viel. Sie reagiert oft unerträglich impulsiv und unüberlegt. Außerdem möchte sie angeblich selbstständig sein und ist doch dermaßen abhängig von der Rund-um-die-Uhr-Betreuung durch ihren Beschützer und Händchenhalter Iason, dass ich Selbstständigkeit beim besten Willen nicht entdecken konnte. Eher reiht sie sich leider ein in die Schlange hilfloser Jugendroman-Teeniemädchen, die höchstens durch unvorstellbare und kaum altersgerechte Naivität beeindrucken können. Selten konnte ich über ihr naives Gehabe schmunzeln, die meiste Zeit fand ich es anstregend.
Sollte sie doch mal in der Gefahr sein, bewusst entscheiden und dazu ihre grauen Zellen benutzen zu müssen, löst sich dieses Problem ganz einfach: Sie ist wie "paralysiert", nimmt nichts mehr um sich herum wahr und latscht in ihr Verderben - und zwar immer. Auch wenn jemand der "armen" Mia etwas böses sagt, verfällt sie automatisch in diese Schockstarre, um sich genüßlich zu bemitleiden - oder spuckt jemandem vor die Füße, was für mich das Unding überhaupt ist.

Überhaupt täte vielen Charakteren in "Sternenschimmer" ein bisschen weniger Impulsivität und Naivität und dafür ein wenig mehr Rationalität ganz gut. Leider führte Mias Verhalten und auch ihre Auffassung von Recht und Unrecht sowie auch das ihrer Freunde, dazu, dass für mich ihre angebliche Erzfeindin Mirjam als Feindbild zu keinem Moment wirklich funktionierte. Ganz im Gegenteil hatte ich sogar Verständnis für dieses vermeintlich so schlimme Mädchen und, wenn ich als Leser mit dem "Feind" mehr sympathisiere als mit der "netten" Protagonistin, dann läuft für mich einfach irgendwas falsch.

Fazit: Insgesamt ist es die schöne Grundidee und deren gute und spannende Umsetzung in der Handlung zusammen mit einigen schönen Charakteren wie dem Loduuner Iason, die mich über kleine Dinge, die mir weniger gefielen, hinwegsehen ließen, darunter die holprige Einbindung einiger überflüssiger Themen sowie der etwas unausgegorene Charakter der Ich-Erzählerin Mia, die sich leider oft ausgesprochen dumm verhält. Trotzdem ist die Geschichte an sich sehr schön, auch die Liebesgeschichte, sodass ich, nachdem ich erst zwischen 3 und 4 Sternen geschwankt bin, zu dem Schluss gekommen bin, dass Idee und Umsetzung wenn auch steigerungsfähig doch mehr als mittelmäßig sind. Daher 4 von 5 Sterne und die Hoffung, dass Mia als Charakter in den weiteren Teilen etwas an Verstand dazugewinnt.


Die Trilogie (mit Links zu Amazon.de)
  1. "Sternenschimmer" (Juli 2011)
  2. "Sternensturm" (Mai 2012)
  3. noch nicht bekannt
Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden, 1. Auflage
Seiten: 576
Verlag : Planet Girl
ISBN: 978-3522502788
Preis: € [D] 16.95

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage

Anmerkung: Diese Rezension wurde am 14. 05. überarbeitet, da einige Leser meine Wertung im Zusammenhang mit meinen negativen Kritikpunkten nicht nachvollziehen konnten (was man an den Kommentaren sehen kann). Weder an der Wertung noch an den Kritikpunkten selbst hat sich etwas geändert, ich habe lediglich eine Dinge umformuliert und versucht das Gleichgewicht zwischen positiver und negativer Kritik etwas zu verändern, da ich für die Dinge, die mir weniger gefielen, deutlich ausführlichere und schärfere Begründungen verwendete, als euphorische für die positiven. Zwar ist das noch immer so, aber ich hoffe, ich konnte meine Wertung etwas besser begründen - die ich übrigens sehr wohl nachvollziehen kann, denn insgesamt - und darauf kommt es ja letztendlich an - hat mir das Buch gefallen, auch wenn ich die Ich-Erzählerin nicht gelungen finde.

8 Kommentare:

  1. Hey,

    wow :) deine Rezi klingt ja sehr vernichtend ^^ Aber da hat sie ja doch Ecken und Kanten ^^ die, die sie selbst nicht sieht, etwas das ich bei vielen Menschen wirklich so erleben konnte.

    Ich finde auch das es sicher ein sehr interessantes Buch durch die "Grundidee" sein könnte, ich werde mir beizeiten das Ganze mal ansehen.

    Vielen Dank :)

    LG
    Tau

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    1. Hi,
      naja, so vernichtend ist die Rezi doch gar nicht. Vier Sterne heißt soviel, wie: Es hat mir gefallen.
      Was vernichtend ist, ist mein Urteil über den Charakter Mia. Ich würde es auch nicht Ecken und Kanten nennen, dass sie selbst nicht sieht, wie sie ist. Das wird zwar sogar thematisiert, aber der Charakter gewinnt dadurch nichts (nein, Überraschung, es paralysiert sie - wie so ziemlich alles). Sie ist insgesamt einfach aalglatt und zu naiv, das fand ich persönlich einfach langweilig.

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  2. Ich wolle dieses Buch schon immer lesen . . .

    Ich liebe Liebesgesichten;P
    Und der Büchertrailer war auch sehr überzeugend!

    Deine Rezi find ich gut:)

    lg mirror

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  3. Donnerwetter! Was für eine Rezi! Und trotz deiner vernichtenden Worte gibst du 4 Sterne? Naja Geschmâcker sind verschieden...mir hat das Buch sehr gefallen und ich fand die Themen wie Umgang mit Tieren und Vegetarismus alles andere als deplatziert...
    LG

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    1. Ich gebe Katrin in jedem Punkt recht. Mich wundert es ehrlich gesagt auch ein bisschen, dass du bei der vernichtenden Kritik vier Punkte vergibst. Deine Rezi hat irgendwie eine andere Aussage. Versteh mich nicht falsch, es ist nicht so, dass ich weil ich das Buch absolute Spitze fand, andere Meinungen nicht akzeptieren kann, allerdings finde ich deine Rezi und deine Punktevergabe sehr widersprüchlich.
      Und die Themen, die du ansprichst fand ich, wie Katrin auch, sehr schön gewählt, da ich vorallem die Begründung der Loduuner, warum sie kein Fleisch essen toll und nachvollziehbar fand.
      Schade, dass dich das Buch wohl nicht überzeugen konnte.

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    2. Das tut mir leid, wenn ihr das so versteht, aber ich kritisiere das Buch eigentlich nur in zwei Punkten: Die Ich-Erzählerin und Themen, die meiner Meinung nach einfach zu bröckchenhaft und damit überflüssig in die Geschichte eingebracht werden.
      Auch wenn ich dafür viele Worte finde, sind es dennoch NUR ZWEI KRITIKPUNKTE. Alles andere gefällt mir. Die Geschichte, die Handlung...daher gebe ich 4 Sterne. Weil ich das Gesamtpaket bewerte. Und das habe ich gerne gelesen, trotz naiver Mia und trotz meinem Gefühl, das themenmäßig zuviel gewollt wurde. Ich hätte diese Themen übrigens vielleicht auch gut gewählt gefunden...nur die Art, wie sie in die Handlung eingebunden wurden, war mir halt zu stückchenhaft.

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    3. Also, ich muss sagen, ich nehme mir eure Meinungen, dass meine Rezension so vernichtend wäre, gerade schon zu Herzen. Ich sehe das Problem darin, dass ich gerade die negativen Kritikpunkte (gerade einmal zwei an der Zahl) sehr ausführlich und etwas scharf begründe. Ich werde darüber nachdenken, morgen ein paar Änderungen in den Formulierungen und in der Gewichtung zwischen positiv und negativ vorzunehmen bzw. meine Wertung im Zusammenhang mit der Kritik näher zu begründen.
      Kritikpunkte und Wertung bleiben allerdings dieselben, nur werde ich versuchen deutlicher zu machen, warum ich 4 und nicht nur 3 Sterne vergeben habe.
      Jetzt aber erstmal gute Nacht

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  4. Ich kann dir nur zustimmen! Ich lese es gerade und ich kann dir sagen: meine Rezi wird vernichten:D Ich kann es nicht verhindern. Ich habe selten ein so schlechtes Buch gelesen. Dabei hatte ich mich so auf das Buch gefreut! Aber Mia ist unerträglich. Von der Handlung passieren ständig völlig unnötige Sachen und es ist alles unheimlich dramatisch und unglaublich, ich kann es nicht anders sagen, blumig geschrieben. Ich mag den Schreibstil auch nicht. Wie gesagt sehr dramatisch und blumig und es gibt unendlich viele Ungereimtheiten im Buch. Erst redet sie von gestern und sagt dann zwei Sätze später, dass sie deswegen 2 Nächte nicht richtig schlafen konnte, und dann redet sie wieder von gestern. Und das passiert nicht nur einmal sonder ständig! Ich bin so froh, wenn ich mich endlich durch das Buch gequält habe!

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