Dienstag, 19. Juni 2012

Rezension zu "Stadt aus Trug und Schatten" von Mechthild Gläser


 konfuse Traumwelt

"Stadt aus Trug und Schatten" ist das Debüt der Autorin Mechthild Gläser und gleichzeitig der Auftakt einer Trilogie. Nachdem mich das wunderschöne schlichte Cover aus Weiß und Pink sehr angesprochen hat, bin ich vom Inhalt allerdings ein wenig enttäuscht...

Inhalt: Flora ist eine 17jährige Schülerin und eigentlich ein ganz normales Mädchen. Doch plötzlich beginnt sie Schatten zu sehen, die für andere Unsichtbar sind - und warum lässt ihr Vater plötzlich den finnischen Austauschschüler Marian bei ihnen wohnen, ohne Flora darüber zu informieren? Als sie einschläft, beginnt sich das Rätsel zu lösen. Floras Seele, die wie die Seelen aller Menschen im Schlaf nach Eisenheim reist, wurde von einer Schlafenden, die sich in der realen Welt nicht mehr an Eisenheim erinnern kann, zu einer Wandernden. Von diesem Tag an schreitet Flora bei vollem Bewusstsein durch die schattenhafte Stadt, doch an ihrer Zeit als Schlafende hat sie keine Erinnerungen. Dabei sind diese wichtig, denn Floras Seele hat einen mächtigen Stein gestohlen, den "Weißen Löwen", den die Herrschenden zurück haben wollen. Marian soll sie beschützen, doch kann sie ihm trauen, auch wenn er anscheinend in sie verliebt ist - oder besser gesagt in ihre schlafende Seele?

Die Grundidee von "Stadt aus Trug und Schatten" fand ich eigentlich sehr interessant. Alle Menschen reisen nachts in eine farblose Welt, wo die Schlafenden arbeiten, ohne sich am nächsten Morgen daran zu erinnern, um den Wandernden ein angenehmes Zweitleben zu ermöglichen. Die Ich-Erzählerin Flora wechselt die Seiten und ist in großer Gefahr, denn alle haben es auf den Weißen Löwen abgesehen, den sie gestohlen und versteckt hat. Bis ihre Erinnerungen zurückkehren muss sie auf der Hut sein, doch Marians Gefühle für ihre Seele verwirren sie. Und bei der Liebesgeschichte fängt auch schon das erste Problemchen an, dass ich mit diesem Buch hatte...

Es ist eine unübersichtliche On/Off-Liebe, so sprunghaft, dass ich die Stimmungen der beiden beteiligten Charaktere überhaupt nicht nachvollziehen kann. Marian war in Floras Seele verliebt, die - warum auch immer - als Schlafende ganz anders war als Floras Seele als Wandernde. Mutig, draufgängerisch und chaotisch, wohingegen die "echte" Flora kontrolliert, steif und echt langweilig ist. Und zickig - zickig sollte ich wirklich nicht vergessen. Die Ich-Erzählerin ist ein launenhaftes, ständig eingeschnapptes kleines Mädchen - warum sie gleich zwei Verehrer hat, erschließt sich mir nicht. Sie entwickelt sich zwar im Laufe der Geschichte weiter, aber Marians Gefühle für sie ergeben dennoch wenig Sinn. Erst liebt er sie, dann nicht mehr, dann wieder doch...bei diesem Hin- und Her kam leider keine Liebesgeschichte raus, die mich für sich erwärmen konnte.

Auch die meisten anderen Charaktere dieses Romans sind eher schwarz-weiß gehalten - besonders Floras Vater ist eine Enttäuschung auf ganzer Linie. Marian hat ein paar überraschende Geheimnisse, allerdings wurde ich das Gefühl nicht los, dass die gesamte Geschichte von "Stadt aus Trug und Schatten" zu konfus erzählt wurde und dadurch oft schwammig wirkt. Es gibt viele Ungereimtheiten und Widersprüche - gibt es Magie oder nicht? - und auch die Beschreibungen der Stadt Eisenheim konnten mich nicht ganz begeistern - obwohl sie schon zu den Lichtblicken des Romans zählten. Letztlich endeten die Schwammigkeiten auch noch in einem für mich sehr unbefriedigenden Ende, bei dem mir einfach zu sehr der Sinn fehlte. Über den sollte man in diesem Roman vielleicht nicht allzu viel nachdenken, sonst bohren sich die Widersprüche ins Hirn und, da sie nicht aufgeklärt werden, bleiben sie dort.

Der Schreibstil ist durchschnittlich, lässt sich aber ganz flüssig lesen. Lobend erwähnen muss ich natürlich, dass dieser deutsche Roman mal nicht in den häufig als Handlungorte verwendeten Städten Berlin, Hamburg oder München spielt, sondern mitten im Ruhrgebiet und zwar gleich um die Ecke, in Essen. Das hilft allerdings auch nicht viel bei meiner Sorge, dass die Handlung nicht das Potential für eine Trilogie hat und auch ein bisschen vorhersehbar ist. Bisher war es noch gelegentlich spannend und konnte mich wenigstens manchmal überzeugen, aber was die Folgeteile angeht, bleibe ich skeptisch. Ein wenig mehr Informationen und ein etwas weniger schwammiger, zusammengewürfelter Schluss, hätten bestimmt ein gutes offenes Ende eines Einzelbands ergeben - aber das was jetzt übrig geblieben ist, macht mir für die Fortsetzung nicht viel Hoffnung.

Fazit: Mittelmäßig, durch und durch. Da es mal wieder eine Reihe ist, bei der ich persönlich trotz des wirklich guten Plots kaum Potential sehe, kann ich es nicht unbedingt empfehlen. Als Einzelband ist es unbefriedigend. Ich denke, ich werde noch weiterlesen und mit all meinem Optimismus auf eine stimmigere Entwicklung hoffen, aber ich bin alles andere als überzeugt. 3 Sterne - eher mit Tendenz nach unten als nach oben.


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 Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden, Jan. 2012
 Seiten: 412
Verlag : Loewe
ISBN: 978-3785574027
Preis: € [D] 17.95

 Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage




3 Kommentare:

  1. Hm, das klingt ja jetzt nicht sooo gut. Ich hab den Roman schon seit einer Weile eher "halbherzig" auf meiner Wunschliste und weiß einfach nicht so recht, ob ich ihn wirklich haben will oder nicht.

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  2. Deine Rezi ist wirklich toll geschrieben. Kann deine Kritikpunkte gut nachvollziehen. Bin selbst noch unentschlossen, ob ich das Buch lesen werde.

    LG
    Lilly

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  3. Ich möchte das Buch eigentlich schon lesen, bin jetzt zwar etwas skeptisch, werde mir aber dennoch eine eigene Meinung bilden :D
    Schöne Rezension!

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