0-8-15-Chick-Lit
"Dicke Hose" von Mia Morgowski hat mich, die ich
eigentlich schon seit geraumer Zeit einen größeren Bogen um alles mache, das
nach Chick-Lit aussieht oder klingt, mit seinem süßen Cover bestochen. Auch die
Idee eines ausnahmsweise mal männlichen Protagonisten hat mir gut gefallen und
Hoffnung gemacht. Leider habe ich mich getäuscht...

Normalerweise zeichnet einen Chick-Lit-Roman in der Regel
eine etwas zickige, naive Anfang- bis Mittdreißigerin als Hauptprotagonistin
aus, die sich unprofessionell und dämlich verhält und lügt, wo auch immer sie
nur kann, wodurch sie von einem Fettnäpfchen ins nächste stolpert, aber
irgendwie doch den tollsten Job und den perfektesten Typen abbekommt. Die
klischeehafte Art solcher Romane lässt mich vor ihnen zurückschrecken, denn
über dumme, unsouveräne Protagonistinnen, die sich unglaubwürdig, aber
vorhersehbar bis zum Geht-nicht-mehr verhalten, kann ich einfach nicht lachen.
Irgendwie habe ich geglaubt, bei einem männlichen Macho könnte das anders sein
und es könnte sich vielleicht sogar ein halbwegs glaubwürdiger Charakter
entwickeln. Was auch immer mich zu dieser Hoffnung veranlasst hat, es war
falsch. Die nervigen Eigenschaften der weiblichen Protagonistinnen können
eins-zu-eins auf Alex übertragen werden.
Alexander Held, angeblich Makler in einem erfolgreichen
Hamburger Immobilienbüro, ist in meinen Augen ein schrecklich undurchdachter,
unstimmiger und ohnehin bis zum Ende unsympathischer Charakter. Das einzig Gute
- neben dem süßen Cover und dem witzigen Daumenkino unten auf den Seiten - am
ganzen Buch sind die teilweise sehr bissigen Kommentare des Ich-Erzählers, die
er in seiner leicht prolligen Art über so ziemlich alles macht, besonders über
Frauen, im Speziellen Diven. Leider wurde es aber nicht nur bei diesem
sprachlichen Witz belassen, sondern der Roman wurde zusätzlich mit
Chick-Lit-üblicher Situationskomik auf niedrigem Fettnäpfchen-Niveau
vollgestopft - und das ruinierte von Anfang an den Aufbau eines stimmigen
Charakters. Alex ist Hamburger Luxus-Immobilienmakler, Anfang 30, und kennt
angeblich nicht eine einzige Modemarke. Kein Gucci, kein Prada, kein Versace.
Die Preise dazu kennt er ohnehin nicht und aussprechen kann er auch nichts.
Seine sprachlichen Fähigkeiten sowie sein Talent im Umgang mit Kunden tendieren
ohnehin des Öfteren gen null, abgesehen von seinem höchst aussagekräftigen
Lieblingslaut "Äh".
Während sich Alex durch die Gegend "äht", groteske
(und völlig unnötige) Lügengeschichten spinnt und von einem schlechten
Schenkelklopfer-Witzchen zum nächsten eiert, verhält er sich unglaubwürdig naiv
und quälte mich als Leser mit seiner unglaublichen Dummheit. Nervlich war ich
schon nach einem Bruchteil des Romanumfangs fast am Ende. Zudem sind die
Fettnäpfchen-Situationen, in die Alex unglaubwürdigerweise stolpert,
vorhersehbar und wirken, als seien sie nach einer Check-Liste für
Chick-Lit-Witzchen abgearbeitet. Was mich besonders störte, war außerdem, dass
teilweise sogar die Logik der gesamten Geschichte für einen einzigen müden
Lacher über den Haufen geworfen wurde - nicht nur die Glaubwürdigkeit des
Hauptprotagonisten, die ohnehin schon nach wenigen Seiten nicht mehr zu retten
war. So ist die gesamte Handlung einfach nur bis zur Unerträglichkeit
konstruiert und ich konnte nicht darüber lachen. Erst recht nicht über eine
völlig unnötige Nebenhandlung mit einer jedes von Alex' Klischees über Frauen
bestätigenden heiratswütigen Figur namens Tanja, die überhaupt keinen Raum in
der Geschichte hatte und diese nur unnötig immer wieder unterbrach. Hier musste
wohl zwanghaft eine Dreiecksbeziehung hereingewurstet werden.
Leider hat die Handlung dabei auch noch deutliche Längen und
viele Witzchen wiederholen sich. Der wirklich recht gute, wenn auch
Genre-angepasst einfache, Schreibsteil sorgt wenigstens dafür, dass sich das
Buch recht schnell lesen und flüssig lesen lässt, auch wenn man dabei
möglicherweise nervlich ein wenig leidet. Die Liebesgeschichte ist wieder ganz
nett gemacht, konnte das Buch für mich dann allerdings auch nicht mehr retten,
zumal das Ende für meinen Geschmack noch einmal alles, was der Roman zuvor an
Konstruktion einer unsinnigen Handlung aufgefahren hatte, überbot.
Fazit: Trotz männlichem Ich-Erzähler ein Parade-Beispiel für
sehr flache Chick-Lit. Eine unglaubwürdige Hauptfigur, deren Verhalten nicht im
Mindesten zu ihrer Hintergrundgeschichte passen will, hangelt sich von einer
Lüge und von einem Fettnäpfchen zum anderen. Abgesehen von ein paar bissigen
Sprüchen, ist das Witz-Niveau niedrig und bietet nichts Neues. Der Roman hat
Längen und die Handlung ist unerträglich konstruiert. Für wahre Chick-Lit-Fans,
die nicht nach Glaubwürdigkeit suchen, vielleicht eine unterhaltsame Lektüre,
für mich aber leider eine Nerven kostende Qual. Ich kann es nicht empfehlen und
gebe - auch nur knappe - 2 Sterne.
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Allgemeine Informationen
Ausgabe: Taschenbuch
Erschienen: 1. Dezember 2012
Erschienen: 1. Dezember 2012
Seiten: 352
Verlag: rororo
ISBN: 978-3499259234
Preis: € [D] 9.99
Und ich dachte schon das sei ein großartiges Buch das man gelesen haben muss. Ich glaube du bist die erste Bloggerin die das schlecht bewertet, sonst habe ich nur 4-5 Sterne Bewertungen gesehen. Gut einmal eine andere Meinung zu lesen. Danke =)
AntwortenLöschenLG Silke