Mittwoch, 8. Februar 2012

Rezension zu "Rebellen der Ewigkeit" von Gerd Ruebenstrunk


Wenn der Prolog zuviel verrät...

"Rebellen der Ewigkeit" von Gerd Ruebenstrunk hat mich durch die Idee des Handels mit der Lebenszeit der Menschen eigentlich sofort interessiert und ich hatte nach dem Lesen des Klappentextes, der einen Konflikt zwischen einem internationalen Konzern und einer Untergrundorganisation verspricht, mit einem actionreichen Dystopieroman gerechnet. Nachdem ich mich aber jetzt durch die etwas über 400 Seiten gelesen (oder man könnte auch sagen "gequält") habe, muss ich feststellen, dass ich von der Geschichte mit wenigen Ausnahmen ziemlich enttäuscht bin...

Aber erstmal kurz zum Inhalt: Das Unternehmen "Tempus fugit" besitzt eine Technologie, die es ihr ermöglicht Lebenszeit von einem Menschen zu kaufen und an einen anderen zu verkaufen. Dieses Angebot möchte die junge Valerie nutzten, um mit dem Geld, das sie für zehn ihrer Jahre bekommen soll, ihrer kranken Mutter zu helfen. Doch gerade, als sie das Unternehmen nach Vertragsabschluss verlässt, wird sie vom Auto der Privatdetektivin Karelia angefahren, die gerade einen Millionenauftrag an Land gezogen hat. Sie soll für "Tempus fugit" herausfinden, wer für geplante Anschläge auf das Unternehmen verantwortlich sein könnte. Sie bietet Valerie einen Job bei den Ermittlungen an und nimmt auch den Waisen Willis, der als Fahrradkurier arbeitet und wiederrum Karelia hinten ins Auto gefahren ist, in ihr Team. Schnell taucht bei den Ermittlungen die Organisation "Rebellen der Ewigkeit" auf, doch auch viele unerklärliche Ereignisse auf der ganzen Welt scheinen mit "Tempus fugit" im Zusammenhang zu stehen und Willis ist enger mit dem Unternehmen verbunden, als er bisher wusste...

Obwohl der Plot an sich auf den ersten Blick ganz interessant klingt, konnte mich die Geschichte einfach nicht fesseln. Das lag meiner Meinung nach zum einen am Prolog. Dieser war beim ersten Lesen wirklich sehr spannend und mit ein Grund dafür, dass ich mich für dieses Buch entschieden habe. Er spielt 18 Jahre vor der eigentlichen Handlung und erzählt den Ursprung der Technologie, die von "Tempus fugit" genutzt wird. Im Nachhinein betrachtet verrät dieses eine kleine Kapitel aber schon viel zu viel, sodass bei der Detektivarbeit, die eigentlich den Kern der Haupthandlung ausmacht, kaum noch Spannung aufkommen kann, denn man weiß als Leser einfach schon alles.

Zum anderen haben mir auch die Protagonisten wenig gefallen. Wer nur den Klappentext liest, könnte den Eindruck gewinnen, Willis sei so etwas wie der Hauptaktuer dieses Romans, aber das ist nicht der Fall. Er ist einer von drei Hauptprotagonisten, die in etwa gleichberechtig sind und auf mich allesamt etwas eindimensional wirkten. Schon ihr Zusammenspiel ist bis an die Grenzen des Erträglichen konstruiert: Karelia, eine angeblich erfolgreiche und erfahrene Ermittlerin, bekommt Millionen für einen Auftrag und wird eindringlich auf ihre Verpflichtung zur Verschwiegenheit hingewiesen... und was tut sie? Engagiert zwei völlig unqualifizierte Jugendliche, die sie Minuten vorher im wahrsten Sinne des Wortes auf der Straße aufgegabelt hat. Das ist doch einfach kein bisschen glaubhaft!

So platt geht es dann auch in der Ermittlungsarbeit weiter: Es gibt keine Konflikte, keine Stolpersteine und keine falschen Fährten. Sobald eine Sackgasse erreicht zu sein scheint, springt irgendwer mit einem "Taaadaaa"-Überraschungseffekt aus seiner Ecke und präsentiert die schnelle Lösung. Irgendwie ist immer alles ganz einfach, irgendwer wird schon ungeahnte Fähigkeiten haben oder im passenden Moment auftauchen. "Zufälle gibt's, die gibt's gar nicht" ging mir mehr als nur ein, zwei Mal durch den Kopf. Es ist einfach alles viel zu leicht und selbst an den Stellen, wo Konfliktpotential besteht und Zweifel oder Misstrauen aufgebaut werden könnten, um die Geschichte ein bisschen spannender zu machen, kommt es nicht dazu, denn dort kennt man die Lösung durch den Prolog schon.

In dieser spannungsfreien, recht platten Handlung wirkten auch die Charaktere ziemlich platt. Sie sind einfach alle irgendwie nett und freundlich (durchaus sympathisch), aber auch langweilig. Man vertraut sich innerhalb von Minuten, zweifelt nicht und zeigt keine größeren Emotionen - vielleicht mal einen kleinen Wutausbruch, das wars. Die Charaktere entwickeln sich nicht und bleiben ebenso farblos wie die Handlung, was beides zusammen in einem nichts sagenden, langweiligen Finale gipfelt. Abgesehen von der Detektivarbeit schöpft der Roman das Potential seiner Idee auch schlicht und ergreifend gar nicht aus. Das Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich, das dadurch verstärkt wird, dass Reiche nun länger leben könnten, während Arme ihre Lebenszeit verkaufen müssen, wird kaum thematisiert.

Jetzt möchte ich aber auch noch zu ein paar positiven Aspekten kommen. Gut gefallen hat mir die Sprache, die flüssig zu lesen ist. Außerdem sind die Einschübe, die an Einzelfällen rätselhafte Veränderungen in der Realität beschreiben, wirklich gelungen. Sie beginnen immer mit "Zur selben Zeit, irgendwo in..." und erzählen dann, wie eine Person versucht sich in einer Wirklichkeit zurechtzufinden, die nicht mehr mit seinen Erinnerungen übereinstimmt. Die Bäckerei, bei der eine Frau täglich ihre Brötchen holt, ist auf einmal an einer anderen Stelle, Kontonummern stimmen nicht mehr, eine Lieferung, an die ein Mann sich sicher erinnern kann, scheint es nie gegeben zu haben...Diese kurzen Geschichten in der Geschichte fand ich sehr faszinierend, da sie gut geschrieben, spannend und erschreckend die Probleme der "Tempus fugit"-Technologie aufzeigen. Auch die Idee hinter der Technologie, die später aufgelöst wird, ist ganz interessant.

Natürlich ist auch die Gestaltung des Buches ein kleiner Blickfang. Der Seitenschnitt ist in einem leuchtenden Orange gefärbt, sodass es wirklich heraussticht.

Fazit: Leider konnten weder die gute Sprache noch die interessante Grundidee oder die spannenden, verwirrenden Einschübe die Geschichte für mich lesenswert machen. Mir waren die Charaktere wie auch die Handlung zu platt und dank Prolog zu vorhersehbar. Es gab keine Überraschungen, keine großen Emotionen und kein überzeugendes Ende. Es ist wirklich schade, denn nachdem ich Klappentext und Prolog gelesen hatte, war ich richtig interessiert an diesem Roman. Jetzt bin ich enttäuscht und gebe nur 2 von 5 Sternen.

2 Kommentare:

  1. Hi Sarah,
    hmmm, die Meinungen zu diesem Buch sind sooo unterschiedlich. Ich hab es auch noch auf meinem SuB und bin schon ganz gespannt. Freu mich drauf, obwohl ich auch schon einige kritische Stimmen gehört hab :-)
    LG,
    Damaris

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  2. Jup, genauso ging's mir auch. Ich war auch die erste schlechte Bewertung *hust* Allen anderen scheint es ja zu gefallen :)

    Bin froh, dass ich nicht alleine bin ;)

    Liebe Grüße

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